MOTORSPORT

Seit rund zwei Jahren ist es ruhig um den Rallyepiloten Beppo Harrach – sein Sponsor Ditech musste sich Ende 2013 aus bekannten Gründen zurückziehen, zuvor konnte das Ditech RacingTeam im Jahr 2011 mit Beppo Harrach den Staatsmeistertitel erringen. Als Teamchef seines Rennstalls Drift Company und Betreiber der gleichnamigen Rallyeschule ist Harrach dem Sport erhalten geblieben – im Vorjahr wurde Miklos Kazar auf dem Ford Fiesta R5 des Harrach-Teams ungarischer Staatsmeister.

Die Österreichische Rallye-Staatsmeisterschaft (ORM) wird seit vielen Jahren von Raimund Baumschlager dominiert – einem Vollprofi, der sich mit seinem Team Baumschlager Rallye Racing vor allem auch international einen Namen gemacht hat und der aber auch als Testpilot den neuen Skoda Fabia R5 mit entwickelt hat.

Für 2016 wurde die ORM komplett umstrukturiert, um dem Teilnehmerschwund und auch einem geringer werdenden Medieninteresse entgegenzuwirken. Zudem wurde das Reglement weitgehend geöffnet, sodass möglichst viele Autos an den Start gehen dürfen. Fahrer wie Gerwald Grössing oder Hermann Neubauer haben sich für die Zulassung von aktuellen World Rally Cars ausgesprochen, die bis auf wenige Länder nur in der Weltmeisterschaft startberechtigt sind. Nur so könne man den Skoda Fabia R5 von Baumschlager herausfordern, sagte etwa Grössing – unterstützt wurde er auch vom früheren Serienstaatsmeister Franz Wittmann, der sich ebenfalls für die WRC-Zulassung aussprach. Als schließlich auch Baumschlagerselbst für eine solche Öffnung war, wurden die WRCs in Österreich zugelassen.

Bei der Racingshow wird die Spitze der ORM gemeinsam mit Willi Singer, dem neuen Vorsitzenden der OSK-Rallyekommission sowie Michael Strassegger, dem neuen Vorsitzenden der IG Rallye (Interessensgemeinschaft der ORM-Veranstalter) über das neue Regelwerk sowie Gegenwart und Zukunft der ORM diskutieren.

Als Vertreter der ORM-Spitze wurden Hermann Neubauer und Gerwald Grössing zu dem Talk eingeladen – Raimund Baumschlager ist am Racingshow-Wochenende als Teamchef bei der spanischen WM-Rallye im Einsatz und wird versuchen, für ein kurzes Schlusswort die Bühne der Racingshow zu erklimmen - da es jedoch knapp wird, könnte dieses Schlusswort auch über die Freisprechanlage seines PKW zur Racingshow gesendet werden..

So wurde der in den letzten Jahren einzige Staatsmeister neben Baumschlager, Beppo Harrach zur ORM-„Elefantenrunde“ eingeladen. Im folgenden Interview verrät Beppo, was er in den vergangenen Jahren getan hat und outet sich als großer Skeptiker, was die WRC-Zulassung in Österreich anbelangt.

Beppo, als Fahrer bist du seit zwei Jahren in Österreich nicht mehr präsent – was macht der Beppo Harrach heutzutage?

Der Beppo Harrach fährt weniger selber und konzentriert sich mehr auf das Business. Ich bin ja auch Geschäftsführer einer Landwirtschaft mit 15 Angestellten – ich habe die Zeit genützt, um hier herein zu schnüffeln, für mich war das schon ein Sprung ins kalte Wasser, denn das ist schon etwas ganz anderes. Zurzeit befinden wir uns in einem Umstrukturierungsprozess – ich bin halt nicht der Bauer auf dem Traktor sondern ich beschäftige mich mit den Zahlen. Wenn der Jahresabschluss in manchen Bereichen nicht stimmt, dann muss man umstrukturieren. Ich habe nach dem Rückzug von Ditech als Sponsor meines Rennstalls viel Zeit erhalten – und die nütze ich.

Dein Rennstall Drift Company hat das Ditech Racing Team betreut, welches mit dir als Fahrer im Jahr 2011 den Staatsmeistertitel einfahren konnte. Zugleich ist die Drift Company auch eine erfolgreiche Rallyeschule…

Ja, wir haben 2009 die Drift Company gegründet und unsere Rallyeschule etabliert. Ab 2010 haben wir mit dem Ditech Racing Team begonnen, das zum einen meine Einsätze und jene von Damian Izdebski betreut hat, aber auch andere Kunden hatte. Nach dem Rückzug von Ditech sind dann auch weitere Kunden plötzlich weg gewesen. Fritz Poiss ist auf tragische Art von uns gegangen und Gerwald Grössing hat beschlossen, sein R5-Projekt mit einem tschechischen Team zu bestreiten. Für den Rennstall bedeutete das, dass wir mit einem Schlag von Vollbeschäftigung auf Null-Beschäftigung kamen.

