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24h Le Mans 2009

"Ich visiere den Sieg an"

Vor seiner Abreise nach Le Mans gab Christian Klien noch einige Einblicke in Vorbereitung und Schwierigkeiten des 24h-Klassikers.

Der Vorarlberger fährt heuer zum zweiten Mal beim 24-Stunden-Klassiker mit, wieder im Team von Peugeot Sport. Voriges Jahr war es sein erstes Sportwagenrennen überhaupt. Nach starken Leistungen z.B. beim „Petit Le Mans“ in Road Atlanta Ende 2008 steht heuer schon der erste Sportwagen-Sieg bei den 1000km von Spa-Francorchamps zu Buche.

Deshalb sieht Klien sich und das gesamte Peugeot-Team durchaus in einer Favoritenrolle: „Sicher versuchen wir dieses Jahr, Le Mans zu gewinnen. Die Vorbereitung bei den Wintertestfahrten und den Rennen in Sebring und Spa sind sehr gut verlaufen.“ – Im letzten Rennen vor dem großen Klassiker konnte der BMW-Testfahrer ja seinen ersten Sieg im Sportwagen holen.

„Danach hatten wir einen Test über 28 Stunden; da sind wir 6.500 Kilometer durchgefahren, ohne irgendein Problem. So gesehen ist die Vorbereitung sicher optimal gelaufen. Wir wollen auch ganz klar dieses Jahr gewinnen. Letztes Jahr waren wir schon sehr knapp dran.“

Beim Speed hatten die Peugeot im Jahr 2008 durchaus Vorteile: „Aber wir waren im Vergleich zu den Audi strategisch nicht so gut aufgestellt. Auch bei den Boxenstops haben wir im Schnitt sieben Sekunden verloren. Und das alles haben wir auch über den Winter zu verbessern versucht. Ich glaube, wir stehen sehr gut da.“

„Sehr nah an der Formel 1“

Manche Formel-1-Apologeten betrachten die Rennwelt außerhalb des Grand-Prix-Zirkus, und somit auch Le Mans, abwertend. Ron Dennis hat sich 2008 etwas abschätzig über die Prototypen geäußert. Klien fährt als einer von wenigen Piloten beides in einer Saison und hat den direkten Vergleich:

„Die LMP1 sind sehr, sehr nah an der Forme l1 – von allen Autos der Formel 1 am allernächsten, vom Fahrstil und Fahrverhalten her. GP2 und all diese Serien sind sicher auch sehr ähnlich, aber das sind natürlich Nachwuchsserien. Daher kann man auch viel Erfahrung von der Formel 1 in den Langstreckensport mitbringen. Was man schon als junger Fahrer in der Formel 1 vom Umgang mit der Technologie lernt, kann man dort einfließen lassen, weil auch viel weiterentwickelt wird. Und vom Fahrerischen her sind die Rennen in der Le Mans Series sehr interessant.“

Und im Diesel-Boliden auch etwas leiser: „Und das ist ganz angenehm. Mit dem Dieselmotor ist die Lautstärke im Cockpit eigentlich sehr gering. Das Drehzahlband geht von zweieinhalb- bis fünftausend Umdrehungen. Im Gegensatz von bis zu achtzehntausend im Formel 1! Du kannst schon während der Fahrt das Debrief mit dem Ingenieur machen, weil’s so leise ist.“

Neue Teamkollegen

Bei Peugeot hat man die Fahrerteams etwas umgestellt; es gab Neuzugänge, und man hat die Piloten neu zusammengewürfelt. Das hat sich bei den Testfahrten in Paul Ricard ergeben: „Erstens vom Fahrstil her: manche Fahrer wollen eher ein untersteuerndes Auto, manche ein übersteuerndes. Und weil man für die drei Fahrer einen Kompromiss finden muss, hat man die Piloten zusammengetan, die einen ungefähr ähnlichen Fahrstil haben, das Auto also ähnlich abstimmen. Und zusätzlich von der Größe her; das heißt, dass der Sitz ähnlich ist und beim Boxenstop wenig Zeit kostet.“

Tierkreiszeichen und Schwingungen haben also nichts damit zu tun! Der Österreicher teilt sich das Auto heuer mit Nicolas Minassian und Pedro Lamy, ein Team mit Siegpotential: „Beide sind sehr erfahren im Langstreckensport, dort bin ich der Rookie, nachdem ich erst letztes Jahr das erste Mal beim 24-Stunden-Rennen dabei war. Man kann sich doch viel von diesen Fahrern abschauen.“

Denn die Langstreckenrennen erfordern einen andere Zugang als die Sprintrennen der Formel 1: „Erstens wird extrem viel überholt: bis zu 10, 15, 20 Überholmanöver pro Runde, weil einfach so viele Autos auf der Strecke sind. Da so schnell als möglich die Überholungen abzuspulen, um möglichst wenig aufgehalten zu werden, ist etwas, das man lernen muss. Da sind diese zwei Fahrer extrem gut, speziell Pedro Lamy.“

Das äußert sich in den flotten Rundenzeiten. Noch einen Vorteil hat die neue Fahrerkombination: „Von der Größe her sind wir ungefähr gleich, wir verwenden denselben Sitz, die Boxenstops sind sehr schnell. Ich bin mit dieser Kombination sehr zufrieden!“

An der Größe scheitert auch das rot-weiß-rote Dream-Team Klien/Wurz. Spielt die Konkurrenz mit einem anderen Österreicher eine Rolle, oder ist Wurz ein Gegner wie alle anderen?

