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"General Motors bedeutet mir viel"

Wayne Brannon ist Geschäftsführer von Chevrolet Europe, er erzählt über die Firma, Europa als Automarkt und die Umbrüche bei GM.

Johannes.Gauglica@motorline.cc

Sie haben bei General Motors ihren gesamten Karriereweg durchlaufen, sind quasi ein "GMer" nach dem alten Schlag – was waren Ihre bisherigen Stationen auf dem Weg zu Chevrolet Europe?

Ich habe im Jahr 1973 bei GM begonnen; im August bin ich 36 Jahre beim Unternehmen. Es war eine interessante Karriere! Ich habe in Detroit begonnen, dann einige Zeit auf verschiedenen Posten innerhalb der USA verbracht, zum Beispiel Washington, DC und andere Gegenden im Großraum von Michigan. 1992 bin ich zum "New Business Development" für Afrika und den Mittleren Osten gewechselt. In diesen Regionen habe ich, von Zürich aus, einige Jahre lang gearbeitet.

In der Folge bin ich für drei Jahre nach Brasilien gezogen, wo ich für strategisches Marketing verantwortlich war. Dann habe ich die Marke Chevrolet für ganz Südamerika übernommen. Danach war ich in Miami, wo ich Verkauf und Marketing für Südamerika, Afrika und den Mittleren Osten geleitet habe. Und dann ging's im Jänner 2006 wieder zurück nach Zürich, um das Europa-Geschäft von Chevy zu übernehmen. Das war die Kurzversion!

GM in Europa, das waren bis vor kurzem drei Einheiten: GM Europe mit Opel, Vauxhall und Saab, Chevrolet Europe und ein unabhängiger Importeur für Corvette und Cadillac. Was genau ist eigentlich Chevy Europe?

Chevrolet Europe ist eine 100-Prozent-Tochter von GM Daewoo Auto & Technology (GMDAT) in Südkorea. Wir haben völlige Autonomie in Planung und Betrieb. Wir haben uns im Lauf der Zeit in einigen administrativen Belangen für eine Zusammenarbeit mit unseren Kollegen von Opel, Vauxhall und Saab entschlossen. Außerdem gibt es einen hohen Überschneidungsgrad bei unseren Vertragshändlern.

Wo muss man suchen, wenn man zu Chevrolet Europe will?

Wir haben unsere Büros in Zürich, dort wohne ich ich seit einigen Jahren. Es ist ein zentraler Standort in Europa, aber man muss natürlich viel reisen.

Wie hat sich die Rolle von Chevrolet Europe im Zusammenspiel der bestehenden und ehemaligen Teilbereiche von GM verändert, und wird sie sich verändern?

Leider hat die Wirtschaftskrise alle Autohersteller sehr hart getroffen. Das bringt für uns die Notwendigkeit mit sich, uns zu überlegen, wie wir weitermachen und uns neu definieren. Saab und Opel haben glücklicherweise einen guten Plan für die Zukunft, und sie haben Partner für eine Zusammenarbeit gefunden. Ich wünsche unseren Saab- und Opel-Kollegen alles Gute, ich bin froh, dass sie am richtigen Weg sind. Und wir halten ihnen die Daumen.

Wir bei Chevrolet sind in einer sehr glücklichen Position. Bei uns läuft alles nach "business as usual". Wir halten heuer unseren Marktanteil, im Mai hatten wir unseren bisher größten Marktanteil. Unsere Geschäftsergebnisse fließen in die von GMDAT ein. Aber sogar im heutigen schwierigen Umfeld sind wir eine sehr erfolgreiche Firma. Das Europa-Business von Chevrolet steht unter keinerlei finanziellem Druck. Daher arbeiten wir weiter wie bisher.

Der Wechsel von Saab und Opel zu ihren neuen Geschäftsmodellen ändert vielleicht die Art, wie wir bei einigen Back-Office-Bereichen zusammenarbeiten und uns Personal teilen. Das wird für die Außenwelt aber völlig unsichtbar vor sich gehen.

Und was, sofern man sich in Zukunft einmal in einer Konkurrenzsituation mit Opel sieht?

Das wird nicht unser Schwerpunkt sein. Wir werden nicht direkt gegen die Mainstream-Marken konkurrieren; wir nehmen unsere Konkurrenz bei den "value brands" ins Visier: also Hyundai, Kia, Seat, Skoda, in einigen Märkten Fiat und Citroen. Darauf haben wir uns immer konzentriert, und dafür sind auch unsere Autos designt und gebaut. Im selben Maß, wie unsere Autos besser werden, ziehen auch Kunden von Mainstream-Marken wie VW, Ford, Renault oder Peugeot unsere Fahrzeuge in Betracht. Das hoffe ich zumindest, und ich glaube, sie sollten es!

Wenn man die Kundenkreise der Marken Opel und Chevrolet untersucht, dann zeigen sich nur extrem geringe Überschneidungen. Sogar andere koreanische Marken interagieren mit Opel-Kunden in größerem Ausmaß als Chevrolet. Und wir sind europaweit bei 1.300 Händlern mit Opel gemeinsam in den Schauräumen! Wir haben die beiden Marken in ihrer Ausrichtung wirklich gut gemanagt, und deshalb glaube ich ehrlich nicht daran, dass wir in Hinkunft miteinander konkurrieren werden.

Wo liegen die Unterschiede zwischen den europäischen Regionen in puncto Produkte und Strategie?

