MOTORSPORT

  • Motorline auf Facebook
  • Motorline auf Twitter

Formel-1-Boliden ab 2008 ohne Flügel?

Die einen verleihen Flügel, die anderen nehmen sie wieder weg: FIA-Präsident Mosley präsentierte seine Vision einer neuen Formel-1-Ära.

Ab dem Jahr 2008, wenn das neue Concorde-Abkommen gelten wird, sollen die Formel-1-Boliden einen gänzlich anderen Charakter aufweisen. Der aerodynamische Abtrieb, die große Domäne der Formel-1-Boliden der letzten Jahrzehnte, soll drastisch reduziert, der mechanische Gripp ebenso drastisch erhöht werden. Das heißt: Wenig bis gar keine Flügel, dazu breite Gummiwalzen. Das Ziel: Mit diesen Boliden soll das Überholen massiv erleichtert werden!

Man kann sagen: So umstritten Max Mosley und seine Maßnahmen auch sind – in diesem Punkt geht er konform mit vielen Technikern und auch Formel-1-Piloten. Schon seit Jahren werden von zahlreichen Experten Aerodynamikreduktion, Diffuserbeschnitt und eine Wiedereinführung der profillosen Slicks als Heilmittel gepriesen – statt einer die Fahrzeugstabilität störenden "Dirty Air" des Vordermanns soll es wieder den Windschatten geben, der das nahe Aufrücken zum Gegner nicht mehr bestraft, sondern aufgrund des geringeren Luftwiderstands sogar belohnt. Es gebietet nämlich das Gesetz der Logik, dass mehr Leistung eher zum Aufrücken verlocken als ein instabiles Fahrzeugverhalten.

Mosley erklärt: "Worauf wir besonders achten, ist eine drastische Reduktion der Downforce und eine sehr große Erhöhung des mechanischen Gripps. Es gibt zahlreiche Simulationen, welche besagen: Wenn wir in diese Richtung gehen würden, würde das dem Sport auf eine dramatische Art und Weise helfen, würden Überholmanöver wesentlich leichter durchzuführen sein. Das ist etwas, worauf wir wirklich achten sollten."

Konkret möchte Mosley den aerodynamischen Abtrieb auf ein Zehntel des aktuellen Werts reduzieren – man beachte: Die Änderungen des Jahres 2005, die Anhebung des Frontflügels um 5 Zentimeter sowie die Einschränkung des Diffusers sollen einen Aero-Verlust von rund 25 Prozent bewirkt haben. Ein Zehntel des aktuellen Abtriebs also wäre das Non-plus-ultra für 2008 – das müsste bedeuten: Kein Diffuser, ein winziger Heckspoiler und eventuell gar kein Frontflügel oder ein Mikrowing am Bug des Fahrzeugs. Laut Mosley sollen die aerodynamischen Hilfsmittel des Jahres 2008 gerade mal dazu reichen, das Fahrzeug zu stabilisieren.

Zugleich sollen breitere Reifen den mechanischen Grip erhöhen, die Rillen wären somit ebenfalls Motorsportgeschichte. In dieser Frage hat sich Mosley anscheinend zu einer Kehrtwende entschlossen – denn seit 1998 reduziert er die Auflagefläche der Formel-1-Pneus - die "Königsklasse" fuhr mit Rillenreifen umher, während die Nachwuchs- und Konkurrenzformeln weiter auf Slicks setzten.

Die Reifenfrage stellt keinen großen Widerstand dar, aber Max Mosley kämpft in der Frage der Aerodynamik-Reduktion nicht gegen Windmühlen, sondern gegen sündteure Windkanäle. Die Aerodynamik ist der heilige Gral der Formel-1-Brutstätten. Milliarden werden verpulvert, um in nächtelangen Windkanal-Sessions eine minimale Abtriebserhöhung feiern zu können, welche zuvor von den Computer-Animationen aufs Iota genau berechnet wurden. Eigene Windkanäle wurden gebaut. Das vielsagende Lächeln des Gerhard Berger schießt in den Kopf, als er im Sommer, auf die aerodynamische Abrüstung oder besser das Eingeständnis, dass die Teams auf diesem Gebiet nicht abrüsten wollen, angesprochen, antwortet: "Klar wollen sie das nicht".