„Vor allem will Peugeot dieses Rennen gewinnen – egal mit welchem Auto. Was auch sehr gut ist: denn das heißt, es gibt keine Stallorder. Und man kann auch gar nicht auf ein Auto setzen, weil das Rennen einfach so lang ist, dass man wirklich auf drei Pferde setzen muss. Wer am Schluss vorn ist, fehlerfrei es am besten gemacht hat, der steht dann auch oben!“

Interessante Tätigkeit, flexible Arbeitszeiten

Es herrscht für die jeweils drei Fahrer pro Team kein Mangel an Gelegenheit zum Autofahren: „Ich fahre am Tag zwei Stints, das ist eine Stunde und 45 Minuten, und in der Nacht drei Stints, circa zweieinhalb Stunden.“ – Also länger als ein Grand Prix. Was ist anstrengender, Le Mans oder die Formel 1?

Klien differenziert: „Körperlich ist die Formel 1 anstrengender, weil die Fliehkräfte viel höher sind und man das ganze Rennen 120 Prozent geben muss. In Le Mans sind in der Rennstrecke relativ lange Geraden, da kann man sich körperlich wieder erholen. Aber mental finde ich Le Mans fast schwieriger; speziell in der Nacht. Durch die schlechte Sicht, die vielen Autos, die du überholen musst; auch die Augen werden in der Nacht müde – all das belastet den Kopf sehr.“

Für die Trainings ist Regen vorhergesagt, auch während des Rennens könnte es eventuell ordentlich wascheln. Ist das gegenüber 2008 veränderte Auto leichter im Regen zu fahren als im Vorjahr? Nein, meint Christian Klien:

„Die Reifen sind die gleichen geblieben, wir haben etwas weniger Downforce in diesem Jahr – wenn überhaupt, ist es im Regen eher ein bisschen schwieriger geworden. Wobei: letztes Jahr haben im Regen sicher schlussendlich ein bisschen Zeit auf Audi verloren, aber es war sechs Stunden lang nass – die ersten drei Stunden haben wir verloren, die letzten drei Stunden wieder aufgeholt. Es geht dann viel mehr über die Strategie aus: mit welchen Reifen man hinausfährt, wie wohl sich die Fahrer auch im Regen fühlen.“

Alte Gegner mit neuem Werkzeug

Audi hat heuer ein völlig neues Auto (um dessen Legalität leider gestritten wird), in Sebring waren die beiden Fahrzeuge beinahe haargenau gleich schnell. Beim Spiritverbrauch liegen die beiden Fahrzeuge ebenfalls nahe beieinander.

An der Sarthe, denkt Klien, hat Peugeot einen kleinen Vorteil:

„In Bezug auf Le Mans denke ich, dass der Peugeot aerodynamisch windschlüpfriger ist. Wir haben einen höheren Topspeed, deshalb denke ich, dass wir in Le Mans eher ein bissl besser sein werden. Aber man darf nicht vergessen, dass Audi jetzt schon das zehnte Jahr in Le Mans unterwegs ist und strategisch extrem viel Erfahrung hat. Und auch mit den Fahrern: das Einser-Auto mit McNish, Capello und Kristensen, die sind schon extrem erfahren in Le Mans. Das macht schlussendlich auch was aus.“

Zielsetzung

„Ich visiere auf jeden Fall den Sieg an. In Le Mans nimmt man teil, um das Rennen auch zu gewinnen. Die Voraussetzungen vom Team und vom Auto her sind sehr gut. Deshalb möchten wir um den Sieg mitfahren. Was natürlich in diesen 24 Stunden passiert, kann man jetzt nicht vorhersagen. Aber das Ziel ist ganz klar der Sieg.“

Wie geht es mit Christian Kliens Engagement bei Peugeot weiter: „In dieser Saison waren von Peugeot bis Le Mans drei Rennen geplant. Nach Le Mans wird entschieden, welche Rennen sonst noch gefahren werden. Ich bin für diese Rennen von BMW freigestellt, um zusätzliche Rennerfahrung zu sammeln, was sehr gut ist. Wenn es noch weitere Rennen in dieser Saison gibt, werde ich die auch bestreiten, sofern es geht. Außerdem hoffe ich für die nahe Zukunft, dass in der Formel 1 das Politische etwas in den Hintergrund rückt und klare Strukturen für 2010 da sind.“

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