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Schaltjahre

Das Automatik-Getriebe ist schon lange keine Spaßbremse mehr im Auto: Das zeigte jetzt eine Zeitreise mit Fahrzeugen aus fünf Jahrzehnten.

mid/ts

Immer mehr Schaltstufen kennzeichnen die Entwicklung in den zurückliegenden Jahren und Jahrzehnten. Musste etwa das erste Wandler-Getriebe für Pkw von ZF noch mit nur drei Gängen auskommen, sind es bei den aktuellen Varianten acht oder neun Stufen. Doch es hat sich seitdem mehr getan als "nur" eine Erhöhung der Gangzahl.

Die automobile Zeitreise beginnt in einem BMW 2000C (Bild oben) aus dem Jahr 1966. Er gehörte zur Anfang der 1960er eingeführten "Neuen Klasse", die den Einstieg der Münchner in die Mittelklasse markierte. Gleichzeitig debütierte in der Baureihe 1965 auch das "3HP"-Automatik-Getriebe von ZF. "Damals war der Starter im Getriebe noch das einzige elektronische Bauteil", weiß Georg Gierer, der bereits Ende der 1960er bei ZF anfing.

Im BMW 2000C wird das Getriebe rein über hydraulischen Druck gesteuert, was es vergleichsweise träge macht. Das hat sich auch bei der Ausfahrt mit dem Oldie gezeigt. Hier vergeht schon eine Gedenksekunde, bis die nächsthöhere Stufe greift. Außerdem sorgt die Automatik für einen im Vergleich zum Schaltgetriebe deutlich höheren Verbrauch.

Das 4HP brachte dann ab 1982 neben dem zugunsten des Verbrauchs länger übersetzten vierten Gang eine entscheidende Weiterentwicklung: die elektrohydraulische Steuerung. Diese basiert auf Signalen, die das Getriebe vom Motor erhält, was für deutlich kürzere Schaltzeiten sorgt. Der Unterschied zum 3HP lässt sich in einem Audi V8 (Bild oben) aus dem Jahr 1991 "erfahren". Der ruckt beim Hochschalten kaum mehr. Allein das Zurückschalten bei Vollgas lässt den Fahrer hier noch mit dem Kopf nicken.

Bereits 1985 gab es die ersten Fahrprogramme: "Öko" für hohe Effizienz und "Sport" für besseres Ansprechverhalten. In einer Version für den Porsche 964 erkannte das Getriebe sogar, wenn es bergauf ging und schaltete dann später hoch. Außerdem konnte der Fahrer bei der "Tiptronic" die Gänge per Tastendruck selbst wechseln.

Die nächste Evolutionsstufe stellte das 5HP (Bild links oben) ab 1990 dar, mit der die Automatik "intelligent" wurde und sich an den Fahrer anpassen konnte. Neben einer Berg- und Kurven-Erkennung reagierte es außerdem anhand der Gaspedal-Stellung und der Querbeschleunigung auf die Fahrweise. Das machte die Automatik fit für besonders sportliche Fahrzeuge wie den gefahrenen Audi RS6 von 2002 (Bild links).

Danach kam das 6HP-Getriebe (Bild links), das auf der IAA 2001 in der BMW 7er Limousine debütierte. Durch eine breitere Spreizung der nun sechs Gänge verbrauchten die Autos erstmals weniger Sprit als mit einer Handschaltung. Außerdem kam es dank eines neuen Radsatzkonzepts mit einem Drittel weniger Bauteilen aus und war so etwa 13 Kilo leichter als der Vorgänger. Auch verwendete ZF nun für die verschiedenen Varianten viele gleiche Bauteile.

Diese Entwicklung hat sich bis zum aktuellen 8HP-Getriebe fortgesetzt, das 2009 eingeführt wurde. Die Motoren-Entwicklung hin zur Turbo-Technik und Direkteinspritzung machte feinere Abstufungen mit nun acht Schaltstufen notwendig, damit diese effizient arbeiten. Vier Baugrößen decken heute ein Drehmoment-Spektrum von 300 bis 1.000 Nm ab. Erstmalig ist es auch für Start-Stopp-Systeme ausgelegt.

2014 ist die zweite Generation gestartet, bei der die sogenannten "Schleppmomente" und damit die Verluste im Getriebe verringert worden sind. Das flexible System ermöglicht außerdem neue Hybrid- und Allradvarianten, spart weiteres Gewicht ein und ermöglicht weitere Funktionen. Nun ist etwa das situationsbedingte Abkoppeln des Getriebes in Verbindung mit einer Motor-Abschaltung möglich.

2013 kam darüber hinaus das 9HP-Getriebe für Front-Quer-Motoren (Bild rechts oben) auf den Markt, das einen geringeren Platzbedarf hat und eine bislang unerreichte Spreizung von 9,84 aufweist. In der Praxis heißt das: Im neunten Gang dreht der Motor bei 120 km/h nur mit 2 170/min statt wie bisher beim Sechs-Gang-Automaten mit 2 890/min.

Und nun geht das 8-Gang-Plug-in-Hybridgetriebe (Bild rechts) in Serie. Weitreichendste Neuerung hierbei: Der Drehmomentwandler wird durch einen E-Motor ersetzt. Dieser kann mit einer Trennkupplung vom Verbrennungsmotor abgekuppelt werden und den Antrieb allein übernehmen. Die E-Maschine ist in das Getriebegehäuse integriert und wird durch Öl gekühlt. Sie leistet maximal 90 kW/122 PS und überträgt bis zu 550 Nm Anfahrmoment.

Und wohin geht die Reise in der Getriebe-Entwicklung jetzt? "Zur Gruppenschaltung", ist sich ZF-Versuchsingenieur Thomas Weber sicher. Dieses zweiteilige Getriebe funktioniert im Prinzip wie eine Fahrradschaltung: Zwei Übersetzungen werden miteinander kombiniert und schaffen noch mehr Variationen; ganz so wie bei den vorderen und hinteren Zahnrädern einer Kettenschaltung für Fahrräder. Das Problem ist die Abstimmung bzw. Steuerung, für die sehr genaue und schnelle Daten von der Elektronik notwendig sind. Bei einigen Herstellern ist das bereits möglich.

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