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11 Jahre Rallye-WM im Zeitraffer

Lang hats gedauert: Raimund Baumschlager startet nach fast zehnjähriger Pause wieder einmal bei einem Rallye-Weltmeisterschaftslauf.

Vom 17. bis 19. August kehrt der Remus-Pilot an jene Stätte zurück, wo er 2001 bei der WM-Generalprobe eine beeindruckende Leistung bot. Vor der Abreise zur Deutschland Rallye ließ der fünffache österreichische Staatsmeister seine bisherigen WM-Einsätze Revue passieren.

Jugendsünden

Angefangen hat es 1987 in San Remo mit einem Toyota Corolla GT, als der damals 26jährige Oberösterreicher seinem Beifahrer Hubert Stadler das Fürchten lehrte. „Der hat mich damals als Spinner bezeichnet und zum Lesen aufgehört, weil ich im dichten Nebel zu schnell gefahren bin. Da wir aber auf der Strasse blieben, hat er aber wieder weiter angesagt“, erinnert sich Baumschlager. Er konnte die Rallye als 20. der Gesamtwertung beenden, mit viel Mühe. „Die letzten Prüfungen sind wir mit Regenreifen gefahren, weil uns die Slicks ausgegangen waren, aber es war sehr lehrreich.“

Schon ein Jahr später gab es in San Remo die ersten WM-Punkte. Mit Andreas Wolf als Beifahrer preschte Baumschlager mit einem VW Golf GTI 16 V, dem lautesten Auto im Feld, auf den 8. Platz vor, gab es nicht nur Lob und Anerkennung von den Weltmeistern Miki Biasion im Lancia Delta Integrale und Stig Blomqvist, der wie „Mundl“ in einem Zweirad getriebenen Auto unterwegs war, sondern auch Beifall von zigtausenden Fans, die die Fahrt von Baumschlager bejubelten. „Als wir ins Turiner Stadion mit Startnummer 52 nach der Chefpartie einfuhren, da sprangen die Zuschauer von den Sitzen auf und feierten uns stürmisch, da lief es mir kalt über den Rücken.“

GTI geht eh nie....

1989 und 1990 brachte Baumschlager mit Ruben Zeltner den Golf GTI weder in Portugal noch in Griechenland ins Ziel. „In Portugal bin ich beide Male an derselben Stelle ausgeschieden. Ich erinnere mich genau, auf Asphalt war ich gut dabei. Dann auf der Prüfung „Freita“ habe ich im Nebel vier Autos überholt, als die Sicht wieder frei war, bin ich auf einer schlammigen Stelle ausgerutscht und in einen Felsen gekracht. Ein Jahr später habe ich wieder die Straße verfehlt und bin in einem Graben gesteckt. Da ist mir zum ersten Mal der Gedanke gekommen aufzuhören, weil ich zum Rallyefahren `zu blöd bin`. In Griechenland musste ich 1989 aufgeben. Damals ging die Akropolis noch über fünf Tage und extrem materialaufwendig. Es war auf der „Pentaki II“, wir waren mit Superzeiten unterwegs als die Antriebswelle brach und wir das hinter uns liegende Team Armin Schwarz/Klaus Wicha vorbeilassen mussten. Damals haben wir uns kennen gelernt und das erste Zusammentreffen blieb nicht ohne Auswirkungen. Mit Klaus bin ich später in der WM und in der österreichischen Meisterschaft gefahren, mit Armin habe ich das Red Bull Rallye Projekt gestartet.“

Das absolute Highlight in der Karriere des Raimund Baumschlager war aber 1990 die Korsika Rallye. Nach einem gewaltigen Kampf mit Francois Delecour im Peugeot steuerte Baumschlager den VW Golf auf den 5. Gesamtplatz. „Da hatte ich das erste Mal so richtig ein mulmiges Gefühl und wir hatten in unserem Schrieb zum ersten Mal auch die Ansage `Achtung! Absturz`! Die Prüfungen waren brutal gefährlich, Weltklassepiloten wie Bettega und Toivonen waren abgestürzt und in ihren Autos verbrannt. Heute ist das alles entschärft.“, sagte Baumschlager.

