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Rote Religion

Die Brüder Ducati gründeten 1926 ein Unternehmen für Kondensatoren. Heute baut man Kult-Motorräder, seit ein paar Jahren unter Audi-Führung.

mid/rs

Die am Adriastrand gelegene Piazzale Roma in Riccione, kurz nach Mitternacht: Ohrenbetäubender Lärm herrscht überall, aber niemand stört sich daran. Im Gegenteil: Dichtgedrängte Menschen schauen begeistert zu, wie dutzende Biker übermütig am Gasgriff drehen und die Hinterreifen qualmen lassen.

Die unverwechselbare Klangkulisse stammt vor allem von vielen älteren Ducatis. Ihre V2-Motoren brüllen aus kaum gedämmten Auspuffrohren, ihre Trockenkupplungen rasseln metallisch. Die World Ducati Week (WDW) im nahegelegenen Misano sorgt dort und in den umliegenden Bade-Hochburgen Rimini, Riccione oder Cattolica für Ausnahmezustand.

Zehntausende Ducatisti pilgern alle zwei Jahre aus aller Welt hierher, und ihre rote Religion überträgt sich auf so manchen bisher unbedarften Adria-Touristen. Das schafft nur eine Marke, die in Jahrzehnten zum Mythos geworden ist im Bologneser Stadtteil Borgo Panigale, unweit von anderen italienischen Motor-Legenden wie Ferrari, Maserati und Lamborghini. Fast punktgenau zum 90sten Geburtstag findet in diesem Jahr vom 1. bis 3. Juli die neunte World Ducati Week statt.

Auf dem Weg zum 90-jährigen Firmenjubiläum durchlebt Ducati derzeit sehr gute Zeiten, denn seit der Integration in den Volkswagen-Konzern im April 2012 schreiben die Norditaliener regelmäßig Rekordzahlen.

Aus dem Drei-Mann-Betrieb für Kondensatoren, den die Brüder Adriano, Bruno und Marcello Ducati am 4. Juli 1926 gründeten, ist im Jahr 2016 ein technologisch fortschrittliches Traditionsunternehmen geworden: 1.168 Mitarbeiter produzierten im vergangenen Geschäftsjahr 55.551 Motorräder, und 2016 werden nicht weniger als neun neue Ducati-Modelle auf den Markt kommen. Dadurch könnte sich die enorme Popularität der Marke Ducati im Heimatland Italien und darüber hinaus nochmals steigern.

Ducati hat den finanziell und technologisch potenten Heilsbringer aus Ingolstadt einem bekennenden Fan der Marke zu verdanken: Ferdinand Piëch. Der damalige Aufsichtsrats-Boss von VW machte 2012 den Coup zur Chefsache und schnappte Ducati dem bisherigen Kooperationspartner Mercedes-AMG vor der Nase weg.

Unter anderem reizten den Patriarchen Ducatis Erfolge im Rennsport mit legendären Siegen bei Langstreckenrennen oder der berüchtigten Tourist Trophy auf der Isle of Man.

In der seriennahen Superbike-WM (SBK) ist Ducati bis heute extrem erfolgreich und konnte bisher 14 Fahrer- und 17 Markentitel einfahren. In der Motorrad-Königsklasse MotoGP hingegen gab es nach dem Titelgewinn 2007 durch den Australier Casey Stoner kaum Highlights.

2012 war Valentino Rossi (damals selbst Ducati-Pilot in der MotoGP) von der World Ducati Week und dem Kult um die Marke aus Bologna sichtlich beeindruckt: "Es ist wundervoll. So viele Ducatis, so viele Fans. Das ist ein besonderes Event, bei dem Ducatisti ihre Leidenschaft ausleben können. Denn eine Ducati zu besitzen ist keine technische Entscheidung, es ist eher eine Religion."

Jede World Ducati Week übertrifft die vorigen als die bis dahin größte, und das dürfte wohl so weitergehen. Ducati-Chef Claudio Domenicali möchte neue Märkte wie Asien erobern. Und neue Zielgruppen etwa mit kleineren Modellen.

Mit der Scrambler hat Ducati 2015 den Trend zu Retro-Motorrädern erfolgreich aufgegriffen. Mit der leichten 800er haben die Italiener einen Volltreffer gelandet. Im Nu wurde sie zu Ducatis meistverkauftem Modell aller Zeiten, inzwischen ist die 400er-Version Scrambler Sixty2 nachgerückt.

Auf anderer Ebene attackiert Ducati mit der vielseitigen und geländetauglichen Enduro Multistrada direkt den Bestseller BMW R 1200 GS. Losgelegt haben die Italiener 2016 mit einem Paukenschlag, denn mit dem 156 PS starken Powercruiser XDiavel hat Ducati eine weitere kultige Motorradmarke im Visier: Harley-Davidson.

Zu den Eigenheiten der Ducati-Modelle gehört bis heute die Zwangs-Ventilsteuerung "Desmodromik". Sie geht auf den genialen Ingenieur Fabio Taglione zurück, der die technischen Geschicke der Marke fast vierzig Jahre lang lenkte.

Dazu gehören auch der charakteristische 90 Grad-V2-Motor und der Gitterrohr-Rahmen. Von 1926 bis kurz nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelte sich Ducati einer Fabrik für Kondensatoren, Elektro-Rasierer, Fotoapparate und Radios zum Motorradhersteller.

Wobei das erste Bike aus Bologna ein Fahrrad mit Hilfsmotor und rund einem PS Leistung war: "Cucciolo" (Hündchen) nannten die Italiener liebevoll den zart motorisierten Drahtesel, mit dem Ducati ab 1946 die italienischen Nation in Bewegung brachte.

Heute strotzt Ducatis Spitzenmodell Panigale 1299 mit 205 PS nur so vor Kraft und glänzt dank Kurven-ABS und semiaktivem Fahrwerk sowie wählbaren Fahrmodi mit Hightech. Von rund einem auf 205 PS - in 90 Jahren ist viel passiert auf dem Weg der Motorradmarke aus Bologna.

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