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Rallye: News

Sieg und Niederlage für die Wagners

Exakt 3.680 km trennten die Brüder Julian & Simon Wagner, als sie den jeweils ersten Lauf ihrer heurigen Meisterschaften bestritten.

Fotos: Josef Pedru; rallyserice.cz

Während Simon Wagner auf den Azoren den ersten Lauf der Junioren-EM absolvierte, aber vorzeitig aufgeben musste, feierte Julian sein Debüt in der tschechischen Meisterschaft mit einem Klassensieg.

Nicht weniger als sechs Flughäfen besuchte Simon Wagner am vergangenen Sonntag und Montag auf seiner Reise auf die Azoren-Insel São Miguel im Atlantik. Nachdem der Flug von Linz nach Frankfurt verspätet war, versäumte der Oberösterreicher seinen Anschluss und saß zunächst in Deutschland fest. Da von Frankfurt alle Flüge auf die portugiesische Insel ausgebucht waren, disponierte er kurzfristig um und fuhr mit einem Leihwagen zum rund 170 Kilometer entfernten Flughafen Köln/Bonn. Von dort aus konnte er die Reise schließlich am frühen Montag Morgen über Lissabon und Porto bis nach Ponta Delgada fortsetzen. Statt einem ursprünglich für den ganzen Tag angesetzten Test blieben dem 24jährigen deshalb noch genau zwei Stunden um sich auf das neue Team, den brandneuen Peugeot 208 R2, die neuen Schotterreifen und den losen Schotteruntergrund der Azoren-Rallye 2018 einzuschießen.

Dank akribischer Vorbereitung, insbesondere durch das Studium der Onboardaufnahmen anderer Piloten, die bereits zuvor an der Rallye teilgenommen hatten, verlief die Besichtigung der anspruchsvollen Strecken am Dienstag und Mittwoch für Simon Wagner und seinen Beifahrer Gerald Winter reibungslos. "Im Gegensatz zur österreichischen Meisterschaft, in der jede Sonderprüfung drei Mal besichtigt wird, sind international nicht mehr als zwei Durchfahrten pro Sonderprüfung erlaubt. Das kenne ich so bereits aus dem vorigen Jahr und bereite mich entsprechend ausgiebig auf die Rallyes vor", erklärt Simon Wagner.

Neu für das Duo Wagner/Winter war die sogenannte 'Qualifying Stage', in der die Rallye-EM-Piloten vor Beginn der offiziellen Wertung um ihre Startplätze fahren. Da die erste Startposition unter den zweiradgetriebenen Fahrzeugen bei Schotterrallyes erfahrungsgemäß nachteilig ist, taktierte das französische Saintéloc-Team, mit dem Wagner die Meisterschaft bestreitet, clever und platzierte ihn schließlich als fünften Starter der ERC3 genannten 2WD-Wertung.

Mit konstant guten Zeiten, aber überschaubarem Risiko belegten Simon Wagner und Beifahrer Gerald Winter nach den ersten beiden Wertungstagen einen aussichtsreichen dritten Platz in der Junioren-EM und zeigten sich entsprechend zufrieden. "Mein Ziel bei dieser Rallye ist eine Podiumsplatzierung", sagte Wagner im Ziel der ersten Etappe. "Das hier ist meine erste Schotterrallye mit dem Peugeot 208 R2 und mit den Schotterreifen von Pirelli. Entsprechend zufrieden bin ich mit dem aktuell dritten Platz gegen die Schotterspezialisten aus Lettland, Finnland und Spanien. Ich weiß, dass mein Potential bei den kommenden Asphaltrallyes deutlich größer ist. Hier möchte ich einfach so viele Punkte wie möglich für die Meisterschaft sammeln und meine Erfahrung ausbauen."