Meet Mr. Vatanen

Dann folgte nach einer vierjährigen Pause das Engagement beim SMS-Team von Konrad Schmidt mit einem Ford Escort RS Cosworth. Teampartner war Ari Vatanen. „Von ihm habe ich sehr viel gelernt, denn wir haben sehr viel getestet. Die Einsätze waren weniger erfolgreich. Bei der Akropolis-Rallye musste ich wegen gebrochener Stossdämpfer aufhören – ein Produktionsfehler – und bei der 1000-Seen Rallye bin ich ganz `unwürdig` abgegangen. Ich war richtig gut dabei, als ich in einer normalen Kurve mit dem Heck die Böschung streifte und mich überschlug. Ein ganz `unfinnischer` Abgang“, meinte Baumschlager, der damals mit dem Stamm-Co. von Erwin Weber, Manfred Hiemer, fuhr.

Dann kam die Zeit mit Klaus Wicha und im VW Golf KitCar - 1996 RAC-Rallye: „Es war ein Zweiliter-Lauf mit ein paar Allradlern. Trainiert haben wir hauptsächlich im Schnee. Als die Rallye gestartet wurde, war es aper und auf den im Training trockenen Stellen lag Schnee. Da hat natürlich der Schrieb überhaupt nicht gepasst und es gab sehr viele Unfälle. Diese schwierige Rallye haben wir auf Platz 10 beendet.“

Heia Safari!

1998 kam das „Wahnsinnserlebnis“ Safari-Rallye. „Ich fuhr damals mit Klaus im Sawfish-Team und das erste Mal mit Kris Rosenberger als Partner. Wir kamen ohne Vorbereitung nach Afrika und überraschten am Ende alle „Experten“ die uns nur belächelten und uns das Ende der Rallye am ersten Tag prophezeiten. Wir haben die Erwartungen weit übertroffen, unseren Kritikern das Gegenteil bewiesen und sind als Sechste und Achte ins Ziel gekommen. Kris und ich sind einfach eine clevere Rallye gefahren und haben gezeigt, dass man auch mit Hirn weit vorne landen kann und nicht nur durch `hinhalten`, also fest Gas geben. Wenn ich mir irgendwann einmal aussuchen könnte für ein Team eine Rallye zu fahre, da stünde die Safari an oberster Stelle.“

Beim nächsten Einsatz in Portugal schieden Baumschlager/Wicha schon vor der Rallye aus. „Auf der Anfahrt zur Super Stage hat sich die Kupplung `verklebt` und wir kämpften uns drüber, auf der Fahrt zum richtigen Start war es dann vorbei.“

Durchs Reden kommen die Leut zsamm?

1998 bestritt Baumschlager den letzten WM-Lauf, wieder in England mit dem VW Golf KitCar. Eine Nacht- und Nebelaktion, die nach Kommunikationsschwierigkeiten im Out endete. „Es war dichter Nebel und Klaus hat mir eine Ansage wiederholt, was er sonst nie gemacht hat. Auf `150 Kuppe voll, folgte 80 links zwei` – er meinte es gut und wiederholte die Kurvenkombination und statt links zwei fuhr ich Kuppe voll – wir landeten in einem Sumpf und vorbei war es“. Vorbei waren damit auch die offiziellen WM-Einsätze von Baumschlager, der in der WM-Szene aber weiter mit Klaus Wicha engagiert war. Als Gravel-Crew und Eisspion für verschiedene Teams und auch nach wie vor ist der Remus-Pilot aktiv als Schotterspion und Reifenberater für das Red Bull Rallye Team und Andreas Aigner im Einsatz.

Baumschlagers Resumee: „Wenn ich auch bei meinen WM-Einsätzen öfter ausgefallen als ins Ziel gekommen bin, schnell war ich immer unterwegs.“

Zurück in die Zukunft

Schnell wollen Baumschlager/Wicha auch wieder bei der ADAC Rallye Deutschland sein. Mit Lokalmatador Hermann Gaßner hat der Remus-Pilot ähnlich wie bei der WM-Generalprobe mit Delecour einen extrem starken Konkurrenten um den Sieg in der Gruppe N. „Deutschland ist zwar ein 1600er WM-Lauf aber auch ein Lauf zur deutschen Rallyemeisterschaft und daher ist die Konkurrenz in der Gruppe N mit 30 Startern enorm stark.“

„Die Deutschen kennen sich daheim ja sehr gut aus. Aber wir schauen nach vorne und wollen gewinnen. Ich freue mich schon sehr auf die Rallye, weil ich auch nicht mehr damit gerechnet habe, als Fahrer bei einem WM-Lauf dabei zu sein.“ In seinem BRR Mitsubishi Evo IX mit Startnummer 63 will Baumschlager die gute, alte Zeit wieder aufleben lassen.

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