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Planai Classic 2009

"Die Rallye-WM steht vor richtig großen Problemen!"

Im Vorjahr prophezeite Björn Waldegaard der Rallye-WM schwere Zeiten – doch es kam viel schlimmer. Der Champion 1979 analysiert die aktuelle Situation…

Michael Noir Trawniczek
Foto: www.planai-classic.at

Björn Waldegaard und sein Navigator Hans Sylvan sitzen in der Lobby eines Gröbminger Hotels – die beiden Schweden werden wie im Vorjahr auf einem Porsche 911 an der Planai Classic teilnehmen. Der Rallye-Weltmeister des Jahres 1979 hat im Vorjahr im Gespräch mit planai-classic.at eine düstere Prognose in den Raum gestellt: „Die Rallye-Weltmeisterschaft steuert auf eine Krise zu!“

Heute erweist sich diese Prophezeiung zum einen als Volltreffer und zum anderen als eine glatte Untertreibung – Waldegaard sagt: „Die Finanzkrise hat den Rest dazu beigetragen, sodass die Werksteams von Subaru und Suzuki ausgestiegen sind. Die WM steht vor richtig großen Problemen – im Moment haben wir eine äußerst schwache Weltmeisterschaft.“ Angesichts der Tatsache, dass mit Citroen und Ford nur noch zwei Werke in der WRC („World Rally Championship“) vertreten sind, schlägt Waldegaard süffisant vor: „Vielleicht sollte man 2009 gar keine Marken-WM abhalten und sich auf eine Fahrerwertung beschränken?“

Die Fahrer in der Rallye-Weltmeisterschaft – Björn Waldegaard erinnert daran, dass er dieses für ihn so traurige Kapitel bereits im Vorjahresinterview angesprochen hat: „Ich hatte in meiner Karriere das Privileg, dass ich für meine Arbeit bezahlt wurde. Als ich im Jahr 1969 meine professionelle Karriere startete, kannte ich das Wort Sponsor gar nicht.“ Heute ist es üblich, dass junge Talente nur noch dann eine Chance erhalten, wenn sie einen Sponsor mit an Bord bringen.

Aigner & Andersson – größtes Bedauern

Vor diesem Dilemma steht auch der 24-jährige Andreas Aigner, der gemeinsam mit Gery Hofer auf einem Colani GT die Planai Classic bestreiten wird und als PWRC-Weltmeister ohne Cockpit da steht. Waldegaard sagt dazu: „Dieses Problem hat nicht nur Andreas Aigner – auch mein schwedischer Freund Per-Gunnar Andersson wird nach dem WM-Ausstieg von Suzuki nur dann seine Karriere fortsetzen können, wenn er Millionen von Euro aufstellen kann.“

Waldegaard sagt dies mit dem Ausdruck größten Bedauerns – und er stellt fest, dass er nicht der Mann sei, der die Probleme der WM lösen könne und wolle. Später wird klar, dass er sich bereits intensiv mit der Thematik auseinandergesetzt hat: „Mein Sohn Mattias fuhr ebenfalls Rallyes, er hat ein großes Talent: Ich habe versucht, ihn auf dem altbewährten Weg zu unterstützen, ihn in ein Werksteam zu bekommen – doch es ist sinnlos, ohne Mitgift kommst du nirgendwo unter. Bezahlt werden heute nur noch Sébastien Loeb und Mikko Hirvonen, Dani Sordo erhält auch ein bisschen etwas – der Rest zahlt ein oder muss einen Sponsor mitbringen.“

Revolution? Dreamer, nothing but a dreamer…

Es ist absurd – jene Virtuosen hinter dem Rallye-Lenkrad, die mit ihrem Talent und ihrer Risikobereitschaft für Erfolge verantwortlich zeichnen, werden für ihre Arbeit nicht entlohnt. Die meisten Piloten müssen die gesamte Karriere über selbst für ihre Bezahlung sorgen. Was hält Björn Waldegaard von der Idee, eine Revolution zu starten? Eine weltweite Plattform beispielsweise, eine Art Fahrergewerkschaft, vielleicht mit dem Titel „Stop Driving Without Payment“? Waldegaard lacht: „Das wäre schön – doch es handelt sich leider um Träumerei. Es gibt so viele Jungpiloten, die in den Startlöchern scharren. Du kannst die Zeit einfach nicht zurückdrehen.“

Waldegaard erzählt von einem Erlebnis mit Mikko Hirvonen, als der Ford-Werkspilot den alten Ford von Waldegaard fahren durfte und er sich vom Heckantrieb begeistert zeigte: „Das hat wirklich Spaß gemacht!“ Die guten alten Heckschleudern bereiten sowohl Fahrern als auch Fans viel Vergnügen – doch auch hier kann die Zeit nicht zurückgedreht werden. Waldegaard sagt: „Die Hersteller wollen ihre Allrad-Autos verkaufen.“ Was die „Art of Driving“ anbelangt, sei der Heckantrieb freilich das Optimum…

Und so antwortet Björn Waldegaard auf die Frage, was er als FIA-Präsident an der Rallye-Weltmeisterschaft ändern würde mit einem schelmischen Grinsen: „Ich würde das tun, was Sie vorhin angedacht haben: Also Einführung von Heckantrieb und verpflichtende Bezahlung der Piloten! Nur wäre das dann mein erster und zugleich auch letzter Tag als FIA-Präsident…“

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