Die Hoffnungen auf einen Punktesegen im ersten Meisterschaftslauf wurden ihm in der vorletzten Sonderprüfung jedoch genommen, als unverhofft diejenige Halterung brach, die im Motorraum das Getriebe und den Motor an der vorgesehenen Stelle hält. "Zunächst spürte Simon starke Schläge im Schalthebel", erklärte Beifahrer Gerald Winter. "Dann verloren wir die Servolenkung, und schließlich realisierten wir, dass Motor und Getriebe bei jedem Schalt- und Bremsvorgang im Motorraum buchstäblich herumgeschleudert wurden. Kurz vor dem Ziel der vorletzten Sonderprüfung starb der Motor schließlich ab, und wir konnten nur mehr durch die Ziellichtschranke rollen. Das war's. Unsere Rallye war wenige Kilometer vorm Ziel beendet."

"Eine einzige, brandneue Halterung hielt – sei es nun bedingt durch einen Materialfehler oder durch die extremen Belastungen auf den Strecken – nicht durch und brachte uns um die Topplatzierung im ersten Lauf der Meisterschaft", ergänzte ein enttäuschter Simon Wagner.

Beinahe gleichzeitig wurde auch der jüngere der beiden Wagner-Brüder in der Tschechischen Republik vom Technikpech verfolgt. Bei seinem Debüt in der tschechischen 2WD-Meisterschaft lag Julian Wagner auf einem grandiosen zweiten Rang, als ihn zuerst der Anlasser und schließlich auch noch die Lichtmaschine seines Peugeot im Stich ließ. "Natürlich waren wir über die Geschehnisse auf den Azoren informiert. Umso fassungsloser waren wir, als sich auch für Julian ein Drama anzubahnen schien", berichtete Vater Friedrich Wagner, der Julian nach Tschechien begleitet hatte.

Doch Julian Wagner und Beifahrer Jürgen Heigl dachten nicht daran aufzugeben und kämpften sich ohne Licht und mit nachlassender Motorleistung durch die beiden noch verbleibenden Nachtprüfungen des Samstags in das rettende Service – sogar ohne dabei die zweite Position im 2WD-Klassement abzugeben. Nachdem das Team Lichtmaschine und Anlasser tauschen konnte, packte den 23jährigen am zweiten Wertungstag der Valašská Rally erst recht der Ehrgeiz: Sekunde um Sekunde erkämpfte er sich bei seiner ersten Rallye im benachbarten Ausland den ersten Gesamtrang der 2WD-Wertung und gab diesen bis zum Ziel nicht wieder ab.

"Natürlich bin ich stolz auf das, was wir hier geleistet haben", freute sich Julian Wagner. "Ich war zum ersten Mal bei dieser Rallye, fuhr meine erst zweite Rallye im Peugeot 208 R2 und musste mich in der 2WD-Wertung insgesamt 36 anderen Fahrern stellen. Simons Erfolg in Tschechien im vergangenen Jahr hilft mir zwar insoweit, dass ich von seiner Erfahrung profitieren kann, baut aber gleichzeitig auch einen gewissen Druck auf mich auf."

Umso höher ist die Leistung des jüngeren Wagner-Bruders einzuschätzen, der auf Anhieb einen Sieg in der hart umkämpften Meisterschaft feiern und dabei sämtliche Lokalmatadore hinter sich lassen konnte. Entsprechend beendet er die erste Rallye der tschechischen Meisterschaft auch als Führender der 2WD-Wertung. Gelegenheit, diese Führung auszubauen, hat Julian Wagner bereits am 20./21. April bei der Rallye Šumava Klatovy. Dort startet der Youngster wieder mit Stammbeifahrerin Anne Katharina Stein, die am vergangenen Wochenende ebenfalls auf den Azoren startete und dort mit der jungen Britin Catie Munnings den fünften Rang in der U27-Meisterschaft erreichen konnte.

"Wir sind schnell, motiviert, und wir haben mit Sparrow Racing ein tolles Team im Rücken", sagte Julian Wagner und fügte mit einem Augenzwinkern hinzu: "Letztes Jahr wurden unsere Nachbarn in Tschechien quasi vor den schnellen Österreichern gewarnt, dieses Jahr soll ein Wagner ganz oben am Treppchen der 2WD-Meisterschaft stehen." Für Simon Wagner findet der zweite EM-Lauf im Mai auf den Kanarischen Inseln: "Diese Mal war das Pech vielleicht auf meiner Seite, aber beim nächsten Lauf will ich Julian sicher nicht nachstehen und ebenfalls auf dem Treppchen landen."

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