AUTOWELT

  • Motorline auf Facebook
  • Motorline auf Twitter

Focus Pokus

Wir nehmen uns den brandneuen Ford Focus mit steuerschonenden, aber kräftigen 120 Diesel-PS samt neuer Achtgang-Automatik zum Test vor.

Bernhard Reichel

Nach 20 Jahren und gut 16 Millionen gebauten Exemplaren rollte dieses Jahr der völlig neue Ford Focus in bereits vierter Generation zu den Händlern, dem Trend entsprechend ausschließlich als Fünftürer.

Die Ausstattungs-Spreizung ist so groß wie noch nie: Besonders edel fährt man im neuen Vignale. Wer den Crossover-Stil mag, kann erstmalig zur Hochbauvariante Active greifen. Und im getesteten sportlichen ST-Line kommt das neue Design besonders gut zur Geltung - es wirkt wie aus einem Guss.

Die zahlreichen Experimente des Vorgängers sind verschwunden. Die Seiten- und Fensterlinie wirkt wie ein sprungbereites Raubtier. Das Heck wird durch zweigeteilten LED-Heckleuchten geprägt, welche so auch mehr Ladebreite ermöglichen. In der Länge wuchs der neue Ford Focus um zwei Zentimeter, wurde aber um eine Daumenbreite flacher. Mehr Effekt bringt der um fünf Zentimeter längere Radstand, der nicht nur kürzere und knackigere Überhänge, sondern auch mehr Platz im Innenraum bedeutet.

Auch das Design im Inneren unterscheidet sich merklich von jenem des Vorgängers - durch einen deutlich ruhigeren und neutraleren Auftritt. Ford hat sich erfreulicherweise dem kostensparenden Trend widersetzen können, sämtliche Funktionen in Untermenüs zu verbannen. Sogar für die Klangeinstellung gibt es eine eigene Taste. Obendrein sind alle Schalter hinterleuchtet. Außerdem nimmt das Lenkrad nun noch mehr Funktionen auf.

Wie sonst nur bei den noblen Briten verwaltet man das Getriebe nunmehr mittels Drehrad auf der Mittelkonsole. Wer will, kann die Gänge per Wippen am Lenkrad schalten. Erstmals gibt es optional ein Head-up-Display. Die gesamte Bedienung ist logisch und intuitiv. Allein die digitale Zeitanzeige zeigt sich nur im Hauptmenü.

In Reihe zwei gibt es spürbar mehr Bein- und Kniefreiheit als im Vorgänger, die Kopffreiheit wuchs ebenfalls. Um 25 Liter auf nun 341 Liter vergrößerte sich der Kofferraum. Bei umgeklappter Rücksitzbank warten sogar 1.354 Liter auf Beladung. Praktisch: One-Touch-Fensterheber auf allen Plätzen, sowie schlüsselloser Zugang an allen Türen.

Ordentlich vorgelegt hat Ford bei den Assistenzsystemen. Hier zeigt man klar, dass es in Richtung autonomes Fahren geht. Der Stau-Assistent bremst nicht nur artig bis zum Stillstand ab, sondern fährt auch wieder selbstständig an und dem Vordermann hinterher.

Sollte eine Vollbremsung nicht mehr ausreichen, beispielsweise, wenn man geschnitten wird, so weicht der Focus zusätzlich aus. Auch vor Geisterfahrten wird gewarnt. Verantwortlich dafür ist eine ausgefeilte Kameratechnik, die Fahrbahnränder anhand von feinsten Helligkeitsunterschieden erkennt, und deshalb nicht auf Markierungsstreifen angewiesen ist. Auch das Kurvenlicht scheint kamerabasiert früher ums Eck, weil es nicht erst auf den Lenkeinschlag warten muss.

Unter der Haube stecken benzinerseitig aufgeladene Dreizylinder mit bis zu 182 PS. Die Dieselmotoren setzen auf vier Töpfe und 1,5 Liter Hubraum mit 95 und 120 PS. Die Abgase werden hier per zwei hintereinander geschalteten Stickoxid-Katalysatoren nachbehandelt. Harnstoff-Nachfüllen via AdBlue kann man sich sparen. Nur der große Zweiliter-Diesel mit 150 PS benötigt den Zusatzstoff. Den neuesten und strengsten Abgasgrenzwert Euro 6d-TEMP erfüllen alle.

Unser 120 PS starker 1,5-Liter-Diesel spurtet in 10,2 Sekunden auf Tempo 100 und erreicht 193 km/h Höchstgeschwindigkeit. Seine 300 Newtonmeter sind keine Kleinigkeit, entsprechend souverän ist der Durchzug. Wer mit Abblendlicht am Tag fahren will, muss dieses nach jedem Motorstart neu aktivieren. Tut man das nicht, gleitet die Einstellung mit dem Start automatisch auf Lichtautomatik zurück. Die Sitz- und Lenkradheizungseinstellungen der letzten Fahrt bleiben hingegen gespeichert und werden bei einem Neustart wieder aktiv.

