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WRC: Rallye Monte-Carlo 2013

Die Monte-Zwischenbilanz von Franz Wittmann

Franz Wittmann junior hat bei der Rallye Monte Carlo 2009 und 2010 Höhen und Tiefen erlebt – für motorline.cc analysiert er die Geschehnisse 2013…

Michael Noir Trawniczek
Fotos: Daniel Fessl, Photo4

Für Franz Wittmann junior war die Rallye Monte Carlo 2009 ein Schlüsselerlebnis: Im unterlegenen Mitsubishi Evo IX konnte er die S2000-Piloten aufmischen, lag als bester Nicht-S2000-Pilot andauernd in den Top 10 und wurde am Ende nur von der Technik gestoppt...

Das war der Auftakt einer glorreichen Saison, in der er sich mit dem Evo IX nicht nur in die Herzen der heimischen Fans fahren, sondern auch die IRC-Granden beeindrucken konnte.

2010 stiegen mit dem Peugeot S2000 die Erwartungen, die Saison gestaltete sich dermaßen schwierig, dass am Ende der damalige Sponsor Interwetten den Stecker zog…

Die „Monte“ 2013 beobachtet Franz Wittmann von daheim aus, wie viele Fans hört er Rallyeradio, studiert das Live Timing und liest, wie könnte es anders sein, die Berichte auf motorline.cc.

In einem Telefoninterview analysierte Wittmann die bisherigen Ereignisse bei der Rallye Monte Carlo.

Franz, wie ist es für dich, als ehemaliger „Held“ der Rallye Monte Carlo diesen Kult-Event aus der Ferne zu beobachten?

Das Wort „Held“ finde ich übertrieben – ich war 2009 vielleicht eine Art Publikumsliebling, aber es ist für mich natürlich hart, die Rallye aus der Ferne zu beobachten.

Kommt da Wehmut auf?

Natürlich. Die Rallye Monte Carlo gehört schon zu meinen absoluten Lieblings-Events, ich habe dort so viele schöne Dinge erlebt. Man sagt ja immer, die Franzosen seien wenig gastfreundlich - doch ich habe dort genau das Gegenteil erlebt.

Das liegt wahrscheinlich auch daran, dass in Frankreich die Rallyepiloten ganz besonders bewundert werden…

Stimmt, du wirst dort als Rallyepilot wirklich geschätzt, wie es nur noch in Finnland oder Tschechien der Fall ist.

Aber was mir an der diesjährigen Monte taugt ist, dass viele der früheren IRC-Stars jetzt die Chance haben, in der Weltmeisterschaft, in der obersten Spielklasse mitzufahren.

Die Monte ist schon voll im Gange, eben wurde SP 11 gefahren – wie sieht deine bisherige Bilanz aus?

Loeb war für mich ganz klar der große Favorit, Volkswagen war das große Fragezeichen. Man muss sagen: Das bisherige Ergebnis schaut super für VW aus – Position zwei ist eine Spitzenplatzierung. Wenn man das halten kann bis zum Ende der Rallye, dann ist das eine Sensation.

Aber ich bin auch davon überzeugt, dass hier auch der Fahrerfaktor eine große Rolle spielt und dass man noch nicht hundertprozentig sicher sein kann, ob der VW das beste Auto ist oder ob er konkurrenzfähig sein kann. Das werden wir erst bei den nächsten Rallyes sehen. Derzeit ist Sebastien Ogier Zweiter – und nicht VW.

Auffallend ist auch, dass im M-Sport Werksteam Evgeny Novikov so stark ist – überraschend ist dabei, dass Mads Östberg bisher eher geschwächelt hat…

Ich würde da nicht zu viel hinein interpretieren – bei dieser schwierigen Rallye sind die Zeitabstände oft logisch nachvollziehbar, da summieren sich die Kleinigkeiten: Da liegt er mit dem Setup daneben, dort ist er in einer Ecke zu schnell, eine Prüfung liegt ihm nicht und schon ist ein Riesenabstand da.

Das ist auch bei Latvala nicht viel anders: Er fühlt sich derzeit nicht so wohl im Auto und deshalb sind auch seine Zeiten entsprechend langsamer. Es ist irrsinnig spannend anzuschauen: Dadurch, dass der Loeb nur noch vier Rallyes fährt, können wir uns auf eine tolle Meisterschaft freuen. Denn wir haben sechs bis sieben Piloten, die fast auf dem gleichen Niveau fahren. Bis auf Ogier – der fährt halt eine Klasse höher.

Die Reifenwahl ist bei der Monte ganz besonders wichtig – es ist mitunter gar nicht so leicht, den Überblick über die verschiedenen Möglichkeiten zu bewahren. Wie schaut die Reifenauswahl aus? Welche Möglichkeiten hat man?

Generell gibt es zwei verschiedene Mischungen von Slickreifen. Dann gibt es den Schneereifen – mit Spikes und ohne Spikes. Der Schneereifen ist ein 18 Zoll-Breitreifen, also nicht diese schmalen Reifen, die man bei der Jännerrallye fahren konnte, die sind bei der Monte nicht zugelassen.

