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„Die OSK muss transparent und serviceorientiert werden!“

Im 1. Teil spricht der Ex-OSK-Technikchef über die Gründe seines Rücktritts, mangelnde Demokratie, eine Gegenorganisation zur OSK uvm.

Hinter den Kulissen der OSK brodelt es, Heribert Werginz hat am Wochenende das Handtuch geworfen. Seitens der OSK wurde der Rücktritt nüchtern kommentiert, man habe den Austritt zu Kenntnis genommen, Personalengpass werde es aber keinen geben, für Ersatz sei gesorgt, so die telefonische Auskunft. Motorline.cc hat den ehemaligen Cheftechniker nun zum Exklusiv-Interview gebeten.

Heribert, Du hast am Wochenende den Beschluss bekannt gegeben, der OSK nicht mehr als Cheftechniker zur Verfügung zu stehen. Die Situation ist ja aber nicht erst seit gestern so, der – nennen wir es Unmut – hat sich langsam entwickelt, oder?

Bis vor zwei Jahren haben alle an einem Strang gezogen, Demokratie und Recht standen im Vordergrund. Das hat sich in den letzten beiden Jahren leider immens geändert, ich kann den Zustand mit meiner Auffassung von Recht nicht mehr vereinbaren.

Meiner Meinung nach wurden die Kunden der OSK nicht immer so behandelt wie sie das hätten werden sollen. Die OSK ist ein Dienstleistungsunternehmen und hat ihre Kunden – sprich die Veranstalter, Fahrer und Sponsoren, die das ganze finanzielle Risiko tragen – die OSK trägt ja gar keines – anders behandeln müssen. Hier muss man umdenken, die Strukturen sind 20 Jahre alt, hier herrscht akuter Handlungs-Bedarf.

Es fehlt die Markt- und Kundenorientierung, wir sind zwei bis drei Jahre hinten nach. Es werden auch Lobby-Entscheidungungen getroffen, die nicht im Sinne des Sports sind. Ich war lange an der Front und weiß daher, was Veranstalter und Fahrer brauchen, auf der anderen Seite gibt es eine Sporthoheit, die laut allgemeiner Aussage irgendwie auf der Bremse steht. Wir wissen leider nicht genau warum. Es traut sich leider niemand etwas zu sagen, da allem Anschein nach Konsequenzen befürchtet werden, ich bin hier scheinbar die Ausnahme.

Ich habe das so auch dem OSK-Präsidenten Prim. Dr. Hertz so mitgeteilt, der Tenor war, dass ich mir das alles nur einbilde. Aber man braucht sich ja nur umzuhören, was zumindest hinter vorgehaltener Hand so über die OSK und ihre Funktionäre gesagt wird.

In der Vergangenheit hat mir das immer Leid getan, ich bin im Plenum gesessen und wollte Verbesserungen im Sinne der Fahrer und Funktionäre herbeiführen, wenn es um die Technik oder Veranstaltungen gegangen ist. Ich habe durch meine Auslandseinsätze einen gewissen Weitblick mitgebracht, der aber allem Anschein nach nicht erwünscht war, so jedenfalls mein Eindruck. Das hat sich über längere Zeit hingezogen, mir ist vorgekommen als ob da auch eine Portion Eifersucht mit im Spiel war.

Haben sich in der OSK einige Herren zu weit von der Basis entfernt, um die Wünsche und Sorgen der Aktiven überhaupt mitzubekommen?

Das ist sicher auch ein Grund, ob das gewollt ist oder nicht, kann ich nicht feststellen. Es sind aber ganz wenige, die auch einmal im Ausland schauen, wie es dort zugeht. In den letzten Jahren verspüre ich auch einen massiven Rückgang was die Lobby bei der FIA anbelangt. Wir haben früher in verschiedenen Gremien Sitze gehabt, diese wurden aber immer weniger.

Wir sind daher in Österreich in vielen Belangen unterentwickelt. Es wurde zum Beispiel der Sitz in der „technical working group“ einfach zurückgegeben, dabei ist es unglaublich schwer, in solche Gremien überhaupt hineinzukommen. Hier sollte man sich ein Beispiel an Tschechien, Slowenien oder Kroatien nehmen, diese Länder versuchen ihre Vertreter in alle möglichen Abteilungen hineinzubekommen und wir geben die Sitze zurück…

Wie ist derzeit das Verhältnis der Wirtschaft zur OSK?

Es gibt ja einige Firmen, die Geld im Rallyesport ausgeben, die sind teilweise gar nicht glücklich, über so manche Vorgehensweise. Dabei sollten diejenigen, die den Sport finanzieren ja Gehör finden.

Warum verschaffen sich die Firmen nicht mehr Gehör?

