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Zwischen Weltraum und Strafraum

Richard Lietz hat leider bereits Feierabend, Wurz & Klien hatten ihre Schwierigkeiten. Knappes Rennen Audi-Peugeot!

Johannes.Gauglica@motorline.cc

Zuerst ein Reisetip für alle Le-Mans-Fans: seit heuer fährt eine Straßenbahn vom Stadtzentrum direkt zur Strecke. Praktisch! Der eine oder andere Fahrer wartet wahrscheinlich schon auf die Tramway zurück zum Hotel...

Die Startprozedur ist eine Wissenschaft, die man in Le Mans so gut versteht wie nirgendwo anders. Es geht sich jedes Jahr fast auf die Sekunde genau aus: Pünktlich um 15.00 Uhr entließ das Pace-Car die 55 Starter in die 76. Auflage des Grand Prix d’Endurance.

Bei 17 Grad Außentemperatur zeigte sich der Himmel bedeckt, die Wetterfrösche drohen immer noch leise mit Regen…

Die Startfahrer der Österreicher-Autos: Pedro Lamy führte im Peugeot Nr. 8 das Feld über den Start, gleich dahinter Franck Montagny in Christian Kliens Peugeot Nr. 9.

Auf Position 37 startete Karl Wendlinger den Aston Martin Nr. 007, er war der einzige österreichische Fahrer in Aktion in dieser Phase. Alex Davison steuerte den Felbermayr-Porsche Nr. 77 auf Position 42.

Weltraum & Strafraum

Und Richard Lietz’ GT2-Porsche war am Ende der Startaufstellung platziert - die Pole Position war weg! Die Offiziellen versetzten dieses Auto kurzfristig wegen eines mysteriösen Regelverstoßes ganz zurück. Startfahrer Pat Long war klarerweise „ang’fressen“, aber was kann soll man machen.

Das Signal zum Start kam aus dem Weltraum: Die Astronauten der internationalen Raumstation ISS hatten diesmal die Ehre. Der Anlass: Vor 100 Jahren fand hier in Le Mans, auf dem Gelände der heutigen Rennstrecke, der erste Motorflug der Geschichte in Europa statt. Geschichte, wohin man schaut!

Lift-Off

Wenn das Tempo weiter so durchgehalten wird, dann wird sich Dr. Helmut Markos Distanzrekord aus dem Jahr 1971 heute in Luft auflösen. Die Diesel-Teams von Audi und Peugeot liefern sich eine beeindruckende Schlacht.

Audi hat bereits ausgesehen wir der sichere „Vizemeister“, die Peugeot lieferten in den vor allem fürs Fernsehen so wichtigen ersten Runden eine Show ab. Der Peugeot Nr. 8 war das schnellste Löwen-Team, Lamy/Sarrazin/Wurz legten einige Male die schnellste Rennrunde hin. Allan McNish im Audi Nr. 2 hielt sich als einziger der R10-Piloten halbwegs in Schlagdistanz zu den Peugeot.

Aus für Lietz

Um 16:45 gab es dann ein Drama in der GT2-Klasse. Vom aller-allerletzten Startplatz war der IMSA-Performance-Porsche wieder auf Rang 3 in der Klasse aufgetaucht, der Niederösterreicher Richard Lietz hatte gerade an Pat Long übergeben. Der schaffte leider nur mehr eine Runde: Am Beginn der Indianapolis-Kurve gerieten der Lizards-Porsche und der IMSA-Performance-Porsche aneinander!

Das linke Vorderrad war weg – und damit auch die Chance auf den Sieg: Ende des Rennens nach 2 Stunden! Nach der fulminanten Aufholjagd müssen Lietz/Long/Narac den Ausfall hinnehmen.

Lange Gesichter bei Peugeot

Um 17:15 begann eine Reihe von Ärgernissen für Peugeot: ein eher unerwarteter Boxenstop für Peugeot Nr. 8, Wurz stieg ein – aber das Auto wurde in die Garage geschoben. Getriebeprobleme! Offenbar ein Defekt an der komplexen Hydraulik des 908.