Mit diesen breiten Schneereifen kannst du zwar auf Schnee und auf Asphalt fahren – doch beides ist nicht berauschend. Der geht überall, aber er ist dann auch überall nicht so toll. Mit diesen Schneereifen ist eigentlich die gesamte Rallye bislang gefahren worden.

Deshalb ist die Reifenentscheidung relativ klar: Man konnte eigentlich fast nur den Schneereifen mit Spikes fahren – an manchen Stellen konnte man vielleicht unbespikt fahren, doch da war immer der bespikte Reifen der schnellere.

Offen ist nur, ob man den Spikereifen noch nachgeschnitten hat oder nicht, aber das entscheiden dann vor Ort die Eisspione, das kann man aus der Entfernung nicht erkennen. Was wir aus der Ferne sehen, ist zu einem großen Teil Schnee und Eis – deswegen sind auch die Zeitabstände bereits so groß.

Wobei es bei vielen Prüfungen am Beginn der Strecke Asphalt gibt und es dann auf Schnee und Eis wechselt – das liegt daran, dass viele Prüfungen bergauf führen, oder?

Ja. Es sind zum Teil sehr große Höhenunterschiede zu bewältigen. Auf SP 11 beispielsweise fährst du einen Pass hinauf.

Wenn wir jetzt vorausblicken auf den weiteren Verlauf der Monte 2013 – was könnte sich noch tun? Kann Novikov den dritten Platz erobern?

Das ist das einzige Spannende noch bei dieser Rallye. Die Frage, ob Sordo oder Novikov Dritter wird. Der Rückstand von Novikov ist mit acht Sekunden gering – bei der abschließenden ‚Nacht der langen Messer‘ sind zehn Sekunden Unterschied so gut wie nichts. Da ist also auch vor der letzten Prüfung noch viel möglich, das ist ja das Spannende bei der Rallye Monte Carlo.

Es kann sich auf jeder SP noch etwas tun – es hat sich auch schon ein Sebastien Loeb in Führung liegend den Hang hinuntergestürzt. Zudem sind die Kräfteverhältnisse nur schwer einzuschätzen, weil so viele Faktoren eine Rolle spielen. Du kannst aufgrund des Monte-Ergebnisses nicht sagen, wer jetzt wirklich das beste Auto hat. Es geht hier um das beste Gesamtpaket: Reifen, Fahrer und Fahrzeug.

Mikko Hirvonen fällt insofern auf, als dass er auch bei drei Werks-Citroen wieder einmal der langsamste Pilot ist. Du hast 2009 die S2000 im Evo aufmischen können, im darauf folgenden Jahr lief es nicht wunschgemäß, sodass dich manche am Ende des Jahres 2010 abgeschrieben haben. Bei Hirvonen ist man auch geneigt, ihn abzuschreiben – was sagst du? Ist das berechtigt?

Man muss immer alles in Relationen sehen. Wir waren 2010 ein Privatteam, das versucht hat, mit den Großen mitzuhalten. Und wenn du dir die Namen ansiehst, gegen die wir damals gefahren sind, dann sind das jene Piloten, die jetzt in der WM mitfahren.

Aber was Hirvonen anbelangt: Man kann nicht wirklich sagen, welches Problem er hat – aber es schaut zumindest wirklich so aus, als hätte er ein Problem. Aber ich glaube, das spielt sich eher in seinem Kopf ab.

In wie fern spielt die Erwartung eine Rolle? Hirvonen soll bei Citroen als Nr. 1 den Titel holen und gleich bei der ersten Rallye steht er im Schatten von Dani Sordo…

Natürlich ist das ein Faktor. Vielleicht geht Sordo einfach unbeschwerter an die Sache heran. Oft sind es aber auch Setup-Probleme, die man von außen nicht so mitbekommt. Man darf dabei eines nicht vergessen: All diese Fahrer, auch ein Hirvonen, fahren auf einem Level, das dreißig Mal höher als das eines normalen Autofahrers ist. Mir fällt gerade kein Vergleich ein…

Vielleicht der dritte Platz von Daniel Oliveira bei der ÖM-Rallye im Rebenland?

Ich weiß nicht. Ich glaube, dieser Vergleich hinkt. Denn er hatte ein gutes S2000-Auto zur Verfügung. Aber nimm Bryan Bouffier bei der Jännerrallye: Er wurde Zweiter, obwohl er die Strecke noch nicht gut kannte, während ein Jan Kopecky schon mehrmals die Jännerrallye gefahren ist und er das also kennt. Wenn du dir jetzt anschaust, wo Bouffier bei der Monte fährt, kann man ungefähr ermessen, was ich meine.

Letzte Frage: Wie schaut dein Podium bei der Monte 2013 aus?

Loeb und Ogier sind für mich gesetzt auf den Plätzen eins und zwei. Aus österreichischer Sicht hoffe ich natürlich, dass Evgeny Novikov und Ilka Minor den dritten Platz holen können. Und ganz ehrlich: Ich halte viel von Novikov und ich bin davon überzeugt, dass er es schaffen kann.

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