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Rallye-WM: Irland

Rallyeverrückte Iren freuen sich auf das Gigantenduell

Die vielleicht schwierigste Rallye der Saison steht bevor - in Irland betritt der WRC-Tross Neuland. Beim vorletzten Lauf wird das Duell der WM-Giganten fortgesetzt.

Michael Noir Trawniczek

Irland ist Neuland - die Rallye-Weltmeisterschaft begibt sich am kommenden Wochenende zum dritten Mal in dieser Saison auf "Entdeckungsreise", zuvor wurde in diesem Jahr bereits in Norwegen und Portugal zum ersten Mal ein Weltmeisterschaftslauf abgehalten.

Die Iren gelten als "rallyeverrückt" - und der "bunte Hund" Eddie Jordan, der frühere Gokart- und Formel Ford-Pilot, der zum glitzernden Formel 1-Rennstallbesitzer mutierte, ist der Vorstand der Firma "Rally Irland Management Limited", welche für die Promotion dieses Events zuständig ist.

"EJ" spricht von sagenhaften 400.000 Zuschauern - einen derart gewaltigen Andrang erwartet sich der Ire, der sein PR-Handwerk bestens versteht und markige Sprüche in den Medienwald hinaus posaunt, wie etwa: "Als die Formel 1 nach China kam, waren dort Autorennen der große Hit. Die Irland-Rallye wird in unserem Land einen ähnlich großen Effekt haben." Oder: "Wenn wir diesmal einen unglaublich guten Job erledigen, was wir vor haben, sind wir bereit, auch 2009 einen WM-Lauf abzuhalten." Oder: "Merken Sie sich meine Worte: In fünf Jahren wird es einen irischen Rallyepiloten geben, der um die WM-Krone kämpft!"

Das große Duell

Noch ist es noch nicht so weit - noch kämpfen die zwei Giganten der letzten Jahre um den WM-Titel und es ist zu befürchten, dass die Rallye-WM in der nahen Zukunft ein solches Duell vermissen wird. Ewig unvergessen wird der "Zehntelsekundenkrimi" sein, welchen Sébastien Loeb und Marcus Grönholm in Neuseeland geliefert haben - am Ende trennten die beiden gerade einmal 0,3 Sekunden. Vor den letzten beiden Rallyes steht es 104:100 für Grönholm.

Geht es nach den Wünschen des abtretenden Citroen-Teamchefs Guy Fréquelin, werden Grönholm und Loeb punktegleich zu einem Finale Grande in Wales antreten. Die Rechnung ist einfach: Irland ist eine Asphaltrallye, der C4 blieb auf diesem Belag in dieser Saison ungeschlagen, weshalb Loeb und sein Kollege Dani Sordo bei der Irland-Premiere die Ränge eins und zwei belegen werden und Grönholm maximal Dritter wird.

Freilich haben Grönholm und Ford andere Vorstellungen, sie bauen auf die verbesserte Asphaltperformance des Ford Focus RS WRC 07. Der 39-jährige Grönholm geht am Ende der Saison in die wohlverdiente "Rallyepension" und möchte als Weltmeister abtreten - er wird noch einmal all seine Kräfte mobilisieren, schließlich nahm er gar "Nachhilfeunterricht" auf Asphalt - die Fans werden es ihm danken, denn es ist in Irland abermals ein "Duell der Giganten" zu erwarten.

Als eine "gemähte Loeb-Wiese" sollte man die kommende Irland-Rallye nicht unbedingt betrachten - denn die Straßen im Nordwesten der "Grünen Insel", rund um die Stadt Sligo, sind ganz anders als alle anderen. Und sowohl Citroen als auch Ford waren weise genug, ihre Protagonisten im Vorfeld bei nationalen Rallyes antreten zu lassen. Grönholm absolvierte die Galway-Rallye, Loeb die Donegal- sowie die Cork-Rallye.

"Schwierigste Rallye des Jahres"

"Ich war vom hohen Schwierigkeitsgrad überrascht", gab Loeb zu, nachdem er die Donegal-Rallye für sich entscheiden konnte. Grönholm erklärte nach seinem Sieg bei der Galway-Rallye: "Die Straßen waren ganz anders als sämtliche Prüfungen, die ich bisher kannte - mit vielen blinden Kurven, welche einen absolut präzisen Schrieb verlangen." Sein Teamkollege im Ford-Werksteam, Mikko Hirvonen, hat sich im September bei der Cork-Rallye mit den laut der irischen Rockband U2 namenlosen Straßen ("Where the streets have no name") vertraut gemacht, er prophezeit die "schwierigste Rallye des ganzen Jahres".

