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Rallye-WM: News

„Neues Konzept mit Rallye-DNA“

VW-Motorsportdirektor Jost Capito will die „Hardcore-Fans“ nicht verlieren, diese müssten aber „offener“ sein – derzeit wird ein neues Format entwickelt…

Die Rallye-Weltmeisterschaft wird sich in Zukunft verändern. Im Jahr 2017 kommt ein neues technisches Reglement, aber auch aus sportlicher Sicht und beim Ablauf der Rallyes wird sich einiges verändern. Die beteiligten Hersteller, die FIA, der Promoter und die Veranstalter der Läufe arbeiten an einem Konzept für die Zukunft, um den Sport attraktiver zu gestalten, das Interesse anzukurbeln und neue Fans zu gewinnen.

Ein wesentlicher Punkt ist auch die Entwicklung in den Medien. Die Hardcore-Fans sind im Internet aktiv, aber auf der anderen Seite ist die WRC aus den Sportrubriken der großen Tageszeitungen verschwunden. Auch die Fernsehübertragungen gestalten sich schwierig. Es gibt mit Ausnahme der Power Stage keine fixen Übertragungszeiten. Highlight-Sendungen sind meist spät abends. Wie will man damit neue Fans finden?

Deshalb wird derzeit im Hintergrund an komplett neuen Konzepten gearbeitet. Beim sportlichen Ablauf soll es eine Art Shootout-Finale geben, bei dem das Endergebnis bestimmt wird. In der Rallye-Szene wurde diese Idee mit gemischten Gefühlen gesehen. "Ich kann die Reaktionen verstehen", sagt Volkswagen Motorsport-Direktor Jost Capito im Rally Radio. "Die genauen Details wurden aber noch nicht kommuniziert. Es ist nicht kompliziert, aber die Details müssen bekannt sein."

"Wir dürfen die Hardcore-Rallye-Fans nicht verlieren. Dazu zähle ich auch mich und wir wollen sie nicht vertreiben. Aus Sicht der Hersteller muss man mehr Rallye-Fans gewinnen. Man muss Menschen, die derzeit nicht Fans des Sports sind, als Fans gewinnen. Sie müssen sehen, dass Rallying ein interessanter und attraktiver Sport ist." Capito hängt mit Herz und Seele am Rallye-Sport und kennt die Sicht der Hardcore-Fans, aber auch die eines Herstellers.

"Die Hardcore-Fans müssen aber weiterhin interessiert sein und den Sport lieben. Man muss also beide Seiten bedenken. Das ist nicht so einfach, sondern sehr kompliziert. Ich finde, dass die Hardcore-Fans etwas offener sein müssen und interessiert daran sein, dass sich mehr Menschen für diesen Sport begeistern. Denn dann wächst der Sport. Der Sport kann nur wachsen, wenn sich mehr Menschen dafür interessieren. Die Prozentzahl der Menschen, die die WRC kennen, ist viel zu klein. Wenn man diese Prozentzahl erhöht, dann wächst alles."

"Die Hardcore-Fans werden einen besseren Sport haben, wenn das Interesse an diesem Sport generell wächst. Die Hersteller brauchen ein größeres Interesse, denn wir verkaufen Autos an die generelle Öffentlichkeit. Wenn das Interesse der Öffentlichkeit steigt, dann steigt auch das Interesse der Hersteller an diesem Sport, weil sie sehen, dass sie über die WRC Autos verkaufen können", rechnet Capito vor. "Wenn mehr Hersteller kommen, dann ist es auch für die Hardcore-Fans besser, weil sie mehr Autos und Fahrer sehen. Die Hardcore-Fans müssen deshalb etwas offener sein, wie ihr Lieblingssport wachsen kann. So sehen wir es."

Nur mehr Internet?

Prodrive-Boss David Richards hat vor Kurzem gemeint, dass sich die WRC auf das Internet konzentrieren soll. Das Fernsehen ist von der Formel 1 belegt, dann kommt die MotoGP. Der WRC bleibt kaum Platz. Capito sieht das Internet als wichtigen Faktor, aber auch das Fernsehen hat nach wie vor einen großen Stellenwert. "Der Rallye-Sport ist für die Hardcore-Fans perfekt für das Internet", spricht er die Motorsport-Szene an, die sich komplett auf Twitter tummelt. "Deshalb muss man daran arbeiten, es besser zu machen."

"Das heißt aber nicht, dass man das Fernsehen komplett vergessen sollte. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Man kann sich auf beide Seiten konzentrieren. Ein erfolgreicher Sport muss sich auf beide Seiten konzentrieren. Man muss die normalen Fans glücklich machen, was über das Fernsehen geht. Man muss aber auch die Hardcore-Fans bedienen, was wieder über das Internet funktioniert. Der Rallye-Sport ist diesbezüglich fantastisch für das Internet. Es gibt aber keinen erfolgreichen Sport, der nicht im Fernsehen ist und nur im Internet stattfindet. Das gibt es nicht."

Während Richards der Meinung ist, dass für den Rallye-Sport die Zeit für das Internet reif ist, ist Capito anderer Meinung: "In zehn, 15 Jahren ist es vielleicht soweit, aber noch nicht jetzt. Wenn man keine TV-Präsenz hat, dann findet man keine Fans, um in Zukunft das Internet als Plattform zu haben. Das kostet viel Geld und man muss Leute finden, die Apps kaufen."

