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Der Traum von sportlicher „Unsterblichkeit“

Über Schumachers wahre Motivation, das Dilemma seines „Wasserträgers“ Barrichello und den unvermeidlichen Zerfall des Ferrari-Dream-Teams.

Hans-Peter Voglhuber

Das ging ja hurtig mit Michael Schumachers Vertragsverlängerung bei Ferrari. Scheinbar wollten die Italiener sicherstellen, dass Schumacher seine Karriere bei ihnen beendet und sie nicht womöglich in den nächsten Jahren mit einem Konkurrenzprodukt ärgert. Dass sich Schumacher die Vertragsverlängerung fürstlich abgelten ließ, ist verständlich.

Ob jedoch soviel Geld für einen Formel-1-Fahrer grundsätzlich gerechtfertigt ist, egal wie erfolgreich dieser auch sein mag, würde ich klar mit nein beantworten. Ehe mich jetzt die Fanschar gleich ins „Neidkomplexler-Eck“ verbannt, möchte ich höflich darauf hinweisen, dass Michael Schumacher selbst öffentlich die Rechtmäßigkeit seiner Supergage und die der anderen Formel1-Spitzenverdiener in Frage stellte, so geschehen bei einem Fernsehinterview.

In diesem Zusammenhang muss auch einmal gesagt werden, dass diese Supergagen ja von jemandem bezahlt werden müssen. Ob diese Wahnsinnssummen die Sponsoren oder die Autokonzerne selbst blechen, spielt dabei keine Rolle, da „Ihre Industriellen Großzügigkeiten“ das Geld ja auch nicht selbst drucken, sondern sich die Mäuse wiederum von jemand anderen besorgen - die geschröpften Konsumenten und die schuftenden Belegschaften der Konzerne lassen diesbezüglich weltweit grüßen.

Schumacher: 2006 allein und unerreichbar am Formel-1-Olymp?

Allerdings, denke ich, geht es Michael Schumacher längst nicht mehr ausschließlich ums Geld. Obwohl er früher immer Zahlenspiele und Statistiken mehr oder minder nicht ernstgenommen oder sogar abgelehnt hatte, habe ich jetzt den immer stärker werdenden Verdacht, dass sich Schumacher (selbst)bewusst auf den Weg macht in die sportliche „Einzigartigkeit“. Mit einem sechsten WM-Titel würde er ja über Fangio und Prost allein thronen.

Hinzu kämen noch die Rekorde bei den Polepositions, bei den Führungskilometern, bei den ersten, zweiten oder auch dritten Plätzen, bei den schnellsten Rennrunden usw; immer vorausgesetzt, es läuft bei Super-Schumi weiterhin halbwegs gut. Schumacher scheint erkannt zu haben, dass seine Rekorde, so er sie noch aufstellen kann, tatsächlich nur mehr schwer, wenn überhaupt jemals wieder eingestellt oder gar überboten werden können.

Die Zeiten haben sich gewandelt und der beinharte Konkurrenzkampf in der Formel 1 lässt Serienweltmeister wie Schumacher noch einer ist, praktisch nicht mehr zu. Trotz der im Moment noch immer starken Auftritte der roten Renner aus Maranello, würde ich dennoch nicht mehr so ohne weiteres auf Michael Schumacher als Weltmeister 2003 wetten. Und 2004 dürfte für Schumacher das Siegen noch um einiges schwieriger werden.

Trotzdem scheint es Schumacher mit seiner Vertragsverlängerung bis 2006 tatsächlich darauf angelegt zu haben, um am Ende seiner Karriere als alleiniger Herrscher in den Formel-1-Olymp einzuziehen - allein, unerreicht und unerreichbar.

Barrichello: „Undank ist der Welten Lohn“ oder „selber schuld“?

Einer, der den Thron des Formel-1-Olymp ganz sicher nie erreichen wird, ist sein Wasserträger Rubens Barrichello. „Undank ist der Welten Lohn“, kann man da nur mehr sagen, oder „Barrichello hat seine Schuldigkeit getan, Barrichello kann gehen!“ Allerdings kann man dem Brasilianer den Vorwurf nicht ersparen, dass er sich diese Suppe selbst eingebrockt hat, nämlich mit seinen vertraglich festgeschriebenen Nichtangriffs- und Schumacher-Unterstützungspakten.

Was immer man ihm damals seitens Ferrari auch versprochen haben mag, er hätte einen derartigen Deal nie machen dürfen. Denn damit hatte er sich Ferrari in einer sehr demütigen, um nicht zu sagen unterwürfigen Art und Weise ausgeliefert. Und so wie es jetzt aussieht, wird Barrichello „zum Dank“ möglicherweise gar keinen Vertrag mehr bekommen und wenn, dann wette ich darauf, dass er auch weiterhin die zweite Geige wird spielen müssen, damit Schumacher ungefährdet seine „ewigen Rekorde“ aufstellen kann.

Auf Grund seines bisherigen Taktierens wäre es nicht verwunderlich, wenn Rubens Barrichello seinen Traum, einen WM-Titel in der Formel 1 zu erringen, möglicherweise niemals mehr realisieren wird. Ob der Brasilianer im Fall des Falles von einem der anderen drei Spitzenteams einen Platz angeboten bekommt, darf bezweifelt werden.

Ferrari: Auch das „Dream Team“ wird Misserfolge erleiden.

Dass Todt, Brawn und Byrne ebenfalls ihre Verträge verlängert haben, scheint auf den ersten Blick das Beste, was Ferrari passieren konnte. Doch wie ich schon öfter bemerkte, ist die Formel-1-Technik derzeit schon so ausgereizt, dass es künftig keine großartigen technischen Geniestreiche mehr geben wird – es sei denn, man ändert das technische Reglement auf dem Motorensektor, bei den Reifen und bei der Aerodynamik. Dazu müssten dann aber auch wiederum die Rennstrecken teilweise umgebaut werden, damit weiterhin die bestmögliche Sicherheit gewährleistet bleibt.

Unter all diesen Aspekten werden also auch für Schumacher und Ferrari die Trauben künftig wieder höher hängen, da die Gegner bald ebenfalls auf dem technischen Level von Ferrari angekommen sein werden. Und dann wird auch bei Ferrari wieder der nicht mehr ganz so strahlende Rennalltag mit all seinen üblichen Tücken und Misserfolgen eingekehrt sein und aus den allseits beneideten Gejagten werden wieder Jäger geworden sein.

Sollte dieser graue Rennalltag bei den italienischen Rennern jedoch allzu früh eintreten, ist zu befürchten, dass das glorreiche Ferrari-Team schneller zerfällt, als dies für möglich gehalten wird. Aber auch ohne besonderes Pech wird sich dieses Team in absehbarer Zeit auflösen, und man darf gespannt sein, wie gut die hinterlassenen Lücken gefüllt werden können.

Doch dieses Problem betrifft nicht nur Ferrari, sondern grundsätzlich jedes andere Team auch. Und eines steht für mich jetzt schon fest: mit Leuten wie Brawn, Byrne, Todt, Newey und wie sie alle heißen, werden die letzten großen Individualisten verschwinden und die Formel-1-Boliden der Zukunft zu einheitlichen Industrieprodukten mutieren.

Ihr Hans Peter Voglhuber

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