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Das Ergebnis von 75 Jahren träumen

Porsche feiert dieses Jahr ein dreiviertel Jahrhundert des Bestehens und stellt das ganz unter das Motto „Driven by dreams“; abgeleitet vom Grundgedanken von Ferdinand Porsche, dass er den Sportwagen seiner Träume einst nicht finden konnte und ihn somit selbst gebaut hat. Ob er sich hätte ausmalen können, dass wilde Ingenieurs-Träume einst in ein so brutales Straßenfahrzeug wie den Porsche 911 GT3 RS münden würden? Nach ein paar Runden über und um den Salzburgring fällt es uns schwer das zu glauben; bei aller Hochachtung.

Wenn eine der wertvollsten Luxusmarken der Welt sich selbst feiert, wird geklotzt statt gekleckert. Und so wusste man die zahlreichen Boxen und anderen „Leerräume“ des Salzburgrings bestens zu füllen, als Porsche Fahrer- und Fahrerinnen ebenso wie manch Pressevertreter im Frühsommer eben dort die Marke Porsche genau so hochleben ließen, wie es sich gehört: Stilvoll und verdammt schnell. Vom Gendarmerie-Elfer aus den 60ern, über die aktuelle Produktpalette bis hin zu respekteinflößenden Rennwagen ala 919 Hybrid und betörenden Raritäten wie dem 935 „Moby Dick“ war alles dabei. Der Star aber war dennoch nur einer: der 911 GT3 RS.

Dieser ist immerhin nicht weniger als der extremste Porsche 911, der je produziert wurde. Er ist nicht nur vom Motorsport inspiriert, er ist ein waschechter Rennwagen der gerade soweit in das Straßenzulassungskorsett gequetscht wurde, wie unbedingt nötig. Genau 50 Jahre nach dem 2.7 RS, mit dem die Geschichte des 911 RS begann, ist dieser Wagen also nicht weniger als der Zenit des Strebens nach Geschwindigkeit ohne Umschweife.

Was dabei seine Superkraft ist, wird schon auf den ersten Blick offenkundig: Aerodynamik. Desto länger man um das Auto schlendert, sich bückt und streckt, desto mehr Splitter, Öffnungen, Kiemen und Spoiler findet man. Wie das eine Straßenzulassung bekommen konnte? Keine Ahnung. Aber verdammt nochmal: Großartig, dass dem so ist! Die richtige Magie passiert aber erst, wenn sich der Wagen in Bewegung setzt.

Anstelle von drei Kühlern im Vorderwagen - wie bei allen anderen 911ern - setzt der GT3 RS auf einen einzelnen massiven, nach vorne geneigten Radiator, der direkt von den Rennwagen RSR und GT3 R inspiriert ist. Der vordere Kofferraum entfällt dadurch natürlich. Dafür wurde aber Platz für die beweglichen Unterbodenleitbleche frei, die sich ständig verformen und mit dem natürlich ebenfalls verstellbaren Heckflügel sowie dem Diffusor zusammenarbeiten, um die Aero-Balance von 30 Prozent vorne und 70 Prozent hinten zu halten. Zudem können so beeindruckende 860 kg Anpressdruck bei 285 km/h erreicht werden; mehr als doppelt so viel als der eigene Vorgänger vorzuweisen hatte. Der echte Clou aber: Durch das DRS-System, das all die erwähnten, verstellbaren Teile kontrolliert, kann eben jener quasi auf Knopfdruck auf 306 kg reduziert werden. Rennwagen; wisst ihr noch?

Porsche wäre aber nicht Porsche, wenn man nicht auch für feinere Details unfassbar schlaue Lösungen gefunden hätte. Ein Haken an dem großen Radiator vorne ist beispielsweise dass dieser die heiße Luft direkt aus den Nüstern der Motorhaube über das Autodach in die Motoreinlässe auf dem Heck blasen würde. Nicht gut. Saugmotoren mögen kühle, dichte Luft. Deshalb leiten die schwarzen Lamellen auf der Motorhaube die Abluft zu den Seiten ab während die Lamellen auf dem Dach verhindern, dass sie zurück zum Motor strömt. Und auch die optisch allesamt „geilen“ Löcher und Entlüftungsöffnungen rund um die Räder sollen nicht nur am Parkplatz gut ankommen, sondern vor allem Luft aus den Radkästen abzusaugen und den Auftrieb zu verringern. „Roots in racing, not posing “; noch so ein Porsche-Credo.

