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"Wenn es nicht laufen will, dann läuft es nicht"

Manfred Stohl im Gespräch mit motorline.cc:Über die für ihn problematische Deutschland-Rallye und das kommende Abenteuer in Neuseeland.

Michael Noir Trawniczek
Fotos: McKlein

Nachdem er nach dem Motorschaden auf SP 9 zunächst gemeinsam mit seiner Kopilotin Ilka Minor bei seinem gestrandeten Auto verweilen musste, kehrte Manfred Stohl irgendwann doch zurück in die Hospitality des OMV Kronos Citroen World Rally Teams. Nach einem stärkenden Essen und einem TV-Interview nahm sich der Wiener Zeit, um mit motorline.cc über die für ihn so unglückliche Deutschland-Rallye und das bevorstehende Abenteuer Neuseeland zu sprechen.

Manfred, was ist passiert?

Du, das ist so schnell gegangen - ich bin in einer Linkskurve gefahren, wollte beschleunigen, doch plötzlich ist eine Fontäne Wasser aus dem Motorraum gekommen, das Wasser ist auf die Windschutzscheibe gespritzt. Ich habe sofort gewusst: Jetzt ist Feierabend.

Wie oft passiert so etwas bei einem Rallyeauto? Wahrscheinlich nicht so oft, oder?

Einen solchen Schaden, in dem Ausmaß, hatte ich bislang noch nie.

Hat sich der Schaden angekündigt?

Nein, der kam aus dem Nichts heraus.

Es hat geheißen, du hättest dich vor dem Motorschaden gedreht.

Nein, das stimmt nicht. Für mich ist es heute gut gelaufen, außer dass ich in der Früh die falschen Räder am Auto hatte. Ich war der einzige, der auf weiche Reifen setzte - ich habe gepokert.

Womit hast du gerechnet? Mit Regen?

Ich habe damit gerechnet, dass nach der sehr kalten Nacht der Tau auf die Straße kommt. Und auf der Zwischenetappe war es dann auch genauso. Aber auf der Prüfung war es dann innerhalb von fünfzehn Minuten staubtrocken. Am Anfang war ich von den Splitzeiten super dabei - doch je länger es dauerte, desto mehr hat der Reifen abgebaut.

Was war gestern los?

Auf der ersten Prüfung konnte ich kein Gefühl entwickeln, dann hatte ich auch noch ein Problem mit der Bremse. Da war schon am Anfang ein gewisses Bremsfading, da fühlst du dich dann einfach nicht wohl. Da weißt du nicht, wo das Rad blockiert und wo nicht - und dann ist dieser Schaden auch noch dazugekommen. Und dann war mein Selbstvertrauen sozusagen im Eimer.

Dabei macht dieser Schaden in Wirklichkeit, wenn du gut drauf bist, sehr wenig aus - okay, am Schluss der Prüfung hast du halt keine Bremse mehr. Aber so lange du noch eine Bremse hast, kostet dich der Schaden nicht wirklich viel Zeit. Die ersten fünfzehn Kilometer darf so ein Schaden eigentlich nichts ausmachen - aber du hast dann halt kein Vertrauen mehr.

Haben diese Bremsprobleme etwas zu tun mit den Bremsproblemen, die du in Monte Carlo hattest?

Nein, die waren anders. Diesmal war das Problem folgendes: Die Bremssättel sind innen mit einer Flüssigkeit gekühlt, also eine extra Flüssigkeit, kein Öl. Und diese Flüssigkeit ist ausgeronnen und im Auto ausgelaufen und damit hatte ich keine Kühlung mehr für die Sättel.

Dann haben sie überhitzt und deshalb hast du die Kurven mehrmals anbremsen müssen?

Ja, dann probierst du halt immer - du schaust, ob du ein hartes Pedal hast oder nicht. Da traust du dich dann nicht mehr, da schaltest du dann komplett ab.

Und diese Probleme gab es den ganzen Tag über? Von der zweiten Prüfung an?

Ja, wir haben im Service versucht, das zu reparieren - aber da haben wir die wirkliche Ursache nicht gefunden. Und dann sind wir zur ersten Nachmittagsprüfung raus gefahren und schon da war die Flüssigkeit wieder im Auto. Dann haben wir halt von der Mosel ein bisschen Wasser geholt, haben versucht, die Bremsen ein bisschen zu kühlen, aber das brachte recht wenig.

Ist der Motor jetzt so stark wie du das haben willst? Bist du zufrieden?

Ja, das war ich schon in Finnland. Dort ist es schon sehr wichtig, einen guten Motor zu haben - und dort sind wir eigentlich sehr, sehr gute Zeiten gefahren. Heute am Morgen hatten wir die falsche Reifenwahl und waren trotzdem gut dabei. Und auch auf der Prüfung, auf der wir ausgefallen sind, waren wir bei der ersten Splitzeit sehr gut dabei. Vier Zehntel langsamer als Duval - das ist okay.

