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Motorsport: Hintergrund

Autocross seit 1994 ohne FIA/OSK-Status

FIA-Präsident Max Mosley behauptet, dass man die Formel 1 von der FIA abnabeln wolle - im heimischen Autocrosssport ist das längst passiert...

Michael Noir Trawniczek
Fotos: WRT Hollabrunn

WRT-Obmann Franz Häusler (links).

"Die kommerziellen Rechteinhaber der Formel 1 und Bernie Ecclestone wollen die FIA komplett aus der Formel 1 entfernen und künftig ihre eigenen Regeln schreiben", warnte FIA-Präsident Max Mosley in seinem Schreiben an die Delegierten des Automobilweltverbands. Aus diesem Grund wäre es unklug, ihn in dieser heiklen Phase als Präsidenten abzusetzen, fügte Mosley hinzu...

Zwar hat Bernie Ecclestone in einer Stellungnahme erklärt, es ginge lediglich um das von der britischen News of the World veröffentlichte Sadomaso-Video des 69-jährigen Briten und um die Frage, welcher Beschluss bei der Generalversammlung der FIA am 3. Juni getroffen werde - dennoch wäre ein solches Abnabelungsbegehren angesichts der großen Unzufriedenheit seitens der an der Formel 1 teilnehmenden Hersteller nicht verwunderlich. Es wäre ein tiefer Einschnitt für die Sportbehörde. In der Folge würden sich weitere Rennserien von der Patronanz der FIA zu befreien versuchen. Beispielsweise herrscht auch in der Rallye-Weltmeisterschaft tiefe Unzufriedenheit - wie in der Formel 1 wird beklagt, dass die ständig neuen Regeln empfindliche Mehrkosten verursachen und die Rallye-WM zudem schlecht vermarktet wird.

Motorsport ohne FIA-Sanktus ist möglich

Ist das Betreiben von Motorsport ohne FIA-Sanktus überhaupt möglich? Sehr wohl - im Autocrosssport haben sich die Motorsportvereine sowohl in Deutschland als auch in Österreich von der jeweiligen Automobilsportbehörde des Landes losgesagt und einen eigenen Dachverband gegründet.

In Österreich ist die OSK (Oberste Nationale Sportkommission) quasi der verlängerte Arm der FIA (Federation Internationale de Automobile). Sie bestimmt die Regeln, vergibt die Rennlizenzen, kontrolliert die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften etc. Doch seit 1994 gibt es im Autocrosssport einen eigenen Dachverband.

"Wollen den Motorsport erschwinglich halten"

Franz Häusler ist der Obmann des WRT Rings in Hollabrunn, wo regelmäßig Autocrossrennen abgehalten werden - im motorline.cc-Interview erklärt er: "Seit 1994 haben wir einen eigenen Dachverband - mit eigenen Sportkommissaren, eigenen Technischen Kommissaren und einem eigenen Reglement, welches jedoch jenem der OSK ziemlich ähnlich ist. Allerdings gibt es eine wesentliche Abweichung - wir versuchen nämlich, die Konditionen für die Sportbetreibenden möglichst kostengünstig zu halten."

Wie auch auf der internationalen Ebene gab es auch im heimischen Autocrosssport das Problem, dass der Sport immer teurer wurde - unter anderem, weil die Auflagen der OSK immer umfangreicher wurden. Häusler erzählt: "Die OSK hat immer mehr Auflagen erstellt, diese wurden immer teurer. Diese Auflagen sind für die Veranstalter und vor allem auch die Nachwuchspiloten einfach nicht mehr erschwinglich."

Deshalb gibt es im Autocrosssport seit mehr als einem Jahrzehnt eine eigene Staatsmeisterschaft ohne FIA/OSK-Status. "Unser Präsident hat am Anfang einen Brief an die FIA geschrieben. Die FIA antwortete, dass wir uns an die Vorschriften des ÖAMTC und damit der OSK halten müssen. Auf einen neuerlichen Brief seinerseits hat man in Paris dann nicht mehr reagiert." Der neue Dachverband konnte auch so eine belebte Meisterschaft gründen - zu den Läufen in Hollabrunn kommen bis zu 3.000 Zuschauer, die dort neben einem umfangreichen Randprogramm puren Motorsport geboten bekommen - die Aktiven können zu erschwinglichen Konditionen ihren Sport ausüben.

Erleichterungen liegen im Detail

Neben einem stabilen Reglement liegen die Erleichterungen vor allem im Detail - in der Summe jedoch ergibt das einen erheblichen Unterschied. Häusler erklärt: "Nur ein Beispiel: Die OSK verlangt, dass ein Pilot alle zwei Jahre einen neuen Rennoverall einsetzt - das ist bei uns nicht der Fall. Oder bei den Gurten - da gibt es auch bei uns strenge Kontrollen, doch wir achten dabei eben auch auf die Geldbörse des Aktiven. Laut OSK muss ein spezieller Sicherheitstank eingesetzt werden, der jedoch unheimlich teuer ist - bei uns muss dieser nicht eingesetzt werden." Auf Kosten der Sicherheit würde das günstigere Regelwerk nicht gehen, versichert Häusler: "Wir hatten seit 1994 keine schweren Unfälle."

OSK droht mit Lizenzentzug

Bei der OSK würden die Autocross-Läufe als "schwarze Rennen" betrachtet werden, sagt Häusler. OSK-Lizenznehmern, die an einem solchen Lauf teilnehmen, drohe nicht weniger als der Lizenzentzug. "Wir hatten eine Charity-Veranstaltung - doch auch hier hat die OSK ihren Piloten gedroht, ihnen die Lizenz zu entziehen."

Annäherung möglich?

Zugleich jedoch würde es nun endlich von beiden Seiten Bestrebungen geben, die Kluft zu überwinden. Häusler sagt: "Die OSK will, dass wir zurückkommen. Derzeit scheinen wir im OSK-Kalender nicht einmal auf - es wäre ein erster Kompromiss, dass wir zumindest im OSK-Kalender aufscheinen, natürlich würden wir auch eine Kalendergebühr zahlen. Aber ich vermute, dass man in der OSK befürchtet, dass dann viele Piloten in den günstigeren Autocrosssport umsteigen würden." Wichtig wäre, so Häusler, dass man in der OSK "einmal beginnt, darüber nachzudenken, wie man den Motorsport auch für junge Leute und für die Veranstalter erschwinglich halten kann".

Womit sich der Kreis schließt - denn dieses Problem, dass die Sportbehörde mit ihren umfangreichen Vorschriften und ihren oftmaligen Regeländerungen für eine Kostenexplosion im Motorsport sorgt, gibt es nicht nur in Hollabrunn. Dort jedenfalls hat man sich auf eigene Beine gestellt - was Max Mosley auf internationaler Ebene fürchtet, ist im heimischen Autocrosssport längst passiert...

Zur Website des WRT Hollabrunn

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