Es warten ausgesprochen schnelle, zugleich aber auch winkelige, enge und holprige Prüfungen. Und ein Asphalt, der wenig Grip verspricht. Dazu gesellt sich die herbstliche Witterung. 1196,25 Kilometer beträgt die Gesamtdistanz, davon werden 342,34 Sonderprüfungskilometer zurückgelegt, die auf 20 Prüfungen aufgeteilt sind. Die längste SP beträgt 27,9 Kilometer. Bemerkenswert ist, dass die Rallye auch über die Grenzen hinaus gefahren wird - ein Teil der Route befindet sich in der zu Großbritannien gehörenden Republik Nordirland.

Verfolger tappen im Dunkel

Während die zwei Topteams ihre Piloten mehrmals in Irland antreten ließen, muss das dritte Werksteam, Subaru, ohne solche Erfahrungswerte auskommen. Lediglich Chris Atkinson hat die irischen Straßen bereits aus der Cockpitperspektive gesehen - er nahm im Vorjahr an der WM-Generalprobe teil - allerdings nur in einem Gruppe N-Subaru, mit mehr als fünf Minuten Rückstand auf das Siegerduo Donelly/Kiely auf einem Toyota Corolla WRC. "Da sind die Geschwindigkeiten natürlich ganz anders", gibt Atkinson zu. Immerhin kennt er die Art der Straßen - Subaru verweist zudem auf die zahlreichen Kundenautos, die in Irland eingesetzt werden, deren Erfahrungen und Daten wolle man nützen. Einmal mehr sollte man jedoch keine Wunder von den Japanern erwarten.

Rechnen kann man dafür wieder mit zwei Piloten des Ford-Satellitenteams Stobart - auch wenn Jari-Matti Latvala und Henning Solberg eher auf Schotter zu den ganz besonders schnellen Fahrern zu zählen sind. Solberg muss bereits zum vierten Mal in dieser Saison quasi bei Null beginnen, er kennt die irischen Straßen nicht - zudem ist sein Kopilot Cato Menkeruud aufgrund einer bald zu erwartenden Vaterschaft verhindert, weshalb er durch den Schweden Göran Bergsten vertreten wird. Latvala ist wegen des Wetters besorgt: "Wenn es regnet, kann es sehr rutschig werden."

Geheimtipps

Geheimtipps könnten Guy Wilks im Subaru und vor allem Eugene Donnelly sein - der Ire gewann nicht nur die letzte Irland-Rallye, er wurde auch in den Jahren 2004, 2005 und 2006 irischer Asphalt-Rallyemeister und führt zurzeit die irische Rallyemeisterschaft vor Mark Higgins an. Donnelly wird am Wochenende mit einem Skoda Fabia WRC sein Glück versuchen.

Nicht zu unterschätzen ist auch Andreas Mikkelsen im älteren Ford Focus RS WRC 05. Der Norweger konnte im September die ebenfalls in Irland ausgetragene Fastnet-Rallye für sich entscheiden und dabei Eugene Donnelly schlagen.

Stohl will es rutschig & schwierig

Rutschig war es auch im Waldviertel, wo Manfred Stohl und Ilka Minor im Erdgas-Mitsubishi so richtig auftrumpfen konnten. "Natürlich kann man den CNG Mitsubishi nicht mit einem WRC vergleichen. Doch jeder SP-Kilometer ist wichtig. Zudem erwarte ich mir in Irland ähnlich rutschige Verhältnisse, auch wenn dort auf Asphalt gefahren wird. Auf jeden Fall sind wir in einem guten Renn-Rhythmus. Das macht schon viel aus", gibt sich "Stohlito" optimistisch - auch wenn er zuvor in einem motorline.cc-Interview erklärte: "Irland wird ganz sicher sehr schwierig - mit dem Peugeot wäre das genau meine Rallye, aber wenn man den Erzählungen Glauben schenken kann, dann wird das eine sehr schwierige Rallye. Schneller Asphalt, eng, wellig - all das, was mir mit dem Xsara nicht liegt."

Dennoch hofft Stohl auf schwierige Bedingungen - je schwieriger diese seien, desto leichter sei es nämlich, WM-Punkte zu holen - und schließlich möchte Stohl in Wales, bei der "Manfred Stohl-Rallye", wie er sie im erwähnten Exklusivinterview bezeichnete (die ihm also ganz besonders liegt) eine bessere Startposition innehaben: "Jede Rangverbesserung in der WM-Zwischenwertung bedeutet eine bessere Startposition für die Wales Rally GB. Darauf müssen wir mit aller Kraft hinarbeiten!"

Aigner will aufs PWRC-Podest

Um WM-Punkte kämpft auch wieder Andreas Aigner - in der PWRC. Der Red Bull Rallye Team-Pilot möchte seine guten Leistungen in der Gruppe N - Platz zwei in Griechenland, Sieg in Spanien, Platz drei auf Korsika - nun in einen Punkteregen verwandeln: "Ich habe in den letzten Monaten sehr viel gelernt und durch die durchwegs guten Ergebnisse auch viel an Selbstvertrauen gewonnen. Ich fahre jedenfalls mit einem sehr guten Gefühl nach Irland, wo die meisten Fahrer Neuland betreten. Diese Tatsache ist sicher ein Vorteil für mich. Dazu kommt noch, dass ich mich auf Asphalt sehr wohl fühle."

