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König der Kleinwagen – Teil 2

Die Story geht weiter: Von den Erfolgen der 1960er, der Dominanz in den kleinen Klassen, bis zum Ende der unabhängigen Marke.

KR Franz Steinbacher; Bilder: Archiv Steinbacher

Wien Aspern entwickelte sich immer mehr zur Lieblingsstrecke von Carlo Abarth; und so war es denn auch nicht verwunderlich, dass die Weltpremiere von Abarths Formel-2 Monoposto im April 1964 in Wien stattfand.

Hans Herrmann steuerte den von Mario Colucci konstruierten Gitterrohrrahmen-Boliden mit einem 998ccm großen DOHC-Vierzylinder mit 120 PS bei 9500 U/min auf Anhieb auf den 4. Platz. Später wurde dieses Projekt aber leider wieder fallengelassen, Chassis SE03 wurde zu einem Formel 3 umgebaut.

V12

Am 2. März 1967 erschien in der angesehenen „Auto-Italiana“ erstmals ein Bericht über den neuen Abarth Prototyp, hausintern T 140 genannt. Das Konzept für den T 140 stammte noch aus dem Jahr davor, doch über den Winter war man mit der Arbeit gut vorangekommen.

Das Projekt sollte in der Folge zum größten und ehrgeizigsten aller je am Corso Marche projektierten Automobile werden. Ein Prototyp mit einem 6-Liter 120°V-12 Zylinder Motor mit geplanten 610 PS bei 6700 U/min.

Beim allerersten Testlauf auf dem Prüfstand,am 18.Februar 1967 erreichte der Motor auf Anhieb 600 PS bei 6800 U/min. Das Modell des T 140 sah beeindruckend aus, und Carlo Abarth persönlich, verfolgte sämtliche Entwicklungsstufen.

Im Werk war man fest davon überzeugt, die letzten Rennen der Saison 1967 als Probegalopp für den T 140 zu nutzen. Doch dann kam das böse Erwachen: nach den 24 Stunden von Le Mans am 10./11.Juni begrenzte die FIA den Hubraum der Prototypen auf 3 Liter, was bei Abarth den sofortigen Stop des Projektes bedeutete.

Rennwagen en gros

Für 1968 bestand das Abarth-Werksteam aus Merzario, Schetty, Ortner, Hezemans, Goedemans und Williams. Am 7. April gab es zum Einstand des neuen 2000-Sportprototypen beim Ampus-Bergrennen in Frankreich einen grandiosen Einstandssieg.

Beim 500km-Rennen in Snetterton gewannen Hezemans/Goedemans gegen die gesamte englische Konkurrenz und fuhren einen überlegenen Sieg ein. Beim Bergrennen Bologna-Raticosa siegte Ortner vor Schetty und verbesserte den Streckenrekord um mehr als eine Minute!

Am 6. Oktober beim Donaupokal-Rennen in Wien-Aspern, gab es die große Premiere für den neuen 3-Liter-V8-Wagen der Gruppe 7, den Fiat Abarth „3000 Sport Spider“.

Am 5. März 1970 kam es dann am „Campo Volo“, unmittelbar neben der Fabrik am Corso Marche, zum großen „Show Down“, Abarth ließ alle Modelle, mit denen er in der Saison 1970 Rennen bestreiten wollte, in Reih und Glied für die gesamte nationale und internationale Presse auffädeln, angefangen vom Fiat Abarth "3000 Prototipo" bis hin zum "595SS" Corsa. Das Bild war wohl kaum weniger prächtig als auf diesem "Familienfoto" aus dem Jahr 1996.

1970: Erfolg und Umbruch

Die Rennsaison 1970 wurde das Jahr des Johannes Ortner, aber auch das Jahr des Carlo Abarth. Ortner siegte am Mont Ventoux und am Dobratsch; bei den restlichen Läufen platzierte er sich jeweils so gut, dass er am Ende der Saison mit 64 Punkten den Europameisterschafts-Titel in der Tasche hatte.