Du hast aber nicht das Handtuch geworfen…

Nein, wir haben im Februar 2014 einen Ford Fiesta R5 erworben und haben mit dem ungarischen Piloten Miklos Kazar die ungarische Rallye-Meisterschaft bestritten und diese auch gleich mit ihm als Champion gewonnen. Zugleich haben wir noch Antal Kovacs betreut, der einen Mitsubishi Lancer Evo6 gefahren ist. 2015 hätte Kazar wieder unser Auto fahren sollen, doch er hat dann in der laufenden Saison aufgehört beziehungsweise hat er auf ein schwächeres und günstigeres Auto gewechselt, weil er nicht mehr Meister werden konnte.

Als erfolgreicher Teamchef im Ausland hast du sicher einige Schlüsse ziehen können, auch was unsere eigene Staatsmeisterschaft und die Meisterschaften in den Nachbarländern anbelangt…

Ja, es war für mich vieles neu und es war spannend, ich habe wirklich viel gelernt. Ich war bei ungarischen, bei kroatischen und bei slowakischen Läufen – das war eine völlig neue Erfahrung für mich. In Österreich weißt du zu einem großen Teil über die Sonderprüfungen Bescheid - du weißt genau, was dich erwartet. So aber bin ich oft um 3 Uhr in der Früh losgefahren, um dann um 7 Uhr über die Sonderprüfungen zu fahren und dann also Entscheidungen hinsichtlich der Reifenwahl und des Setups zu treffen, Entscheidungen also, die man nur von außen trifft.

Wenn man sich die Starterlisten der ungarischen oder der slowakischen Rallye-Meisterschaften ansieht, ergibt sich daraus der Schluss, dass es dem Rallyesport in diesen Ländern besser geht. Ist dieser Eindruck richtig?

Was Ungarn anbelangt, kann man das bestätigen – wobei du auch dort ein bisschen Chaos hast, weil du lange nicht weißt, welche Läufe zur Meisterschaft zählen. Aber du weißt, wie viele Sonderprüfungskilometer absolviert werden, weil das vorher festgelegt wird und das erleichtert es, ein sinnvolles Budget auszustellen, du weißt, worauf du dich einlässt, es ist kalkulierbar. In der Slowakei hast du tatsächlich ein sehr attraktives Starterfeld – dort sitzen aber auch Leute mit viel Geld und der nötigen Rallye-Begeisterung.

In der Slowakei hat man bereits heuer aktuelle World Rally Cars zugelassen – in Österreich werden die WRCs nun ebenfalls ab 2016 start- und punktberechtigt sein. Deine Meinung dazu?

Ich sage es so: Billiger wird der Sport damit ganz sicher nicht.

Gerwald Grössing hat vorgerechnet, warum er auf R5-Ebene keine Chance gegen Raimund Baumschlager haben würde: Der Skoda Fabia R5 sei das zurzeit beste R5-Auto, welches Baumschlager noch dazu mit entwickelt habe und wo er rund 1.000 Testkilometer an Erfahrungs-Vorsprung aufweisen würde, zudem würde Baumschlager mit BRR de facto eine Werksbetreuung zukommen. Da sei es letztendlich billiger, gleich ein World Rally Car anzuschaffen, sagte Grössing.

Dass der Skoda Fabia per se das beste R5-Auto ist, stimmt meiner Meinung nach nicht. Die R5-Klasse ist knapp bemessen und ich sehe hier keine so großen Unterschiede zwischen den Autos und ich schätze den Ford Fiesta R5 als standfester ein, andere R5-Modelle fallen öfter aus. Bei den Einsätzen, wo Skoda schneller ist, handelt es sich um Werkseinsätze und natürlich hast du dann automatisch mehr Reifen, mehr Techniker und so weiter zur Verfügung – aber dass der Fabia an sich das beste R5-Auto sein soll, kann ich nicht bestätigen – ich sehe bei den verschiedenen R5-Autos keine großen Unterschiede.