Doch eines der Teams, noch dazu ein, oder besser das Top-Team, will plötzlich doch – die Scuderia Ferrari. In Sachen Aerodynamik scheint man, anders als bei den Tests, abrüstwillig zu sein. In Maranello wurde scheinbar zeitgleich in exakt die selbe Richtung gedacht – so sagt Mosley: "Ich war komplett entzückt und erstaunt, dass – ohne einen Kontakt zu ihnen – sie den selben Weg fanden. Wenn man das Überholen in der Formel 1 erleichtern möchte, muss man einfach diesen Schritt setzen."

Laut Autosport würden die Rundenzeiten bei einem Zehntel an Aero-Abtrieb um rund 10 Sekunden pro Runde ansteigen. Man müsse in diesem Falle auch die Nachfolgeklassen aerodynamisch beschneiden - um zu verhindern, dass diese schnellere Runden als die "Königsklasse" dreht.

Max Mosley glaubt daran, dass auch die restlichen Teams einlenken und das neue Concorde-Abkommen mit unterschreiben werden: "Die rational denkenden Teams werden bei Bernie unterschreiben. Das werden zwischen vier und sechs Teams sein. Dann werden wir uns zusammensetzen und diese Regeln verwirklichen."

Leicht ist es sicher nicht – sich die Formel-1-Boliden ohne oder mit stark beschnittenem Geflügelwerk vorzustellen. Aber es steht nirgends geschrieben, dass Autos Flügel haben müssen – wenn ein drastischer Aerodynamikbeschnitt tatsächlich zahlreiche herzhafte Überholmanöver zur Folge hat, sollte man die Utopie von völlig neuen Rennautos in Betracht ziehen - auch wenn dann, auf lange Sicht, die Flügel eine Stellung ähnlich den Schürzenautos in der Geschichte des Motorsports einnehmen würden. Arbeitslos wären die Aerodynamik-Abteilungen trotzdem nicht, im Gegenteil – die Boliden der Mosley-Vision 2008 könnten atemberaubend aussehen.

News aus anderen Motorline-Channels:

Weitere Artikel:

Rallycross: Wachauring

Spannung vor dem Saisonstart

Mit Spannung wird das erste Rennen der österreichischen Staatsmeisterschaft am 26. und 27. April am Wachauring in Melk erwartet. Mit den Piloten der FIA Zentraleuropa-Meisterschaft stehen europäische Toppiloten in der Wachau an der Startline.

Rechbergrennen: Bericht

Der Rechberg lebt…und bebt

Der Rechberg lebt…und bebt…auch bei der 51. Auflage. Kevin Petit und Reto Meisel sind die Dominatoren des Berg-Klassikers. Christoph Lampert bester Österreicher. Neuer Streckenrekord und Höchstleistungen im Almenland.

GP von Saudi Arabien: Bericht

Piastri gewinnt vor Verstappen!

Max Verstappen liefert beim Rennen in Dschidda mehr Gegenwehr als erwartet, wegen einer Zeitstrafe ist er aber gegen Oscar Piastri letztendlich chancenlos

KTM-Motorsportchef Pit Beirer

"Sind gut auf die Zukunft von KTM vorbereitet"

Motorsportchef Pit Beirer betont, dass es keine Krise bei KTM gibt - Realistisch gesehen gilt es, das MotoGP-Projekt rund um Platz fünf zu stabilisieren

Ferrari-Sonderlackierung

"Blauer" Ferrari in Miami

Ferrari setzt in Miami erneut auf eine Sonderlackierung - Wie auch schon im Vorjahr handelt es sich aber nur um neue Farbakzente, Rot bleibt die dominierende Farbe