Antriebe der Zukunft: Teil 1 | 19.10.2004
Schwere Zeiten für den Verbrennungsmotor
Auf den Verbrennungs-Motor kommen harte Zeiten zu, die Fortschritte der vergangenen Jahre reichen nicht aus, um künftige Grenzwerte zu erfüllen.
mid/mh
Trotz Hybrid und Brennstoffzelle: Gegenwart und Zukunft des Fahrzeugantriebs werden auf absehbare Zeit weiter vom Verbrennungsmotor bestimmt. Sowohl Otto- als auch Dieselmotoren haben in den vergangenen zehn Jahren beträchtliche Fortschritte im Hinblick auf Verbrauch und Schadstoffausstoß gemacht. Doch das reicht nicht. Weitere technische Innovationen müssen her, wenn künftige Abgasgrenzwerte erreicht werden sollen.
Bis 2008 wollen die im Herstellerverband ACEA zusammengeschlossenen europäischen Autobauer den CO2-Ausstoß ihrer Neufahrzeuge auf durchschnittlich 140 Gramm pro Kilometer verringern. Das entspricht einem Durchschnittsverbrauch von 5,3 Litern Diesel beziehungsweise 5,8 Litern Benzin auf 100 Kilometern. Doch diese Zusage gegenüber der EU-Kommission geschah im Rahmen einer freiwilligen Selbstverpflichtung; sollte der Wert verfehlt werden, drohen keinerlei Sanktionen. Worüber die Hersteller recht glücklich sein dürften, denn derzeit erscheint das Ziel nur schwer erreichbar.
In den ersten acht Jahren seit dieser Zusage, von 1995 bis 2003, sanken die CO2-Emissionen pro Fahrzeug nämlich lediglich von 186 g/km auf 170 g/km. Und dieser Effekt geht in erster Linie auf den sparsamer und sauberer gewordenen Diesel und dessen steigenden Marktanteil zurück. In Westeuropa waren im vergangenen Jahr 44 Prozent aller neuen Pkw Dieselfahrzeuge.
Doch auch der Benziner muss künftig weniger Kraftstoff verbrauchen und weniger Kohlendioxid in die Luft entlassen, wenn die Grenzwerte eingehalten werden sollen. Die Einsparungen der vergangenen Jahre wurden durch mehr Motorleistung, den Trend zu SUV und Vans sowie durch zusätzliche Komfortausstattungen, die das Fahrzeuggewicht erhöhen, größtenteils wieder aufgefressen.
Die Autohersteller setzen beim Ottomotor auf unterschiedliche Konzepte. BMW hat beispielsweise mit der vollvariablen Ventilsteuerung Valvetronic Verbrauchsvorteile erzielt. In Abhängigkeit vom Lastbereich, also je nachdem, ob mehr oder weniger Gas gegeben wird, arbeitet das System mit größeren oder kleineren Ventilhüben, die für eine feine Zerstäubung des Kraftstoffgemischs und eine bedarfsgerechte Menge an Sprit sorgen. Opel setzt in einigen Fahrzeugen Twinport-Motoren ein, bei denen die eine Hälfte des Ansaugkanals im Teillastbetrieb abgeschaltet wird: Es gelangt ein magereres Benzingemisch in den Verbrennungsraum, der Verbrauch sinkt.
Doch mit diesen und vergleichbaren Systemen anderer Hersteller wird in der Regel eine Spritersparnis von maximal sechs Prozent erreicht. Zu wenig, um den Otto fit für die Zukunft zu machen. Der vielversprechendste Weg ist nach vorherrschender Expertenmeinung die Benzindirekteinspritzung.
Analog zu modernen Dieselmotoren wird der Kraftstoff direkt in den Brennraum gespritzt; je nach Lastbereich kann das Gemisch in seiner Dichte genau dosiert werden. Dies führt unter Teillast zu teils erheblichen Einsparungen, die in den bisher bekannten Systemen allerdings bei höheren Drehzahlen und unter Volllast wieder aufgehoben werden. Zu den gängigen Systemen zählen etwa die FSI-Technik des Volkswagen-Konzerns, der CGI-Motor von Mercedes-Benz und der SCI von Ford.
Zulieferer wie Bosch und Siemens VDO entwickeln derzeit eine neue Generation der Benzindirekteinspritzung. Dabei kommen die bereits aus der Dieseltechnologie bekannten Piezo-Injektoren zum Einsatz. Sie arbeiten mit einem sehr hohen Druck von bis zu 200 bar und können den Sprit dadurch besonders fein zerstäuben. Der Kraftstoff wird außerdem genau vor der Zündkerze eingespritzt, was eine geringere Menge an Sprit erforderlich macht. Der Serieneinsatz des Systems ist für 2006 geplant.
Der Diesel hat seinen größten Entwicklungssprung mit der Einführung des Common-Rail-Systems beziehungsweise des Pumpe-Düse-Verfahrens Ende der 90er Jahre schon hinter sich. Die sehr hohen Einspritzdrücke sorgen für eine sparsame Gemischaufbereitung und weniger Abgase. Nach langem Hin und Her ist außerdem eine Lösung für die Partikel-Problematik in Sicht. Der Vorreiterrolle des französischen PSA-Konzerns (Peugeot/Citroen) folgend, haben die deutschen Autohersteller zugesichert, bis 2008 alle Neufahrzeuge mit Rußfiltern auszurüsten.
Ein Problem bereiten dem Selbstzünder dagegen immer noch die Stickoxid-Emissionen, zumal sie durch die Verbrennung der Partikelrückstände im Filter zeitweise noch erhöht werden. Hier hat Toyota mit dem so genannten DPNR-Katalysator im Avensis eine Lösung vorgelegt, die Schule machen dürfte. Denn der Keramik-Kat, der mit Nacheinspritzung und Niedrig-Temperatur-Verbrennung arbeitet, reduziert sowohl die Rußpartikel als auch die Stickoxide im Abgas und unterschreitet das Niveau der für die Euro-5-Norm im Jahr 2010 zu erwartenden Grenzwerte.
Sowohl für Otto- als auch für Dieselmotoren ist außerdem der zunehmende Einbau von Start-Stopp-Generatoren zu erwarten, wie sie der Drei-Liter-Lupo von VW einsetzt. Die Automatik schaltet den Motor beim Halten vor der Ampel und im Stau ab und startet ihn erneut beim Tritt auf das Gaspedal. Citroen testet demnächst mit einem entsprechend ausgerüsteten C3 das Kundeninteresse, nachdem der Golf Ecomatic vor elf Jahren wegen mangelnder Nachfrage gescheitert war.
Auch Hyundai und Ford spielen mit dem Gedanken, ihre Kleinwagen Getz und Fiesta mit der Technik auszustatten, die im Stadtverkehr bis zu zehn Prozent Spritersparnis bringen soll. Zudem kann beispielsweise das in einem Fiesta-Concept-Car vorgestellte System - wie beim Toyota-Hybrid aus kombiniertem Elektro- und Benzinmotor - die beim Bremsen gewonnene Energie speichern und etwa zum Aufladen der Batterie verwenden.
Den zweiten Teil der Serie finden Sie in der rechten Navigation, dort geht es um Hybrid-Konzepte und Wasserstoff-Träume.