Europa ist, alles zusammengefasst, der größte Markt der Welt. Es ist ein sehr weit entwickelter Markt mit großen regionalen Unterschieden – von den seit recht langer Zeit recht stabilen westeuropäischen Märkten bis nach Zentraleuropa, wo das Autogeschäft in seiner Gesamtheit immer noch wächst, und dann Russland, wo es bis vor sechs oder sieben Monaten noch sehr schnelles Wachstum gegeben hat. Die Verschiedenheit der Anforderungen in Europa macht die Sache sehr interessant.

Dazu kommt die schiere Größe des Marktes: sogar in einem Jahr wie 2009 wird die Autoindustrie 18 Millionen Autos verkaufen. Voriges Jahr war das Gesamtvolumen sogar mit der "Bremse" gegen Ende des Jahres insgesamt 22 Millionen Fahrzeuge, wenn wir Russland einrechnen.

Ein großes Gebiet mit großem Differenzierungsgrad, und ein sehr interessanter Markt – man braucht viele verschiedene Fahrzeugtypen und Antriebe, um diesen Markt gut zu versorgen.

Das macht Europa mehr als alles andere aus. In Südamerika gibt es ebenfalls regionale Unterschiede, aber der gesamte Markt stellt sich homogener dar. Afrika ist, mit Ausnahme von einigen Regionen wie zum Beispiel Südafrika und einigen nordafrikanischen Märkten, immer noch im Aufbau, die Autoindustrie ist dort noch nicht sehr hoch entwickelt.

Der Mittlere Osten ist eine komplett andere Welt mit großer Nachfrage nach den Premium-Fahrzeugen. In Dubai, Saudiarabien und ähnlichen Regionen gibt es wiederum eine wachsende Zahl von zugezogenen Einwohnern mit Nachfrage im Einstiegssektor des Marktes. All diese Märkte sind sich untereinander aber ähnlicher als Europa mit seiner Vielfalt. Für Chevrolet ist das eine große Chance, denn wir haben eine Palette von "value for money"-Fahrzeugen, die vielleicht etwas mehr Premium-Appeal bieten, als man von einer Niedrigpreis-Marke erwartet.

Die Struktur von General Motors in Europa hat sich in den letzten Wochen und Monaten sehr verändert. Die Corvette wurde, ebenso wie die Luxus-Marke Cadillac, von einem unabhängigen Importeur nach Europa gebracht. Den gibt es jetzt nicht mehr. Ist Chevrolet Europe jetzt mit dem Import der Corvette betraut?

Derzeit nicht. Wie wir das in Zukunft machen werden, ist noch nicht klar. Unsere Absicht ist es jedenfalls, den Camaro nach Europa zu bringen. Die Corvette ist natürlich immer noch ein Chevy, wie seit eh und je. Längerfristig wird, was immer wir mit der Corvette machen, wohl über Chevrolet laufen. Momentan ist das nicht meine Priorität, weil das ja nicht unser Geschäftsbereich war. Wir warten also die Entwicklungen dort ab.

Wir konzentrieren uns auf den Camaro, denn wir möchten unser Händlernetzwerk mit einer schlanken Modellpalette versorgen. Damit sie sich auf wenige Modelle konzentrieren können und den Fahrzeugbestand niedrig halten können. Deshalb werden wir uns auf einen coolen Sportwagen im Angebot konzentrieren, und der Camaro ist unsere Priorität. Das wird auch das nächste neue Auto in unserem Angebot.

Vom Blue-Chip-Unternehmen zum Fall fürs Konkursgericht: wie haben Sie persönlich als langjähriger Mitarbeiter des Konzerns die Krise um General Motors und die turbulenten Entwicklungen der letzten Monate empfunden?

GM bedeutet mir viel. Ich habe seit dreieinhalb Jahrzehnten mein Leben in den Dienst dieser Firma gestellt. Wenn dann solche Umbrüche passieren, ist das beileibe kein gutes Gefühl. Als wir vor einigen Wochen die großen Veränderungen bekanntgegeben haben, war es meine Aufgabe, den Geschäftspartnern und Angestellten zu berichten, was sich da tut.

Die Vernunftargumente habe ich natürlich verstanden: General Motors in den USA erfindet sich in Zusammenarbeit mit den Regierungen der USA und Kanadas und den Gewerkschaften der beiden Länder als eine schlankere Firma mit ausgeglichener Bilanz neu. Das ist eine gute Mixtur. Rational betrachtet ist die Aussicht also ermutigend.

In Europa sehen wir dasselbe bei unseren Kollegen von Opel und Saab. Das zahlreiche Interesse an einer Partnerschaft zeigt, dass sie ihre Bedeutung haben. Und Chevrolet Europe ist in guter Verfassung, wir bewegen uns mit anständigem Tempo voran! Direkten Druck fühlen wir nicht.

Aber das Unternehmen, zu dem ich solange gehöre und von dem ich immer erwartet habe, dass es in dieser Form weiterbesteht, musste sich verändern. So etwas ist für die Betroffenen immer schwierig. Wenn man so lange Zeit dabei ist, fühlt sich das unangenehm an. Aber ich bin darüber jetzt hinweg; wir konzentrieren uns auf die Zukunft, und das sollten wir alle stets tun. Ich sage das auch meinen Kindern: euer Glück und eure Chancen im Leben passieren euch nicht, sie kommen aus den Entscheidungen, die Ihr trefft.

Es kann vorkommen, dass man sich eine Reaktion aufgezwungen sieht – das ist jetzt passiert, also muss ich so reagieren. Ich glaube fest daran, dass man aus jeder Situation mit seinen eigenen Entscheidungen das Beste herausholen kann.

Teil 2 unseres Gespräches folgt demnächst!

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