Eine harte Nuss wird für Aigner der irische Lokalmatador Mark Higgins sein, der die gesamte irische Meisterschaft bestritten hat, dort nur wenige punkte hinter Donnelly liegt und bestens mit den kniffligen Strecken vertraut ist. Aigner sagt: "Higgins ist für mich der klare Favorit, dahinter gibt es vier, fünf Piloten die ganz vorne mitmischen werden. Dazu gehöre auch ich."

Das Ziel ist daher ein Podestplatz - auch wenn Teamchef Raimund Baumschlager angesichts der starken irischen Konkurrenz dieses Vorhaben als "hoch gesteckt" empfindet, wenngleich ihn der Ehrgeiz seines Schützling zugleich auch erfreut: "Es ist gut, wenn sich Andi so hohe Ziele steckt."

In der PWRC belegt Aigner punktegleich mit einigen anderen Piloten den neunten Rang, Aigner hat 10 Punkte auf dem Konto. In Führung liegt Toshihiro Arai mit 39 Zählern, dahinter liegen Pozzo und Higgins mit 22 und 19 Punkten, Sohlberg mit 12 sowie Mcshea und Sohlberg mit jeweils 11 Zählern.

35 WRC am Start

Insgesamt befinden sich 90 Bewerber auf der Nennliste - davon satte 35 World Rally Cars. Allerdings ist beispielsweise auch Francois Duval auf der Liste vertreten, der jedoch seine private Nennung aufgrund von Budgetproblemen zurückziehen musste. Eine satte Anzahl von irischen Lokalmatadoren auf WRCs von Subaru und Ford werten das Feld auf.

Gestartet wird die Irland-Rallye bereits am Donnerstagabend um 19 Uhr Ortszeit (20 Uhr MEZ) mit der 1,82 Kilometer kurzen Superspecial rund um das Stormont Castle in Belfast. Am Freitag geht es dann ab 7.25 Uhr Ortszeit (8.25 Uhr MEZ) durch die Moorlandschaften und hügeligen Regionen östlich von Sligo - die erste Wertungsprüfung des Tages, die 1,48 km lange SP2 "Geevagh1" wird um 8.05 Uhr Ortszeit (9.05 Uhr MEZ) gestartet. Am Samstag wird in der Seenlandschaft der nordirischen Grafschaft Fermanagh quergetrieben, am Sonntag schließlich begibt sich der Rallyetross an die Küste des Donegal Bay.

Vorteil Grönholm

Wenn am Sonntag um 13.08 Uhr Ortszeit (14.08 Uhr MEZ) die letzte Prüfung SP20 "Mullaghmore" gestartet wird, könnte sich wenig später bereits Marcus Grönholm zum neuen Weltmeister krönen. Nur er kann bereits am kommenden Wochenende Champion werden, weshalb Sébastien Loeb ganz besonders aufpassen muss: Ein Abflug könnte die Vorentscheidung bringen. Umgekehrt wäre selbst eine Nullrunde von Grönholm bei einem gleichzeitigen Sieg von Loeb noch nicht das letzte Wort, wenngleich dann Loeb über sechs Punkte Vorsprung verfügen würde. Es heißt also: Vorteil Grönholm.



WM-Stand WRC Fahrer

1. GRÖNHOLM Marcus             104 Punkte
2. LOEB Sébastien              100 Punkte
3. HIRVONEN Mikko               84 Punkte
4. SORDO Daniel                 53 Punkte
5. SOLBERG Petter               38 Punkte
6. SOLBERG Henning              34 Punkte
...
9. STOHL Manfred                12 Punkte



WM-Stand WRC Marken

1. Ford                         189 Punkte
2. Citroen                      155 Punkte
3. Subaru                        73 Punkte
4. Stobart Ford                  70 Punkte
5. Kronos Citroen                42 Punkte
6. Munchi's Ford                 14 Punkte


WM-Stand PWRC

 1. ARAI Toshihiro               39 Punkte
 2. POZZO Gabriel                22 Punkte
 3. HIGGINS Mark                 19 Punkte
 4. SOHLBERG Kristian            12 Punkte
 5. MCSHEA Niall                 11 Punkte
 =. BALDACCI Mirko               11 Punkte
 7. SVEDLUND O.                  10 Punkte
 =. VILLAGRA Federico            10 Punkte
 =. AIGNER Andreas               10 Punkte
 =. NUTAHARA Fumio               10 Punkte
 =. HÄNNINEN Juho                10 Punkte

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