Kajetan Kajetanowicz, der neue Europameister, war auf Zypern beispielsweise das klar schnellste Auto. Gerwald nimmt an, dass er ohne Testkilometer gleich einmal schnell ist mit einem World Rally Car – auch das sehe ich ganz anders. Ein R5-Auto ist gutmütig und relativ leicht zu fahren, während ein WRC sehr viel mehr Kraft hat und auch beim Fahrwerk und hinsichtlich der Differenziale sehr anspruchsvoll ist – es ist immer schwieriger, mit einem stärkeren Auto zu fahren. Schau dir an, wo Juho Hänninen in der Weltmeisterschaft bei der Schweden-Rallye 2015 im WRC lag, er war nicht einmal auf R5-Level unterwegs. Oder nimm den Martin Prokop, der ist bei der Waldviertel-Rallye als Siegkandidat eingeschätzt worden und ist in der WRC gerade noch vor den R5 unterwegs.

Du bist also kein Befürworter der WRC-Freigabe in Österreich?

Ich halte diese Freigabe nicht für sinnvoll. Ein World Rally Car zu betreiben kostet ein Vielfaches von den Betriebskosten eines R5. Alleine schon beim Anschaffungspreis hast du einen Riesenunterschied: Der Neupreis eines R5 beträgt 220.000 Euro, ein WRC jedoch kostet neu 750.000 Euro. Wenn du ein Fahrzeug mietest, hast du alleine schon bei der Versicherung einen gewaltigen Unterschied: Für ein R5 zahlst du 5.500 Euro, beim WRC ist es ein Vielfaches.

Mit der WRC-Freigabe wird man dich also nicht zurückholen können?

Wer soll sich das leisten? Wie gesagt: Der technische Preis ist einfach viel höher, da entstehen um ein Drittel höhere Kosten. Sicher wird es auch reduzierte, günstigere Angebote auf dem World Rally Car-Sektor geben - nur ob das dann auch schnell genug ist, ist die andere Frage, denn wie wir alle wissen: You get what you pay for! Prinzipiell finde ich eine Öffnung des Rallyesports gut – wenn dann mehr Autos fahren können, dann ist das nicht schlecht. Aber es werden jetzt keine 20 World Rally Cars bei uns fahren. Gerwald Grössing hofft, dass er mit dem WRC letztendlich weniger Geld ausgeben wird als wenn er auf R5-Ebene gegen Raimund antreten und entsprechend aufrüsten müsste – als Kaufmann sage ich, dass es ganz sicher nicht billiger wird.

Die alten Zweiliter-World Rally Cars sind ebenfalls startberechtigt – was hältst du von diesen Fahrzeugen?

Die Zweiliter-World Rally Cars sind sicher schneller – aber sie sind alt, sie werden zerfallen. Da kommt dann ein italienisches Team und wenn das Auto eine Schraube verliert, fährt er wieder nach Hause.

Als Pilot hast du keine Entzugserscheinungen? Wird man dich in Österreich auch einmal in eurem R5-Fiesta fahren sehen?

Natürlich würde ich gerne im R5 in Österreich fahren – das ist immer eine Frage der Finanzierung. Aber wer uns im R5 sehen möchte, hat bald schon, am 29. November die Möglichkeit – denn wie schon in den beiden Jahren zuvor wurden wir wieder zu einem Sprint nach Kroatien eingeladen. Die Santa Domenica Rallyshow hat 30 Sonderprüfungskilometer auf Schotter, dort konnten wir die letzten beiden Jahre gewinnen, im Vorjahr sind wir bereits mit dem R5 gefahren und konnten nur ganz knapp um ein oder zwei Sekunden den Sieg holen, da fahren auch World Rally Cars mit. Das ist im Umfeld von Zagreb und nicht weit entfernt, da fahren wir drei Stunden mit ein oder zwei Kunden runter und haben unseren Spaß. Das ist eine Veranstaltung, die auch von der gefahrenen Distanz her sowohl für meine Kunden als auch für mich selbst überschaubar und finanzierbar ist.

Offenbar ist es für dich kein Problem, dass du zurzeit relativ wenig im Auto sitzt – wenn du bei dem Rallysprint dich dann ins R5-Auto setzt und dich gleich einmal gegen World Rally Cars durchsetzt…

Ich sitze während des Jahres auch immer wieder in meiner Rallyeschule im Auto und im letzten Jahr konnten wir wirklich nur ganz knapp gewinnen. Aber die Strecke ist beim Santa Domenico Rallysprint sehr selektiv und macht ungeheuer viel Spaß.

Welche Pläne hast du für 2016? Wo siehst du dich im kommenden Jahr?

Ich sehe mich 2016 in erster Linie als guten Teamchef.

Danke für das Gespräch – am 26. Oktober dürfen wir dich ja in der ‚Elefantenrunde‘ der ORM auf der großen Bühne der Racingshow begrüßen…

Gern geschehen – und wir sehen uns auf der Racingshow.

Hier der Link zur Website der Santa Domenica Rallyshow