Die Saison 1970 brachte für Abarth insgesamt 790 Siege in den unterschiedlichsten Kategorien. Dennoch schrillten am Ende der Saison am Corso Marche die Alarmglocken, denn immer mehr Hersteller drängten nun auch in jene Klassen, in denen man jahrelang von Sieg zu Sieg eilte.

Für die Saison 1971 stand das Flaggschiff, der neue Fiat Abarth 3000 Prototipo (SE 020) mit neuem Fahrwerk und neuer Karosserie zur Verfügung. Der Motor hatte über den Winter eine Radikalkur überstanden und leistete mit den neuen Doppelnocken-Zylinderköpfen, Lucas-Einspritzung und Dinoplex-Zündung mittlerweile 365 PS.

Abarths Ende

Trotz aller Erfolge ging die Saison 1971 für Abarth mit 344 Siegen, dem europäischen Bergtitel und einem Titel in der Tourenwagen-Europameisterschaft viel zu früh zu Ende. In den letzten beiden Monaten bestritt das Werk nur noch wenige Rennen.

Die Abarth-Rennabteilung wurde aufgelöst und übersiedelte ab dem Spätsommer Zug um Zug in die kleine Werkstätte von Enzo Osella. Mit übersiedelt wurden die beeindruckende Rennwagen-Flotte von zwei 3000 Prototipi, sechs Zweiliter Sport und 10/1000 SP, dazu Technik-Chef Antonio Tomaini und ein gutes Dutzend Techniker und Mechaniker.

Obwohl die Meldung erst per Mitte Oktober publiziert wurde, hatte der Fiat-Konzern bereits Mitte August die gesamte Firma Abarth u. Co. übernommen.

Carlo Abarths Boliden waren über viele Jahre, beginnend mit dem 15. April 1949 bis einschließlich Sommer 1971, tausendfach in fast allen Rennklassen siegreich. Unter dem „Kommando“ von Fiat siegten Autos mit dem Abarth-Emblem dann noch bis zum Jahr 1979 in den unterschiedlichsten Kategorien.

Carlo Abarth hat sich nach dem Verkauf seines Lebenswerkes 1971 in seine Heimatstadt Wien zurückgezogen, wo er am 23. Oktober 1979, für immer von uns gegangen ist. Zurückgeblieben sind tausende Rennsiege auf allen Pisten dieser Welt und ein Name, der für alle Zeiten, mit dem Rennsport verbunden bleibt.

Heute plant Fiat mit einzigartigen Automobilen ganz in Stile des Carlo Abarth ein grandioses Comeback für die Marke mit dem Skorpion im Logo.

Zum Autor: Franz Steinbacher war von Herbst 1962 bis Ende 1967 (mit einer Unterbrechung 1965 zwecks Ableistung des Militärdienstes) bei Abarth am Turiner Corso Marche 38 als Renn-Mechaniker beschäftigt. Auf persönlichen Wunsch von Signor Abarth durchlief er - vor allem während der rennlosen Wintermonate - angefangen vom Motoren- und Getriebebau bis hin zum Leistungsprüfstand praktisch alle Spezial-Abteilungen der Turiner Edelschmiede.

Während seiner Jahre in der Rennabteilung, gerne auch die goldenen Sechzigerjahre genannt, wurden bei Abarth insgesamt 5 Weltrekorde, 112 internationale Rekorde, 5 Gran Turismo WM-Titel, 2 europäische Tourenwagen-Titel und jede Menge nationale Meistertitel errungen.

Heute betreibt Franz Steinbacher gemeinsam mit seiner Frau Riki, einer ehemaligen Castrol Werbe- und Presse-Lady, ein Sachverständigen-Büro in Wien, mit Spezialisierung auf den nationalen und internationalen Oldtimerbereich und, wie könnte es bei dieser Vergangenheit auch anders sein, mit einem großen Schwerpunkt auf die Rennsportwagen der Nachkriegszeit.

Seit knapp 20 Jahren publiziert Franz Steinbacher auch regelmäßig in einschlägigen Motor-Magazinen zum Thema “Beurteilung und Bewertung von historischen Fahrzeugen”.

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