"Das beste Beispiel ist die Formel 1. Sie findet weltweit im Fernsehen statt, aber es gibt auch eine perfekte App. Die Menschen nutzen beides. Es gibt deshalb derzeit keinen Grund, warum man sich auf das Internet konzentrieren und das Fernsehen vergessen sollte. Man muss in beide Sachen die gleiche Aufmerksamkeit investieren."

Fernsehpräsenz muss besser werden

Der große Unterschied zwischen der Formel 1 und der Rallye-WM ist das Terrain. Eine fünf Kilometer lange Rennstrecke kann einfach mit Kameras gefilmt werden. In der Rallye-WM ist eine lange Prüfung mit 50 Kilometern Länge kaum fernsehtauglich aufzubereiten. Weltmeister Sebastien Ogier kritisiert, dass die derzeitigen Fernsehbilder schlecht sind, und wesentliche Aspekte des Sports nicht gezeigt werden.

Capito stimmt zu: "Es hängt viel mit dem Format zusammen und Sebastien hat recht. Man muss nun Wege finden, wie man das verbessern kann. Das ist das Problem. Einige Leute sagen, die Rallye sollte am Samstagabend um 20:00 Uhr mit einer Live-Stage zu Ende gehen. Am Samstagabend wird man um 20:00 Uhr aber keine Zuschauer finden, denn das ist die Prime-Time für alles. Sie ist mit allen Shows belegt."

"Niemand würde sich die letzte Stage ansehen. Außerdem würden die meisten Prüfungen in der Dunkelheit stattfinden. Man muss also weiter denken. Es wäre natürlich schön, wenn man am Samstagabend die Rallye zu Ende fährt, aber im Fernsehen wäre man nicht präsent. Es ist also sehr komplex."

"Man kann auf der anderen Seite auch nicht sagen, dass das Fernsehen derzeit nicht funktioniert, aber man nichts verändern will. Das funktioniert auch nicht", spricht Capito das komplexe Dilemma an. "Wenn man im Fernsehen präsenter sein will, dann muss man ein Konzept entwickeln, wie man das schaffen möchte. Man muss mit den Fernsehstationen sprechen, was sie sich wünschen und was jetzt fehlt. Das muss gemacht werden. Man muss natürlich auch das Interesse für die Fernsehstationen schaffen, damit sie denken, dass viele Leute einschalten werden."
Fahrer sollen immer ans Limit gehen müssen

"Solange man für die Werbeblöcke bezahlen muss und die Fernsehstationen nicht denken, dass viele Leute einschalten werden, damit sie die Werbung teuer verkaufen können, solange hat man es nicht geschafft", betont der Volkswagen Motorsport-Direktor. Und genau an diesem Punkt befindet sich die Rallye-WM derzeit. Deshalb will man mit einem neuen Format das allgemeine Interesse für den Sport erhöhen.

Cruisen ist "Betrug am Zuschauer"

"Wenn wir über dieses sogenannte Shootout sprechen, das eigentlich kein Shootout ist, dann ist das keine zusätzliche Prüfung, sondern ein neues Konzept", geht Capito ins Detail: "Es ist ein Konzept, das die DNA des Rallye-Sports behalten und stärken soll. Ich glaube, dass die Fans sehen wollen, dass die Fahrer immer mit dem Auto ans Limit gehen. Ich kann nicht ins Detail gehen, weil das Konzept erst entwickelt wird, aber es sieht vor, dass ein Fahrer einen Vorteil hat, wenn er in jeder Prüfung pusht. Ich glaube, dass das die Fans sehen wollen."

"Auch die Hardcore-Fans wollen nicht sehen, dass dir absichtliches Langsamfahren einen Vorteil gibt. An diesem Konzept arbeiten wir. Das macht den Sport attraktiv. Auch jeder Hardcore-Fan wird wissen, dass jeder Fahrer immer sein Maximum gibt." Vor allem der Sonntag ist derzeit wenig spannend, obwohl die Power Stage Würze in die Action bringen sollte. Der Sonntag ist derzeit kurz, zu Mittag findet die Power Stage statt und am Nachmittag sehen die Fans maximal noch die Siegerehrung.

Capito spricht Klartext: "Jetzt kommen am Sonntag zwar viele Zuschauer, aber die Fahrer cruisen meistens nur. Das ist ein Betrug am Zuschauer. Man muss sicherstellen, dass die Fahrer am Sonntag pushen und nicht nur ihre Position nach Hause fahren." Das neue Konzept sieht auch vor, dass es für jede Prüfung und für jeden Tag WM-Punkte gibt.

Es warten viele Veränderungen auf die Rallye-WM, aber Capito sieht das neue Konzept auf einem guten Weg: "Im Moment gibt es zwischen dem Promoter, den Herstellern, der FIA und den Veranstaltern sehr gute Gespräche über die Zukunft des Rallye-Sports. Das habe ich in der Vergangenheit nicht so gesehen. Deshalb denke ich positiver als je zuvor. Wenn alle Beteiligten die gleiche Linie verfolgen, dann bin ich mir sicher, dass wir etwas Gutes für die WRC machen können."

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