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Roller-Neuling

Der neue Roller Kawasaki J300 tritt eigenständig auf, basiert aber auf einem Modell von Kymco und wird auch bei den Taiwanesen gebaut.

Thilo Kozik/mid

Kawasaki ist als letzter der vier großen Japaner endlich auf den Roller-Zug gesprungen. Dabei steigen die Grünen völlig unbescheiden nicht von unten, also der Fünfziger-Welt, ein, sondern nehmen mit dem J300 gleich das boomende mittlere Segment in Angriff.

Und wie es sich für eine Kawasaki gehört, trumpft auch der J300 mit einer besonders sportlichen Note auf, die sich an der Front in einem breiten Doppelscheinwerfer mit integrierten Tagfahrlicht-LEDs, der weit nach hinten gezogenen Scheibe und den typischen kantigen Verkleidungsteilen manifestiert - wer mag, kann hier das typische Gesicht der Ninja-Supersportler aus gleichem Hause wiederfinden.

Das sportive Design findet seine Fortsetzung über integrierte Klarglasblinker und schnittige Seitenteile bis zur scharf geschnittenen Heckpartie. Viele schwarze Details wie die Soziusrastenhalter, die Schwinge und die Federn am Heck unterstützen diesen Eindruck.

Beim Blick nach vorn fällt das Motorrad-ähnliche Cockpit mit Multifunktions-LCD-Anzeige und analogem Tachometer plus Drehzahlmesser ins Auge. Auch die Lenkerabdeckung im Metallic-Look macht einen sehr soliden Eindruck.

Bei Sonnenlicht spiegeln die Instrumente allerdings und die kleinen Warnleuchten sind kaum zu erkennen. Auf der Sitzbank sieht sich der Pilot sportiv nah am Lenker und ein wenig kompakt gebettet, der Fußraum ist recht kurz geschnitten. Auf dem Soziusplatz herrschen dagegen geradezu ausschweifende Verhältnisse mit ausklappbaren Fußrasten und breitem Polster.

Für ihr erstes Roller-Experiment haben sich die im Rollerbau unbeleckten Japaner einen zuverlässigen Partner gesucht und im taiwanesischen Zweirad-Giganten Kymco gefunden, mit dem die Grünen bereits im ATV- und Quad-Bereich kooperieren. Als Ausgangsbasis fungiert der ausgereifte und bewährte Kymco Downtown 300, den die Kawa-Entwickler optisch stark verändert und technisch verfeinert haben. Der Kawa-Scooter läuft auch bei Kymco vom Band.

Unter der aparten Kunststoffhülle arbeitet ein flüssigkeitsgekühlter Vierventil-Einzylinder mit 299 ccm Hubraum, der mit 28 PS die Speerspitze der 300er-Roller markiert. Noch mehr erfreut der bullige Drehmomentverlauf der mit neuem Zentralrechner verfeinerten Antriebsquelle: Es sind 28,7 Newtonmeter maximales Drehmoment, dank derer der 300er jeden Dreh am Gasgriff mit sauberem Vortrieb belohnt.

Für die Kraftübertragung ist eine rollerübliche stufenlose Keilriemenautomatik mit Fliehkraftkupplung zuständig, die ab zirka 3 000 Touren selbsttätig den Kraftschluss zum Hinterrad herstellt. Aus dem Stand tritt der Kawa-Scoot schon sehr ordentlich an, doch erst der gleichmäßige Schub bis an den Begrenzer bei 8000 Touren ist wirklich beeindruckend. Dabei läuft der Motor stets rau, aber nicht unkultiviert - und passt so zur bekannt eckigen Kawasaki-Philosophie.

Auch an den Basisdaten des Fahrwerks brauchten die Kawa-Techniker nicht viel zu ändern. Die verhältnismäßig kleinen Räder mit 14 Zoll vorn und 13 Zoll hinten machen den J300 sehr agil. Ein relativ langer Radstand besorgt die notwendige Fahrstabilität. Souverän und folgsam huscht der J300 durchs Hinterland der Algarve, meistert die mitunter engen Radien problemlos und erfreut mit einem großen Lenkeinschlag, der das Wenden auf der Straße erleichtert.

Die neue Abstimmung der Federelemente beschert ein für Rollerverhältnisse ungewohnt sensibles Ansprechverhalten mit großem Schluckvermögen insbesondere am Heck. So bleiben kleinere Fahrbahnunebenheiten völlig unbemerkt, selbst derbere Schläge bleiben in Gabel wie Federbeinen weitgehend hängen. Einziger Kritikpunkt ist die Unruhe, die in knackiger Schräglage bei dreistelligem Tempo überfahrene Bodenwellen ins Fahrwerk bringen.

Das könnte unerfahrene Naturen dazu verleiten, sicherheitshalber das Tempo über die beiden Bremshebel zu reduzieren. Das gelingt dank Stahlflexleitungen insbesondere bei der Wave-Einzelscheibe im Vorderrad sehr gut, die mit einer defensiven, aber sehr effektiv dosierbaren Wirkung arbeitet.

Dagegen agiert der Doppelkolbenschwimmsattel im Hinterrad deutlich kräftiger, fast schon bissig - hier greift der Bosch-ABS-Modulator recht früh regelnd ein, was insbesondere auf dem nass-glitschigen Asphalt der portugiesischen Straßen kein Fehler ist - es wäre zu schade um die sorgsam und passgenau verbundenen Verkleidungsteile.

Optimierbar ist indes der nur mäßige Wetterschutz. Bei den mitunter heftigen Regenschauern bekamen Kopf und Oberkörper des Piloten Feuchtigkeit ab, auch die Beine sind nicht perfekt vor Spritzwasser geschützt. Hier hilft die ausladende Tourenscheibe aus dem Original-Zubehör weiter. Praxisgerechter ist da der großzügige LED-beleuchtet Stauraum unter der Sitzbank, der einen Integralhelm und einen A4-Aktenordner aufnimmt.

Nicht zuletzt dank der guten Verarbeitung erscheinen die verlangten 5.550 Euro (in Österreich bzw. 5.345 Euro in Deutschland) gerechtfertigt, der für die in Grün-Silber gehaltene SE-Version auf 5.650 Euro (Deutschland: 5.495 Euro) steigt. Mit seiner verfeinerten Fahrdynamik und sportlichen Optik ist dem J300 ein sauberes Debüt gelungen, das Lust auf mehr, vor allem eigenständige Modelle der Grünen macht.

Technische Daten Kawasaki J300:

Automatikroller mit flüssigkeitsgekühltem Einzylinder-Viertakt-Motor, zwei Ventile, Hubraum 299 ccm, Bohrung x Hub: 72,7 x 72,0 mm, max. Leistung 28 PS (20,3 kW) bei 7 750/min, max. Drehmoment 28,7 Nm bei 6 250/min, elektronische Kraftstoffeinspritzung, geregelter Katalysator, CVT-Automatikgetriebe, Stahlrohr-Rahmen, Teleskopgabel vorn, Triebsatzschwinge mit zwei Federbeinen hinten, je eine Scheibenbremse vorn und hinten, ABS, Reifen vorn 120/80-14, hinten 150/70-13, Sitzhöhe 775 mm, Tankinhalt 13,0 Liter, Leergewicht 191 kg, zul. Gesamtgewicht 356 kg, Höchstgeschwindigkeit: 130 km/h, Preis 5.550 Euro (Special Edition 5.650 Euro)

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