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Nackte Kanone

Yamaha liefert mit der MT-10 einen martialischen Auftritt: Aggressives Design trifft auf Spitzentechnik. Und das zum vertretbaren Preis.

Thilo Kozik/mid

Recht lang hat es gedauert, doch jetzt kommt endlich das Flaggschiff der beliebten Yamaha MT-Baureihe: Nach MT-07, MT-09 und MT-03 bringen die Stimmgabel-Japaner die vom Supersportler YZF-R1 abgeleitete MT-10.

Wie es sich für eine solche Wuchtbrumme gehört, tritt sie kraftstrotzend, aggressiv, und auf jeden Fall höchst individuell auf - eine MT-10 erkennt man zwischen hunderten anderen Motorrädern auf Anhieb.

Das hat sie ihrer kantigen, im Techno-Look gehaltenen Silhouette zu verdanken, doch mehr noch der polarisierenden Front. Die Scheinwerfer wie Augen, der mittige Lufteinlass als Nase und die zweiteilige Instrumentenabdeckung wie Augenbrauen - das erinnert an die Transformers. Das Ziel der Entwickler, Eigenständigkeit über eine radikale Optik zu kreieren, darf als erreicht angesehen werden.

Angesichts dieser Auslegung überrascht das vergleichsweise angenehme Ambiente, mit dem die MT-10 ihren Piloten empfängt. Locker-lässig sitzt es sich in moderaten 82,5 Zentimeter Höhe, das Polster ist ausreichend dick und der Oberkörper wie bei dieser Art Motorrad üblich leicht nach vorn an die konische Alu-Lenkstange vorgebeugt - die aber nicht allzu tief montiert ist. So alltagstauglich der Fahrerplatz ausfällt, so untauglich sieht es hinten aus: Der Soziusplatz taugt maximal für eine Hecktasche oder für Kleinwüchsige.

Im Blick liegt ein monochromes LCD-Display, dessen Infos sich gut ablesen lassen. Lediglich die Drehzahl gibt sich erst auf den zweiten Blick präzise zu erkennen. Praktisch: Sämtliche Funktionen lassen sich vom Lenker aus bedienen - links regelt man die Traktionskontrolle sowie den serienmäßigen Tempomat, rechts wählt man das Motormapping. Trotz der Vielzahl an Möglichkeiten ist die Bedienung einfach und weitgehend selbsterklärend.

Ein Druck aufs Knöpfchen erweckt den Vierzylinder zum Leben, der im Stand noch leise vor sich hin röchelt. Doch jeder Zupfer am Gasgriff legt den wahren Charakter dieses Kraftprotzes frei, der dank Crossplane-Technologie im Vorbeifahren fast ein wohliges und vor allem volltönendes Knurren abgibt - nicht nur die Optik, auch der Sound der MT-10 ist absolut einzigartig.

Zwar stammt das Aggregat aus der R1, doch gegenüber dem Supersportler haben die Produktplaner auf viel Rennstrecken-Hightech wie variable Ansaugtrichter oder eine zweite Einspritzdüse verzichtet.

Für den Einsatz im Alltag bekam die Kurbelwelle mehr Schwungmasse, rund 40 Prozent der Motorinnereien sind neu, die meisten Modifikationen hat der Zylinderkopf erfahren.

Dabei bleiben unterm Strich immer noch stramme 160 PS Maximalleistung übrig, das druckvolle Drehmoment von 111 Newtonmeter ist unverändert, liegt sogar deutlich früher, nämlich bei 9.000 Touren an.

Zur Domestizierung stehen drei Mappings zur Verfügung, die aber allesamt die volle Leistung bieten: "Standard" ist vergleichsweise zahm und passt für nahezu alle Einsatzzwecke, bei "A" entdeckt der Antrieb seine feurige Seite und lässt das den Piloten mit deutlichen Lastwechseln spüren. Bei "B" reagiert das Aggregat extrem giftig - das ist nix für die Landstraße.

Im Modus A schiebt die Fuhre aus der Ecke prächtig voran, wobei die MT-10 unter 4000/min mit gebremstem Schaum zur Sache geht. Ab dieser Marke gibt es verwertbares Drehmoment, und ab 6000 Touren zeigt sich die Yamaha zunehmend feurig und drehzahlgierig bis in den Begrenzer.

Unverändert wurde das Getriebe aus der R1 übernommen, das bedeutet ziemlich lange untere Gänge, und auch die knochige Bedienung kennt man schon vom Supersportler. Ein Schaltautomat - im Zubehör zu bekommen - wäre dienlich.

Immerhin erleichtert die Anti-Hopping-Kupplung mit leichten Bedienkräften die Schaltvorgänge. Ebenso willkommen ist die dreistufige Traktionskontrolle, die beim Angasen in Schräglage ungesunde Drehmomentspitzen eher hemdsärmelig wegfiltert.

Wie das Getriebe stammen Rahmen und Schwinge weitgehend von der R1, um die Stabilität braucht man sich also keine Sorgen zu machen. An der Front arbeitet eine 4,3 Zentimeter starke, einstellbare USD-Gabel, deren Justierungen oben auf den Standrohren vorgenommen werden.

Hinten werkt ein ebenfalls einstellbares Federbein, dass eher straff abgestimmt ist. So macht es einem die MT-10 vom Fleck weg leicht, auch auf kurvigen Landstraßen schnell unterwegs zu sein. Im Basis-Setup taugt die Abstimmung für einen breiten Einsatzbereich.

Schwungvoll lässt sich das Bike von einer Schräglage in die andere umlegen, ihr prima austariertes Fahrwerk garantiert höchsten ambitionierten Kurvengenuss. Doch so stabil die Yamaha auch durch die Ecken fegt, extrem handlich ist sie nicht.

Das Fahrwerkspaket komplett machen ordentlich zupackende Bremsen, die mit einem guten Druckpunkt für einwandfreie Verzögerung stehen, das ABS sichert scharfe Bremsvorgänge ab.

Yamahas MT-10 hat von Anfang an den Nerv ambitionierter Zweiradfahrer getroffen, der krasse Aufschlag mit polarisierender Front und die technische Ableitung vom Supersportler YZF-R1 haben dafür gesorgt. Und der Preis - in Österreich vertretbare 15.999 Euro, in Deutschland gar humane 12.995 Euro - dient der Attraktivität der schrägen Yamaha zusätzlich.

Technische Daten Yamaha MT-10

Landstraßenmotorrad mit flüssigkeitsgekühltem Reihen-Vierzylinder-Viertakt-Motor, vier Ventile je Zylinder, Hubraum: 998 ccm, Bohrung x Hub: 79,0 x 50,9 mm, max. Leistung: 118 kW/160 PS bei 11.500/min, max. Drehmoment: 111 Nm bei 11.500/min, elektronische Kraftstoffeinspritzung, geregelter Katalysator, Sechsgang-Getriebe, Kettenantrieb, Leichtmetall-Brückenrahmen, Upside-Down-Teleskopgabel, Leichtmetall-Zweiarmschwinge mit angelenktem Zentralfederbein, zwei Scheibenbremsen vorn, eine hinten, ABS, Reifen vorn: 120/70 ZR 17, hinten: 190/55 ZR 17, Sitzhöhe: 825 mm, Tankinhalt: 17,0 l, Leergewicht: 210 kg, Zuladung: 170 kg.
Österreich-Preis: ab 15.999 Euro (Deutschland: ab 12.995 Euro)

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