Vor der Sommerpause war das Verhältnis mit Citroen ja ziemlich unterkühlt - da gab es ja die Befürchtung, dass man Duval ein besseres Auto hinstellen würde…

Diese Spekulationen überlasse ich jedem selbst. Da gab es auch Leute, die mich hier bei der Deutschland-Rallye angerufen haben und die gesagt haben, dass der Wagen von Duval besser gehen würde als meiner.

Aber du glaubst das nicht? Du schließt das aus?

Nein, das sind für mich reine Spekulationen. Ob die Autos gleich sind oder nicht - ich weiß, was hier in Deutschland am ersten Tag nicht gut gelaufen ist. Und ich weiß, dass ich heute absolut gleich schnell gefahren bin. Ich habe wirklich das Gefühl, dass über den Sommer sehr viel passiert ist.

Die Motivation war für mich Finnland, denn das ist garantiert nicht meine Rallye - und ich war dort noch nie so gut wie heuer, nach drei Prüfungen war ich Fünfter der Gesamtwertung. Oder der Vergleich mit Henning Solberg: Im letzten Jahr war ich bei zwölf Rallyes zehnmal schneller als er, nur in Finnland zog er Kreise um mich. Und heuer war ich in Finnland eigentlich schneller als er.

Was sagst du zur Leistung von Francois Duval?

Die war wie erwartet. Ich habe das schon im Vorfeld gesehen, dass er um den Sieg fahren kann. Seine Leistung überrascht mich nicht - und das freut mich für die OMV, das freut mich für das Team. Das kann mir selber auch nur gut tun.

Welche Konsequenzen ergeben sich aus seiner Fahrt? Wird er noch weitere Rallyes bei Kronos bestreiten?

Keine Ahnung - aber ich hoffe, dass ich wieder einen Teamkollegen haben werde. Für mich ist ein so schneller Teamkollege ein Geschenk vom Himmel. Für mich ist das einfach viel besser, denn du kannst dich austauschen und viel mehr Informationen für dich selbst herausfiltern. Denn die Roten da drüben - das ist ein anderes Auto. Hier kann ich alle Daten einsehen, hier habe ich einen direkten Vergleich.

In Neuseeland kann Duval aber sicher nicht fahren, oder?

In Neuseeland wird er ziemlich sicher nicht fahren können, denn das wäre logistisch eigentlich nicht möglich. Aber nach Neuseeland kommen zwei Asphalt-Rallyes - und da könnte ich mir vorstellen, dass er auch wieder dabei ist.

Ist der Francois dir gegenüber gesprächiger als den Medien gegenüber?

Er ist ein Mensch, der nicht sehr viel redet - außer kurz vor dem Start, da hat er sehr viel mit mir gesprochen. Aber sonst spricht er mit mir auch nicht sehr viel mehr - was aber sicher auch an der Sprachbarriere liegt.

In Neuseeland findet die nächste Rallye statt…

Das ist eine meiner Lieblingsrallyes. Ich freue mich schon sehr darauf - wobei: Ich habe mich auch auf die Deutschland-Rallye gefreut. Ich war froh, wieder einmal auf Asphalt zu fahren, speziell mit diesem Auto. Aber wenn es nicht laufen will, dann läuft es nicht - da kannst du machen was du willst.

Was gefällt dir an der Neuseeland-Rallye?

Dass sie so schön ist - die Straßen sind so flach, dass du, übertrieben gesagt, sogar mit Formel 1-Autos fahren könntest. Ich meine damit, dass es keine großen Steine gibt, dass die Strecke eben ist. Du brauchst dort nicht aufs Auto aufpassen - du kannst attackieren.

Und? Ist ein Podium möglich?

(lacht) Heuer ist das vielleicht ein bisschen übertrieben.

Top 5?

Schau - Punkte wären schon einmal nicht schlecht. Und wenn es mir endlich einmal wieder einmal aufgehen würde, dann glaube ich, dass wir in die Top 6 fahren können. Aber ich sage dir ganz ehrlich: Mir ist das Ergebnis momentan so was von egal - ich will nur, dass es bei einer Rallye endlich wieder einmal so läuft, wie ich mir das vorstelle.

Ist kein wirklich gutes Jahr heuer, oder?

Naja, das ist relativ. 2005 wären wir mit so einem Jahr total happy gewesen. Aber man stellt sich natürlich dann auch höhere Anforderungen. Aber ich habe damit kein Problem, es ist nur schade - weil halt mit dem Erfolg auch die Motivation des Teams steigt. Von den Ingenieuren, den Technikern, von mir selber - von allen. Da musst du halt aufpassen, dass nicht wie bei Petter Solberg die Flinte ins Korn geworfen wird. Aber wir fliegen schon in vier Tagen nach Neuseeland und da beginnen wir wieder von neuem.

Reist du sofort ab oder bleibst du noch hier in Trier?

Ich schau mir schon noch die Rallye fertig an. Und in vier Tagen fliegen wir schon wieder nach Neuseeland und da beginnen wir wieder von neuem. Ich freue mich wirklich sehr auf diese Rallye.

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