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Das Ende von Saab - Ein Nachruf

Hej då Saab

Nun ist es also fix, nach Monaten zwischen Hoffen und Bangen ist das Ende des schwedischen Autoherstellers Saab nach 64 Jahren endgültig besiegelt.

mid/tl

In Trollhättan, einer Stadt im Südwesten Schwedens, fällt Weihnachten in diesem Jahr traurig aus. Der Autohersteller Saab, größter Arbeitgeber am Ort, meldet endgültig Insolvenz an. "Hej då Saab!" müssen die Schweden nun sagen. "Auf Wiedersehen Saab!" ? Ein Nachruf.

Das Ende war eine Qual. Die rund 3.500 Mitarbeiter warten seit Ende November auf ihre Gehälter. Zulieferer auf Millionen. Seit dem Frühjahr ruhten die Bänder. Saab, der immer etwas andere Autobauer aus Schweden ist nun endgültig Autogeschichte.

Dass nach 64 Jahren vielleicht doch noch die Wende kommen sollte, durch chinesische Unternehmen, die Namen tragen wie "Youngman" oder "Pang da", war mehr verzweifeltes Wunschdenken als solide Option.

Saab war immer mehr als irgendein schwedisches Unternehmen. Mit seinen unverwechselbaren und immer auch eigenwilligen Automobilen hatte der Autobauer über Jahrzehnten nicht zuletzt die Rolle eines Botschafters und Imageträgers für das skandinavische Land übernommen.

Saab symbolisiert die neutrale nordische Nation wie ihr König mit seiner deutschen Gattin, Knäckebrot, Ikea oder Pipi Langstrumpf und ihre Schöpferin Astrid Lindgren (1907 - 2002). Und natürlich wollen wir in diesem Zusammenhang auch die Pop-Gruppe Abba nicht vergessen.

Saab, das die Schweden wie "Soob" aussprechen, entstand 1937 als Flugzeugbauer. Trotz ihrer Neutralität wollten die Schweden mit einer schlagkräftigen Luftwaffe bereit stehen, sollten die Nazis ihren völkerrechtlichen Status ignorieren.

Nach dem Krieg verkam die Nachfrage nach Kampfflugzeugen rapide. Der Fahrzeugbau sollte ein zweites Standbein für die "Svenska Aeroplan Aktie Bolaget" ("Schwedische Flugzeug AG") bilden. 1945 gingen die Entwickler an den Start. 1947 präsentierten sie ein erstaunliches Auto.

Der Flugzeughersteller hatte eine konsequent aerodynamisch ausgeformte Karosserie geschaffen. Die erlaubte standesgemäße Fahrleistungen trotz eines einfachen kleinen Motors. Saab setzte nach dem Vorbild von DKW auf Zweitakter.

Der Erfolg stellte sich für die junge Marke schnell ein. Doch es sollte nie für ausreichendes Wachstum genügen. Ein Wachstum, das dem Hersteller die erforderliche Größe verleihen konnte, die notwendig gewesen wäre, um nicht nur neue unverwechselbare Formen entwickeln zu können, sondern auch erfolgreiche Antriebe.

Unter die runden Hauben der Fronttriebler zogen immer zugekaufte Motoren ein. Warum die Verantwortlichen dabei stets auf Aggregate setzten, die nicht allzu viel taugten, wird wohl auf ewig ein Geheimnis bleiben.

Nach dem Ende der Zweitakter in den 60er Jahren kaufte Saab bei Ford in Köln V4-Motoren, die lahm, laut und durstig waren und somit am Rhein nur eine Episode blieben. Danach folgte der Griff ins Regal beim bereits siechen englischen Hersteller Triumph.

Tapfer feilten die schwedischen Ingenieure jahrzehntelang an dem Vierzylinder mit 1,85 Liter Hubraum herum, adelten ihn in Verbindung mit einem Turbolader 1977 gar zur 145 PS starken Ikone der Sportlimousinen-Zunft. Doch auch das war zu wenig.

Die Idee, zu Beginn der 80er Jahre mit Fiat, Alfa Romeo und Lancia gemeinsam eine Limousine der Oberklasse zu entwickeln, blieb die vielleicht größte Fehlentscheidung in Trollhättan. Somit war das Ende von Saab bereits 1990 erstmals in Sicht.

Die Rettung kam aus den Vereinigten Staaten. General Motors übernahm Stück für Stück die Anteile der Autosparte von den erfolgreichen Flugzeugbauern. Doch die neuen Herren aus Detroit waren nicht in der Lage, Saab zu begreifen.

Sie verstiegen sich zum Irrglauben, die verschworenen Fans der Marke würden es akzeptieren, wenn unter Saab-typischen Blechkleidern sicher eine solide, aber frei von Sexappeal agierende Technik eines Opel Vectra einzog.

Diese Geschäftsidee versagte den Verantwortlichen jeglichen Erfolg. Im verzweifelten Bemühen, Saab zum überlebensfähigen Vollsortimenter auszubauen, scheute GM selbst davor nicht zurück, einen Chevrolet Blazer zum Saab 9-7X umzulabeln oder einen Subaru Impreza zum 9-2X. Damit die Schweden einen großen SUV und ein Auto in der Golf-Klasse anbieten konnten.

Mit den Problemen, die GM im neuen Jahrtausend erfassten, sank auch endgültig der Stern von Saab. 2009 trennten sich die Amerikaner im Rahmen ihrer eigenen Insolvenz von der nordischen Tochter wie Urlauber von einem unbotmäßigen Welpen am Rande einer Autobahnraststätte.

Zwei Jahre lang balgten sich noch Spekulanten aus Holland, Russland und China um die Reste der Marke. Ohne Konzept, ohne Kompetenz und vor allem ohne Kapital. Darum bleibt leider nur noch zu sagen: "Hej då Soob!"

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