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40 Jahre Porsche 917

Weißer Riese und Can-Am-Killer

Falls Sie demnächst nach Stuttgart kommen: das Porsche-Museum feiert dieser Tage den vielleicht berühmtesten Rennwagen der Marke.

Johannes.Gauglica@motorline.cc

Hier sehen Sie Bilder aus der Geschichte des Porsche 917!

Und das zurecht, denn der 917 hat mitgeholfen, Porsche zu einem der größten Namen im internationalen Rennsport zu machen.

Der Startschuss für das Projekt 917 fiel im Juni 1968, nach der Ankündigung einer neuen Klasse der "homologierten Sportwagen" mit bis zu fünf Liter Hubraum und 800 Kilogramm Mindestgewicht.

Die Idee war eigentlich, dort die älteren GT vom Schlag des Ford GT40 oder Lola T70 unterzubringen, weil die reinen Prototypen in Hinkunft nur mehr (Formel-1-)Motoren mit maximal 3 Liter Hubraum haben sollten.

Dass jemand für diese Klasse ein eigenes Auto bauen und davon dann auch die erforderlichen 25 Homologationsexemplare bauen würde, hatte bei der die internationale Motorsportbehörde FIA niemand erwartet. Denn diese Klasse sollte nur für drei Jahre Bestand haben – Ende 1971 war Schluss.

Vor 40 Jahren, am 13. März 1969, stellte Porsche dann auf dem Genfer Automobilsalon genau dieses unerwartete Auto vor!

Weißer Riese

Der Grund: nach zwei Jahrzehnten als zuverlässige Klassensieger und "Riesentöter" wollten die Stuttgarter endlich ein von vorn herein siegfähiges Auto für Le Mans haben. Der damals aktuelle Sportwagen 908 mit 3-Liter-Boxermotor war dazu gegen die F1-befeuerten Prototypen und die bulligen Fünfliter-GT nicht imstande.

Er brillierte in der Folge eher mit seiner Wendigkeit (und hatte eine unerwartet lange Karriere bis in die 1980er hinein), an den PS fehlte es damals ganz einfach.

Die FIA reagierte verschnupft: man wollte die 25 Autos vorgeführt bekommen. Berühmt ist das Bild der säuberlich aufgereihten Autos auf dem Werksgelände; Ferdinand Piech bot dem FIA-Delegierten Dean Delamont auch an, sich ein Auto auszusuchen und in Betrieb zu nehmen – was dieser ablehnte.

Wieder einmal (nicht zum ersten, nicht zum letzten Mal) war also ein klassischer "Selbstfaller" der FIA das auslösende Moment für eine neue Entwicklung im Rennsport. Nach einer zähen Debüt-Saison 1969 kam dann in den Jahren 1970 und 1971 der große Triumph in Le Mans.

In diesem Debütjahr 1969 war der damals mit dem Spitznamen "Weißer Riese" versehene Bolide mit damals 4,5l großem Zwölfzylinder-Boxermotor (genauer: ein 180°-V8; anfängliche Leistung: 520 PS) berüchtigt für seine, naja, interessanten Fahreigenschaften.

Für das erste Rennen wollte Porsche nicht die Werksfahrer, sondern angemietete Arbeitskräfte hinters Steuer lassen. Unter anderem hätte auch Dieter Quester das Auto fahren sollen, bis sein damaliger Arbeitgeber BMW ihm dies verbot.

Who is who?

Der 917 war zwar kein Straßen-, aber ein Serienfahrzeug; es gab sogar einen Prospekt. Schon aus der Kleinserie von 25 Stück wurden auch einige Exemplare an Kunden verkauft.

Für das Coupé wurden 53 Chassisnummern vergeben, einige davon für wiederaufgebaute Unfallautos oder auch nur für Rahmen im Ersatzteildepot.

Das hat dann später für lustige (und mitunter teure) Verwirrungen in Sammlerkreisen gesorgt – echtes Fahrzeug, Replica, irgendwas dazwischen? Porsche selbst sagt: es wurden von den Coupés 44 Wagen gebaut.

