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„Entwicklung im österreichischen Rallyesport seit Jahren falsch“

Exklusivinterview mit Achim Mörtl: Warum die Lage in der Rallye-ÖM ein Trauerspiel ist. Warum Patrick Winter es schaffen wird und andere nicht…

Michael Noir Trawniczek

Achim, du bist als Berater von Patrick Winter hier vor Ort – was erwartest du von Patrick bei dieser Rallye?

Erwarten weniger, sondern erhoffen. Wichtig wäre, dass er sich steigern kann. Dass er mit dem Auto auf du und du ist. Und dass er seine alten Tugenden, sprich instinktives Fahren, wieder abrufen kann. Dazu muss er für sich selbst klar sein, frei im Kopf – und wenn ich dazu beitragen kann, dann wird das sicher besser werden als es bei der BP Ultimate-Rallye der Fall war.

Was war bei der BP Ultimate-Rallye das Hauptproblem?

Das Hauptproblem ist sicher ein neues Auto. Im Vergleich zum Gruppe N-Auto ist ein S2000 ein richtiges Rennfahrzeug. Und dann kommt dazu: Das ganze Umfeld, die finanzielle Situation, das macht es natürlich auch nicht einfacher.

Es geht darum, dass du frei fahren kannst. Wenn du dir die Konkurrenz anschaust: Der Raimund ist finanziell total versorgt – er hat natürlich ein Projekt, wo er viel im Auto sitzt. Der Beppo fährt ständig, jeden Tag auf seinem Landgut mit dem Auto spazieren. Aber das muss der Patrick halt kompensieren. Nur: Das wird sicher noch ein, zwei Rallyes dauern.

Hast du in deiner Karriere auch schon eine derartige Umstellung vollziehen müssen?

Das kannst du nicht vergleichen – wir sind damals vom Gruppe N ins WRC gestiegen und sind auf Anhieb um den Sieg gefahren. Aber ein solcher Vergleich wäre nicht korrekt, denn das waren andere Zeiten. Und andere Gepflogenheiten. Damals hat es funktioniert – jetzt, bei einem solchen Umstieg, würde ich mir vielleicht auch schwerer tun.

Juckt es dich da, wenn du diese ganzen Autos wieder in Action siehst?

Naja, juckts, schau her! Ich habe Gott sei Dank und dank einer besseren Sponsorenzeit mit den besten Autos, mit den World Rally Car fahren können. Ich bin mit dem Werksauto von Subaru gefahren…

Ich glaube einfach, dass es das Sponsorenumfeld zurzeit nicht erlaubt, auf dem Level zu fahren, auf dem ich jahrelang habe fahren dürfen. Und deshalb juckt es mich eigentlich gar nicht.

Ist es der richtige Weg, den man derzeit beschreitet? Mit den S2000-Autos?

Wenn man für ein S2000-Auto so viel Geld zahlen muss, ist das sicher der falsche Weg. Aber ich glaube, dass die Entwicklung im österreichischen Rallyesport schon seit Jahren nicht mehr die richtige ist.

Das sieht man auch in der Medienpräsenz des Sports. Wenn ich daran denke, wie ich damals gegen den Raphael Sperrer gefahren bin, wie auch noch der Sepp Haider gefahren ist – da waren halt noch Industriekapitäne, vom Peugeot-Chef angefangen über Reifenimporteure und Geschäftsführer vor Ort. Und wenn ich heute schaue, was sich im Pressebüro abspielt oder welche Vertreter der Industrie vor Ort sind, dann ist das ein Trauerspiel.

Was die Medien anbelangt: Kann es nicht auch sein, dass Leute wie du den Medien einfach auch mehr Stoff geliefert haben und deshalb auch mehr Aufmerksamkeit da war?

Klar gehen die Typen verloren. Wer fährt denn heute? Heute fahren entweder Herrenfahrer mit viel Geld – und jenen Leute, die vielleicht charismatische Piloten werden könnten, wird es eigentlich eher schwer gemacht. Anstatt dass man sagt: ‚Hey, wir haben einen jungen Buben und dem geben wir jetzt ein Geld und der soll fahren!’

Siehe Patrick – aber da gibt es auch noch andere Beispiele. Es fahren immer nur irgendwelche Leute, die halt irgendein Geld haben oder es sich mit irgendwelchen Sponsoren relativ leicht finanzieren – die fahren dann erstens nicht schnell Auto und sie sind zweitens auch nicht charismatisch. Dass dann außenstehende Firmen nicht mehr investieren wollen in den Sport, ist doch klar. Du musst bedenken, ich hatte als Sponsoren Infinion, Hypo Bank, Villacher Bier. Der Raphael hatte aon – branchenfremde Firmen gibt es keine mehr, wenn ich mich hier umsehe. Und das ist bezeichnend für die Attraktivität des Rallyesports heute.

Welcher Weg würde deiner Meinung nach wieder zu einer Art goldenen Zeitalter führen? Gibt es einen solchen Weg überhaupt?

Naja. Meistens hängt es auch von den individuellen Engagements ab. Der Patrick versucht es – und es kann ohne ein finanzielles Risiko gar nicht gehen. Der Hannes Danzinger sagt seit zehn Jahren er ist das große Talent, und fährt heute noch immer mit einem R2-Auto spazieren – da ist kein Zug da, dass er mehr will. Deshalb wird das auch nichts mehr werden. Der Patrick probiert es, es ist ein gewisses Risiko vorhanden – aber wenn ich das Risiko nicht eingehe, werde ich es auch nicht schaffen. Das habe ich damals müssen – und wenn du fragst, wie ein Sperrer angefangen hat, der hat es auch getan.

Danke für das Interview.

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