Im Kaltlauf nagelt das Triebwerk hörbar, warmgelaufen ist es hingegen sehr zivilisiert und merklich leiser. Im unteren Drehzahlbereich fühlt sich der Diesel dank seiner Durchzugsstärke sehr wohl.

Kraft gibt es im Grunde mehr als man vermuten würde, vor allem im Sportmodus. Hier wird auch die Lenkung angenehm schwergängiger. Diese agiert sehr gefühlsecht, außerdem liegt das dick gepolsterte Lenkrad gut in der Hand.

Dass das Fahrwerk nun in den unteren Motorisierungen auf die bewährte Mehrlenker-Hinterachse verzichtet (zugusten einer günstigeren Verbundlenkerachse), ist kaum zu bemerken. Top blieben auch die Bremsen. Die Achtgang-Wandlerautomatik schaltet eher gemütlich, dafür aber sehr komfortabel.

Die Sicht nach schräg hinten ist - wie bei allen modernen Autos - eingeschränkt, doch die Rückfahrkamera und der praktische Querverkehrsassistent sorgen effektiv für Abhilfe. Mit den im Test erzielten 5,5 Litern Realverbrauch (Normverbrauchs-Angabe: 4,4 Liter) kann man ebenso zufrieden sein.

Unsere getestete ST-Line kostet 29.700 Euro. Wer lieber selbst schatet, spart 2.150 Euro. Die Ausstattung ist üppig: Sportsitze vorne mit Ziernähten, Lederlenkrad mit Schaltwippen, Navigationssystem mit 8 Zoll Farbdisplay, Head-up-Display, Spurhalteassistent, Auffahrwarner, LED-Tagfahrlicht und Nebelscheinwerfer mit Abbiegelicht, Lichtautomatik, Tempomat, Einparkhilfe vorne und hinten und vieles mehr.

Für noch mehr Komfort bietet Ford etliche Zusatzpakete an. Das „Komfort Paket 2“ für 550 Euro enthält Keyless-System, automatisch abblendenden Innenspiegel, Klimaautomatik und Regensensor. Das „Park Paket“ für 500 Euro bietet Rückfahrkamera, Türkantenschutz und einen aktiven Park-Assistenten. Definitiv eine gute Investition ist auch das „Winter Paket“ für 400 Euro, mit dem man sich Sitzheizung vorne, Frontscheiben- und Lenkradheizung ins Auto holt.

Plus
+ intuitive Bedienung
+ angenehmer Fahrkomfort
+ gute Fahrleistungen
+ niedriger Verbrauch
+ fairer Preis
+ gelungenes Design

Minus
- Rückfahrkamerabild bei Nacht schlecht sichtbar
- Der Focus mag kein „Licht am Tag“
- Digitale Zeitanzeige nur im Hauptmenü sichtbar

Resümee
Wirklich schlecht war schon der Vorgänger nicht, die Messlatte hat sich Ford also selbst hochgelegt - und trotzdem übersprungen. Zudem hat der neue Focus auch optisch einen großen Sprung gemacht. Mehr Platz gibt es innen, Die Bedienung wurde vereinfacht, die Motoren sind sparsamer und sauberer. Gut möglich, dass man damit im Golfturnier als Sieger hervorgeht.

News aus anderen Motorline-Channels:

Weitere Artikel:

Subaru Crosstrek im Test

Robustes Einstiegsmodell der Allradmarke

Mit dem Übergang von XV zu Crosstrek fällt der günstige Benziner weg. Doch auch mit dem e-Boxer bleibt das SUV der günstigste Subaru am Markt.

Der wahre Nachfolger des Megane

Das ist der neue Renault Symbioz

So futuristisch der Name klingen mag – mit dem Symbioz möchte man bei Renault vor allem klassische Kundschaften ansprechen. Nicht nur mit schlauem Raumkonzept, sondern auch allgemein verträglicher Motorisierung.

Lexus LBX – schon gefahren

Luxuriöser Einsteiger für Aufsteiger

Ein gewöhnlicher B-Crossover passt nicht mehr zur dienstlichen Position? Dann bietet Lexus mit dem LBX künftig das Passende. Das kleinste Modell der Japaner liefert gewohntes Premium-Flair.

Vor allem der Benziner könnte preislich interessant werden

Omoda: Crossover-SUV Omoda 5 kommt nach Österreich

Für den Start auf dem österreichischen Markt bringtg Omoda ihr SUV-Modell 5. Den Anfang macht im ersten Halbjahr 2024 die Benziner-Variante, Hybrid und BEV folgen kurz darauf. Besonders erstaunlich: die Preise, die bei 26.000 Euro starten sollen.

Diesel um 1,169 Euro? Ein Fehler!

Billigdiesel führt zu Ansturm auf Tankstelle

Am 29. Jänner fuhren zahlreiche Diesellenker nach Horn zum Spritsparen. Eine Tankstelle hatte einen fehlerhaften Preis ausgewiesen – erst am 30. Jänner in der Früh wurde der Lapsus bemerkt. Glück gehabt: Zurückzahlen müssen die Glücklichen die Differenz nicht.