Tragödie in Le Mans, Sieg in Zeltweg

Beim Testwochenende in Le Mans erreichte der 917LH (Langheck) auf der Hunaudiéres-Geraden eine Spitzengeschwindigkeit von 347 Kilometern; das Rennen brachte einen Totalausfall der 917er. Und leider auch einen tödlichen Unfall.

Einer der ersten Käufer eines 917 war der Amerikaner John Woolfe. Er kam schon in Runde 1 bei der heute nicht mehr befahrenen Passage von Maison Blanche ums Leben.

Die ersten drei Einsätze endeten mit technischen Ausfällen, der Durchbruch kam - wo sonst? - in Österreich.

Am damals brandneuen Österreichring siegten Jo Siffert und Kurt Ahrens mit der Chassisnummer 917.009 am 10. August 1969 beim 1000-Kilometer-Rennen.

Der Motor wuchs dann auf 4,9 Liter Hubraum, und für 1970 kam die bekannteste Variante hinzu: der 917K.

Kurzheck

In diesem Jahr nahm ein neuer Partner an der Entwicklung teil: John Wyer, der erfolgreiche Teamchef für Aston Martin und später mit dem Ford GT40. Seine Firma J.W. Automotive brachte sich bei der Entwicklung des "Kurzhecks" ein.

Die aerodynamisch weiterentwickelte Version 917K war endgültig ein Siegertyp. 1970 siegte Porsche einer geschickten Kombination der Typen 908 und 917 in der Markenweltmeisterschaft, man gewann neun von zehn Rennen.

Wichtiger noch war der Gesamtsieg in Le Mans am 14. Juni 1970 für das Fahrzeug von Porsche Salzburg mit den Fahrern Hans Herrmann und Richard Attwood – der erste von bis heute insgesamt sechzehn Erfolgen für Porsche beim Grand Prix d'Endurance.

Und, nebenbei bemerkt, der letzte Gesamtsieg für ein österreichisches Team – es wäre eigentlich wieder einmal Zeit...

Der o.Prof.Dr.Dipl.Ing. der Coolness, Steve McQueen, drehte 1970 den von ihm selbst produzierten Film "Le Mans", in dem der 917 und sein Erzrivale Ferrari 512S sozusagen die Hauptrolle spielten - die menschlichen DarstellerInnen konnten da beileibe nicht mit. Der wahrscheinlich beste je über den Motorsport gedrehte Film war ein finanzieller Flop.

McQueen trug in diesem Epos die damaligen Racing-Modefarben: Gulf. Die diversen Lackierungen des 917K sind ebenso berühmt wie die Autos selbst - den echten Fans genügen knappe Begriffe, und sie wissen Bescheid:

Salzburg (rot-weiß-rot), Gulf (das berühmte babyblau & orange), Hippie (wilde Paisleys, bewusstseinserweiternde Farben), die "Sau" (Details folgen), oder auch die Rennstreifen von Martini Racing.

1971: Marko, Martini, Magnesium, Magie

1971 gewann in Le Mans die Chassisnummer 917.053 in Martini-Farben. Das letzte gebaute Chassis hatte einen der raren Magnesiumrahmen. Am Steuer waren Dr. Helmut Marko und Gijs van Lennep, und ihr Distanzrekord besteht bis heute.

Im Training zu diesem Rennen erreichte ein 917LH die Spitzengeschwindigkeit von 387 km/h auf der Hunaudiéres. Fast unvorstellbar bei der (vor allem Bremsen-)Technik des Jahres 1971! In seiner letzten Ausbaustufe leistete der 4,9-Liter-Saugmotor 630 PS.

Ende dieses Jahres ging auch die Zeit der Fünfliter-Coupés zu Ende, die Autos waren ab 1972 nicht mehr reglementkonform. Die Story des 917 war damit aber noch lange nicht vorbei. Im Gegenteil!

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