Der Motorsport ist in den meisten Firmen ein Randgebiet das Geld kostet. Bevor man sich streitet, dreht man lieber den Geldhahn ab. Und der ÖAMTC ist ja auch eine wirtschaftliche Größe, daher sind manchmal Entscheidungen gefallen, die nicht im Sinne des Sports waren.

Die Frage ist, wie es in Österreich weitergeht...

Man muss sich an der Nase nehmen und fragen, was falsch gemacht wurde, wenn in Österreich gleich an mehreren Stellen offensichtlich Unzufriedenheit über die Arbeit der OSK herrscht und man in Richtung Bundessport-Organisation pilgert. Da muss irgendwas grob falsch laufen. Da ist sicher noch nicht aller Tage Abend.

Ist der Dachverband OSK unumstößlich?

Im Moment ist die OSK der verlängerte Arm der FIA. Wie wir aus der Vergangenheit wissen, ist aber die Abstimmung um den Verbleib Max Mosleys im Amt sicher auch ein Damokles-Schwert, das über uns schwebt, schließlich hat der ÖAMTC genauso wie der ADAC ja negativ gestimmt.

Die FIA überprüft nun diese Clubs, ob sie handlungsfähig sind und ob nicht zuviel Einfluss von den Automobilclubs besteht. In Deutschland könnte es sein, dass der DMSB vom ADAC zum AvD wandert, ähnliches könnte in Österreich auch passieren. Die OSK muss schließlich nicht beim ÖAMTC sein, die kann genauso gut beim ARBÖ oder beim MSC-Wolfsberg oder sonst irgendwo sein. Ein Beispiel ist England, wo man sich auch vom RAC (Royal Automobile Club) abgespalten hat.

Was braucht man, um so eine Organisation wie die OSK zu gründen?

Man muss Geld haben, dann muss man bei der FIA vorstellig werden und die Probleme im Land aufzeigen. Das wird dann überprüft. In Slowenien hat man sich abgespalten vom Automobilclub, nach zwei Jahren waren die Rechte dann vollständig übertragen. Es gibt bereits Gruppierungen, die bis ins Parlament vorgedrungen sind, wie ich gehört habe. Die OSK hat Motorräder, Automobile und Kart, es muss ja nicht alles in eine andere Organisation eingegliedert werden.

Gerüchte zu einer geplanten "Gegenorganisation" zur OSK machen ja bereits die Runde, kannst Du dazu etwas sagen?

Ich kann insofern nichts dazu sagen, als dass ich nicht involviert bin. Man hat mir zwar vorgeworfen, mit der Bundessport-Organisation "im Bett" zu liegen, das ist aber schlichtweg falsch, ich war nicht einmal dort und habe auch nicht telefoniert. Ich höre aber, dass da etwas am Laufen ist, das muss koordiniert werden.

Wärst Du bereit dort mitzumachen?

Das kommt auf die Eckdaten und Voraussetzungen an. Ich könnte mir vorstellen, wenn das übers Ministerium und eine staatliche Organisation geht, dass das auch vom Rechts-Standard her gut fundiert ist. Es müsste aber jedenfalls den Segen der FIA haben, sonst ist es sinnlos.

Kommen wir noch einmal zurück zur derzeitigen Situation bei der OSK, verstehe ich es richtig, dass viele Entscheidungen einfach nicht nachvollziehbar sind, oder?

Es wird nichts so richtig aufgedeckt oder offen dargelegt. Irgendwann gibt es dann eine Entscheidung, die nach außen getragen wird, aber nicht wirklich nachvollziehbar ist. Als Beispiel möchte ich die Pirelli Driver Search anführen. Das Rallyekollegium hat richtigerweise beschlossen, die drei besten Nachwuchsfahrer nach einem Punkteschema zur Ausscheidung zu schicken, herausgekommen ist wie wir wissen etwas ganz anderes. Das musste man dann wieder revidieren, was blamabel war.

Auch Vertreter der Industrie waren über diese Vorgehensweise verärgert, die haben sich gefragt, warum überhaupt abgestimmt wurde, wenn dann ohnedies ganz anders gehandelt wird. Es gäbe da eine große Anzahl von Beispielen, wo es ähnlich gelaufen ist.

Wer hat dann die Macht, die Beschlüsse über den Haufen zu werfen und völlig anders zu entscheiden?

Das erfährt man nicht, man hört immer nur „Das Präsidium hat entschieden…“. Die Vorgänge sind jedenfalls mit Sicherheit nicht demokratisch. Und das ist auch nicht richtig gegenüber den Aktiven, die ihr sauer verdientes Geld in diesen Sport investieren. Mein Anliegen war es immer, fairen und ausgeglichen Sport zu ermöglichen, der auch international konkurrenzfähig ist. Wir haben ein Level in Österreich, das sehr hoch ist, darauf kann man eigentlich stolz sein.

Teil 2 des Interviews finden Sie auf der nächsten Seite!

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