Quasi aus derselben Ecke kommt ideologisch der Motor. 386 kW (525 PS) und 465 Nm aus einem frei atmenden Sechszylinder-Boxer-Motor? Da macht so mancher Kombi oder Elektro-SUV im Autoquartett einen einfachen Stich. Auch 3,2 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100 sind zwar auch 2023 noch „gut“, aber fernab neuer Rekorde. Doch wie gesagt: darum geht’s nicht. Es geht darum, wenn es sein muss auch für Stunden und Stunden, auf einem beliebigen Ring Performance zu bieten, die defacto mit reinrassigen Rennwagen mithalten kann … und nachher auf eigener Achse nach Hause zu fahren.

Dabei ist es vor allem die Vielseitigkeit und dessen Zugänglichkeit, die nachhaltig Eindruck hinterlässt, wenn man sich ans Steuer des GT3 RS setzt. Traktionskontrolle und Aerodynamik können nebst anderer Features über eigene Drehregler am Lenkrad in diversen Stufen geregelt werden. Sogar Zug- und Druckstufe der Dämpfer an der Vorder- und Hinterachse können hier „on the fly“ justiert werden. So kann der Wagen tatsächlich für den Straßenbetrieb handzahm (relativ gesehen) gemacht, aber ebenso für Rennstrecken feingetunt werden. Und zwar für unterschiedliche. Enger, technischer Kurs mit vielen Unebenheiten? Downforce rauf, Fahrwerk weicher. Highspeed-Kurs mit perfektem Asphalt? Downforce runter … ihr versteht schon.

Unsere Beifahrt über den Salzburgring war sodann genauso denkwürdig, wie man es erwartet. Der Sound des Saug-Boxers ist fantastisch, der Speed auf den Geraden noch „adäquat“, in den Kurven dann aber beim ersten Mal furchteinflößend. Man weiß als das schon ein paar Jahre machender Autoschreiber ja halbwegs, mit welchem Speed man hier in welche Kurve einfahren würde. Im GT3 RS geht’s schneller. Viel schneller. Und man kann später bremsen. Und früher aufs Gas. Das wirklich schöne dabei: Man hat das Gefühl, dass nicht nur die eigenen Mundwinkel nach oben getrieben werden, sondern auch das Auto glücklich ist. Hier gehört es hin. In versierten Händen brettert der RS mühelos über die Curbs, arbeitet merklich und vorhersehbar mit, während man im leichten Power-Slide aus dem Reiner S auf die Start-Ziel-Gerade brettert, sich unglaublich stabil durch die Fahrerlager-Kurve fräst oder nie Zweifel daran aufkommen lässt dass auf der Gegengerade, die ja gar nicht so „gerade“ ist, alles „voll“ geht. Bis auf 260 km/h rauf. Ein Fest.

Und doch lässt sich am Steuer tatsächlich noch die Landschaft genießen, wenn man dann wieder nach Hause fährt. Ja, durch die fehlende Isolierung und die nackten und löchrigen Radkästen jagt es einem einen Riesenschrecken ein, wenn man das erste Mal über ein paar Kieselsteine fährt. Das klingt dann nämlich so, als trage man einen Stahlhelm und würde mit Murmeln überschüttet. Und natürlich ist der neue Cayenne im Komfort-Setting besser über die imperfekten Straßerl rund um den Salzburgring geschwebt. Doch wer hierauf mehr Wert legt, kann sich ja einen Turbo S kaufen.

Apropos kaufen: Wenig überraschend ist der Spaß „Porsche 911 GT3 RS“ kein billiger. 347.471,47 Euro Startpreis? Selbstbewusst. In Österreich aber freilich dank 41 Prozent NoVA auch höher als in vielen anderen Ländern. Schon ohne Sonderausstattung macht eben jene hierzulande immerhin über 86.000 Euro aus. Dem Interesse am Auto tut das freilich keinen Abbruch. Wer einen haben will, muss auf sein Glück oder wirklich guten Draht zu Porsche hoffen. Die Warteliste ist lang, die Erwartung an die Wertentwicklung klar. Und das ziemlich ungeachtet dessen, ob der Wagen tatsächlich auch mal Rennstrecken-Asphalt unter die Räder nimmt oder nicht. Ist ja immerhin ein RS-Porsche. Der ist genau dafür gebaut worden.

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