Damit war die Führung weg, Alex’ 100%-Rekord (1996 war er jede Runde seines Rennens in Führung) besteht nicht mehr. Das Auto ist fiel weit, weit zurückgefallen; ohne Pech der Konkurrenz wird ein Stockerlplatz schwer erreichbar sein.

Christian Klien im Auto Nr. 9 übernahm die Führung. Hinter ihm kam Jacques Villeneuve nach kurzem Turn ebenfalls an die Box, Reifenschaden - damit rutschte McNish auf Platz 2.

Dann die schwarze Flagge für Christian Klien! Die Scheinwerfer links funktionierten nicht mehr, und das ist in Le Mans nicht zulässig. Beim Boxenstop dauerte die Montage des neuen Vorderteils viel zu lange. Klien übergab das Auto an Zonta, und der hatte Ärger mit dem Sicherheitsgurt! Die Sekunden tickten dahin…

Klien war dennoch nicht unzufrieden: „Mein erster Stint in Le Mans, und es war einfach großartig! Meine Rundenzeiten waren recht gleichmäßig und ich habe beim Überholen der andere Autos keine Probleme gehabt. Es macht mir eine Menge Spaß.“

Im Vergleich zu den Trainings am Donnerstag fand Klien die Balance des Autos verändert vor: „Ich hatte mehr Grip auf der Vorderachse. Ich habe meinen Fahrstil etwas umgestellt und auf die Hinterreifen ein bisschen aufgepasst, dann war es eigentlich OK.“

Weshalb war der Scheinwerfer defekt?: „Ich habe in Wahrheit keine Ahnung. Das Team hat mir gesagt, ich muss zur Reparatur hereinkommen; aber das war kein großes Problem, ich war sowieso knaspp vorm Fahrerwechsel. – Vielleicht war ein Hase auf der Strecke und ich hab’ ihn nicht gesehen… - aber ich glaube nicht, dass ich irgendwo angefahren bin.“

(Für alle TierfreundInnen: Da war kein Hase auf der Strecke.)

Peugeot sieht jedenfalls nicht mehr so unbesiegbar aus wie im Training… - auf der Strecke kämpfen Audi Nr. 2 und Peugeot Nr. 7 um die Führung.

GT1: Wendlinger konkurrenzfähig

Karl Wendlinger strahlte nach seinem Doppelstint im Aston Martin DBR9 seine übliche ruhige Zuversicht aus: „Das Auto ist läuft sehr gleichmäßig. Im zweiten Turn musste ich etwas auf meine Reifen aufpassen, ansonsten läuft’s sehr gut!“

Der Aston 007 hält sich vorderhand im Hintergrund und beobachtet den Kampf des Schwesterautos Nr. 009 gegen die beiden Werks-Corvette. Dort hatte die Nr. 63 bereits ihre Schwierigkeiten und fiel auf Platz 3 zurück.

Corvette-Fahrer Oliver Gavin meint: "Dieses Rennen wird von einem einzigen Fehler entschieden werden. Nur wer keinen Fehler macht, wird gewinnen." - Ein Nervenkrieg auf hohem Niveau!

GT2: Felbermayr voll dabei

In der GT2-Klasse ist der im Training so gut wie unsichtbare Risi-Ferrari Nr. 82 (Salo/Melo/Bruni) in Führung vor dem Felbermayr-Porsche Nr. 77, dort teilen sich Wolf Henzler und Alex Davison die Hauptarbeit.

Horst Felbermayr sen. weiß als cleverer Geschäftsmann genau, wie man Verantwortung delegiert, und lässt die jungen Burschen ein bissl arbeiten.

Die Felbermayr’sche Geheimwaffe heißt Norbert Singer: Der legendäre Porsche-Techniker koordiniert bei Felbermayr-Proton die Rennstrategie.

Auch in der LMP2-Klasse wird zwischen den beiden Porsche-Teams im Sekundenabstand um die Führung gefightet. Die 300.000 Zuschauer vor Ort sehen ein spannendes Rennen quer durch die Klassen, und wenn das Wetter mitspielt, wird es eine lange Nacht in Le Mans!

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