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Cruisen mit Nostalgie-Faktor

Mit viel Chrom, Velours und Leder lässt Moto Guzzi bei der California Vintage den Geist der frühen 70er wieder aufleben.

mid/hh

Lassen sich ältere Ladies liften, wollen sie die Zeit zumindest um ein paar Jahre zurückdrehen. Der ehrwürdige italienische Motorradhersteller Moto Guzzi hat seiner berühmten California mit der Vintage dagegen ein Design verpasst, das wieder an die Urform der "Cali", wie sie liebevoll von den Guzzisten genannt wird, erinnert.

Viel Chrom von vorn bis hinten, eine Scheinwerferbatterie, ausladende Sturzbügel, der weiß umrandete Breitsattel und die mit Velours ausgeschlagenen Hochglanz-Seitenkoffer lassen den Geist der frühen 70er Jahre wieder aufleben. Der Preis von knapp 17.000,- Euro allerdings ist von heute.

Immerhin haben die Ingenieure der verjüngten alten Lady unter anderem eine elektronische Doppel-Zündung mit geregeltem Dreiwege-Katalysator spendiert, der locker die Euro-Drei-Norm erfüllt. Der Cali-Fan will davon vermutlich gar nichts wissen.

Und merkt es auch nicht, wenn er den Startknopf drückt: Prompt, aber unwillig beginnt der Twin seine schwere Arbeit. Er schüttelt sich, vibriert und lässt das schwere Eisen im Takt erbeben. Es dröhnt und donnert wie in einer Urzeitschmiede.

Dem ersten Ausritt geht üblicherweise eine "Gedenkminute" voraus. Sie ist der ungewohnten Wipp-Schaltung gewidmet: Mit der Fußspitze wird heruntergeschaltet, mit der Hacke herauf.

Auch die Bremsen sind
gewöhnungsbedürftig: Die Fußbremse betätigt die Scheibenbremsen hinten und links vorn und wirkt recht bissig. Der Handbremshebel drückt auf die Klötze der rechten Vorderradscheibe. Doch mit der Hand allein bringt man die 263 Kilogramm Eisen aus voller Fahrt kaum zum Stehen.

Dafür greift die Fußbremse heftig ein, weil man sich mit dem Bremsfuß unweigerlich auf dem Pedal
abstützt: heftiger als nötig geht das schwere Bike dann in die Knie. Da heißt es, fein dosieren, denn ein ABS gibt es nicht. Vermutlich würde das von den Traditionalisten auch als Stilbruch angesehen.

Die California Vintage ist aber auch kein Racer, sondern ein echter Tourer. Sie liebt weite, endlose Strecken und mag keine engen Kurven, wo die breiten Trittbretter schon mal Funkenflug verursachen. Die wie ein Schiffsdiesel wummernde Maschine gibt mit störrischer Beharrlichkeit den Takt vor.
Den sportlichen Zug am Gashahn aus dem Drehzahlkeller heraus beantwortet der Twin erst mit unwilligem Schütteln, dann mit noch mehr Lärm. Er lässt sich aber nicht aus der Ruhe bringen. Erst wenn der Drehzahlmesser etwa 4.000 Umdrehungen zeigt, kann der Fahrer seine Chrom-Diva zum flotten Überholmanöver animieren.

Aber das mag sie ebenso wenig wie hektische
Schalterei: Mit einem unüberhörbaren "Klong" wird der Fahrer daran erinnert, wer hier den Ton angibt. Eins werden mit dieser Maschine - das heißt, sich auf den harten Herzschlag des Boliden einzulassen. Erst dann macht das Cruisen wie anno dazumal richtig Spaß.

Weniger schön sind einige Kleinigkeiten gelöst. Die werksseitig montierte Batterie ist zu schwach, um auch nur wenige Minuten mit voller Beleuchtung und ausgeschalteter Maschine vor einem Bahnübergang zu warten. Bei einer Testfahrt sprang sie nach zwei Minuten nicht mehr an. Dabei wäre unterm Sattel durchaus Platz für ein größeres Kaliber.

Immerhin ist der Akku frei zugänglich fürs Starthilfekabel. Die schwarzen Koffer sind praktisch und hübsch anzuschauen, doch die Scharniere machen einen billigen Eindruck. Die Deckel haben keine Fangriemen und knallen hinten über.

Die Spiegel sind an den mäßig bis heftig vibrierenden Lenkerenden leider fest montiert und lassen manchmal nur die Unterscheidung zwischen Radfahrer und Lastwagen zu. Die Frontscheibe sorgt je nach Fahrergröße für unangenehme Verwirbelungen, hält aber die Fliegen ab.

Die Sicherungsleiste ist nur von oben durch den Sattel geschützt: Wehe, wenn von unten die Feuchtigkeit kommt. Aber wer fährt einen solchen chromblitzenden Dampfer schon bei Regen? Denn ein Blickfang ist die chromglänzende California schon - vor allem bei Sonnenschein. Da schaut man auch über einige Kleinigkeiten hinweg, die beim Preis von fast 17.000,- Euro nicht sein müssten.

Teststeno Moto Guzzi California Vintage

luftgekühlter 90-Grad-V-Zweizylindermotor, 4-Takt, 1064 ccm Hubraum, 55 kW/75 PS Leistung bei 6400 U/min, maximales Drehmoment 94 Nm bei 5000 U/min, geregelter Dreiwege-Katalysator (Euro-3), elektronische Multipoint-Einspritzung, Kardanantrieb, Fünf-Gang-Getriebe, Doppelschleifenrahmen aus Stahl mit Zweiarmschwinge, verstellbare Druckstufendämpfung vorn und hinten, Doppelscheibenbremse vorn, Scheibenbremse hinten, Reifen 110/90 VB 18; 140/70 VB 17, Radstand 1560 mm, Sitzhöhe 780 mm, Trockengewicht 263 kg, Tankinhalt/Reserve 19/4 Liter;
Grundpreis ca. 17.000,- Euro.

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