Honda Shadow 750 – im Test | 29.06.2004
Fahrbericht
Text: Kurt Stocker, Fotos: Haliklik
Der massive 52° V2 springt auf Knopfdruck an und braucht auch in diesem Polarsommer kaum Choke. Der Sound aus dem mächtigen 2-in-1-Chromrohr ist wohl moduliert. Gang rein und los geht's. Die Kraftübertragung erfolgt über einen gekapselten Kardanantrieb, ein Detail an das man sich durchaus gewöhnen kann. Längst ist Kardan kein Synonym mehr für irgendwelche BMW-Opis, die rechtsaußen am Überholen hindern.
Die Gänge sind wohl sortiert, fünf an der Zahl, und das Drehmoment erlaubt es uns, nicht ständig auf- und abklamüsern zu müssen. Sehr kommod. Subtil klopft der Motor von unten an den breiten bequemen Sattel. Die Hände sind auf dem angenehm breiten Lenker durch eine neuartige Konstruktion vor unangenehmen Vibrationen geschützt.
Honda weiß einfach, was Cruisen heißt. Dem entsprechend fährt sich das Ding auch. Relaxed. Nix zum Sich-drauf-Hängen und im Zwei-Kilo-Bereich Porsches jauken. Eher bei der Kreuzung stehen und die Billy-Idol-Lippe markieren – Rock the Cradle of Love - und dann von unten raus alles stehen lassen. Und beim Jethelm sieht man diese Stilblüte der fast schon vergessenen Mimik vergangener Zeiten auch noch in Cinemascope. Yeah, baby! Schwermetall statt Tupperware. Chrom statt schnellen Pickerl. Und massive Optik statt Zivilstreifen herbrennen müssen.
Cruiserfahren ist in so wie Chopperfahren seinerzeit out war und heute immer noch ist. Okay, forscheres Umlegen ist auch geil, aber auf das musst du verzichten, weil das mag sie nicht wirklich. Da kann sie ganz schön kratzig werden. Aber ist das nicht überall so – versuch' sie forsch umzulegen und sie kratzt. Aber egal.
Wir sind angekommen und trotzdem noch nicht da. Und das wird immer so sein. Denn auch in Österreich gibt es sie, die "Road to Nowhere". Vielleicht nicht so lang, vielleicht nicht so gerade, aber mit all ihren Kurven noch viel geiler als das amerikanische Original. So ist das. Mit der neuen Shadow hast du sie ständig vor Dir oder hinter Dir. Je nachdem, ob für Dich das Glas halb voll oder halb leer ist. Egal wie Du Dich entscheidest, Dein Schatten verlässt Dich nicht. Jeder von uns Bikern hat doch einen. Und manche können auf ihm in den Sonnenuntergang reiten.
So long, Cowboy – und grüss mir den Horizont, wenn du hinkommst.