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Prüller und Zwickl:
"Jochen Rindt hätte sich mit Ecclestone die Formel 1 aufgeteilt!"

Wie wäre die Karriere von Jochen Rindt ohne den tödlichen Unfall in Monza weiter verlaufen? Was würde er zur heutigen Formel 1 sagen? motorline.cc bat Heinz Prüller & Helmut Zwickl ans Telefon.

Michael Noir Trawniczek

"Eigentlich bin ich in die ganze Sache reingeschlittert. Da ich schon immer gerne schnell mit dem Auto gefahren bin, wurde mir von Bekannten und Freunden geraten, abseits öffentlicher Straßen schnell Auto zu fahren. Was auch viel sicherer sei, da einem niemand entgegen kommen kann - das war ein Argument. Das habe ich dann auch gemacht." - so hat Jochen Rindt Ende der Sechzigerjahre erklärt, wie er Rennfahrer wurde. Mit dem Werdegang eines heutigen Piloten hat das wenig gemein. Rindt, der heute, am 18. April 2007 seinen 65. Geburtstag feiern würde, begann im späten Alter von 19 Jahren mit dem Motorsport.

Die Saison 1970 war zugleich Höhepunkt und tragisches Ende einer Ausnahmekarriere - nach seinem tödlichen Unfall im Training für den GP von Italien in Monza wurde Jochen Rindt postum Weltmeister. Mit den Erfolgen, die er mit dem rot-goldenen Lotus feierte, löste Rindt in Österreich eine Welle der Begeisterung für die Formel 1 und den Motorsport aus, die heute noch anhält. Rindt war der Wegbereiter für Marko, Lauda, Gartner, Berger, Wendlinger, Ratzenberger, Wurz, Klien - insgesamt schafften es 14 Österreicher in die Königsklasse.

Die Fotos aus dieser alten Zeit zeigen einen "wilden Hund", dessen Charme und Ausstrahlung heute noch spürbar sind. Zum Berufsbild des Rennfahrers gehörten damals noch mindestens zwei Tote pro Saison - es waren verwegene Menschen, die in diesen pfeilschnellen und filigranen Boliden saßen. Keine Karbonüberlebensröhren, sondern Blechkisten, die sich beim Einschlag in die Barrieren wie Papierschiffchen falteten.

Die Experten sind sich einig: Jochen Rindt stand 1970 erst am Beginn einer erfolgreichen Formel 1-Karriere. Nur: Was wäre, wenn damals in Monza, in der schnellen "Parabolica"-Kurve die Bremswelle des Lotus 72 nicht gebrochen wäre? Wie würde Jochen Rindt seinen 65. Geburtstag feiern? Und vor allem: Was würde er zur heutigen Formel 1 sagen?

motorline.cc bat jene beiden Zeitzeugen um Antworten, die Jochen Rindt aus nächster Nähe erlebten und in der Folge zu den Speerspitzen im österreichischen und internationalen Motorsportjournalismus wurden. Heinz Prüller und Helmut Zwickl* waren mit Rindt befreundet - unseren Telefonanruf mit den jeweils drei gleichen Fragen beantworteten die beiden Ikonen bereitwillig, spontan und, wie es schien, mit großer Freude. Bemerkenswert: Die beiden Reporterlegenden sind unabhängig voneinander davon überzeugt, dass Jochen Rindt nach seiner aktiven Karriere gemeinsam mit Bernie Ecclestone die Geschicke der Formel 1 gelenkt hätte...

Wenn Jochen Rindt noch leben würde - was würde er dann heute als 65-jähriger machen?

Heinz Prüller: Jochen würde sich mit Bernie Ecclestone den Formel 1-Zirkus aufteilen. Und er wäre vielleicht auch Besitzer eines Formel 1-Rennstalls. Damals hatte er ja bereits ein eigenes Team, in der Formel 2. Für 1971 waren als Fahrer Emerson Fittipaldi und Helmut Marko vorgesehen. Jochen selbst wäre natürlich weiterhin in der Formel 1 gefahren, bei Lotus. Wenn Lotus-Boss Colin Chapman seine Autos nicht nur schnell sondern auch sicher gebaut hätte, dann hätte er mit Jochen Rindt für viele weitere Jahre einen Weltmeister gehabt.

Helmut Zwickl: Der Jochen Rindt hätte im Rennsport, im Doppelpassspiel mit Bernie Ecclestone, wahrscheinlich viel Geld gemacht und würde jetzt irgendwo auf einem Schloss oder auf Mallorca leben - irgendwo, wo es schön ist, als wohl bestallter 65er.

Was würde Jochen Rindt zur heutigen Formel 1 sagen?

Heinz Prüller: Er würde sich über die hohen Gagen wundern, welche die heutigen Formel 1-Piloten verdienen. Ich kann Ihnen sagen, wie viel Jochen am Beginn seiner Formel 1-Karriere verdient hat - das waren 2.000 Pfund. Ein Ferrari-Fahrer hat verglichen: 'Damals ist viel zu wenig verdient und viel zu viel gestorben worden.'

Helmut Zwickl: Er würde einen Lachkrampf bekommen. Er würde sagen: 'Mein Gott, wir sind gefahren in Spa oder auf dem alten Nürburgring, wir sind gesprungen dort.' Heute, wenn ich mir die Rennstrecke in Bahrain anschaue, mit Sturzräumen so groß wie der Stadionparkplatz oder wie die Kalahari-Wüste, die Piloten beziehen den Parkplatz in die Ideallinie mit ein und es passiert überhaupt nichts, wenn nicht gerade der Coulthard zwei Millimeter über den Wurz hinweg fliegt - die Gefahr ist quasi nicht mehr vorhanden - Gott sei dank muss ich sagen, Gott sei Dank. Aber die Gefahr ist weg und der Jochen Rindt würde lachen.

Wie würde sich Jochen Rindt in der aktuellen Formel 1 zurecht finden, wenn er heute im Alter der aktuellen Formel 1-Piloten wäre? Ist ein solcher Vergleich überhaupt möglich?

Heinz Prüller: Jochen Rindt war einer der besten Rennfahrer, die es bis heute gab. Die damaligen Formel 1-Teamchefs waren von ihm überzeugt. Für Frank Williams ist Jochen sogar der beste, der schnellste Rennfahrer aller Zeiten, bis heute. Jochen war nicht nur in der Formel 1 erfolgreich. Schon in der Formel 2 besiegte er die Superstars und die Weltmeister. Rindt fuhr auch in den USA, überlebte einen Feuerunfall in Indianapolis und im Alter von 23 Jahren gewann er bei den 24 Stunden von Le Mans. Mein lieber Freund Jochen sagte mir einmal etwas, das ich noch heute gut in Erinnerung habe, er sagte: 'Weißt du, keiner von uns weiß, wie lange er lebt, jede Stunde bringt uns an das Ende unserer Tage näher. Darum sollten die Menschen die Zeit nützen. Du hast die Pflicht, möglichst viel möglichst schnell zu tun.' Diese Worte werde ich nie vergessen.

Helmut Zwickl: Der Jochen Rindt ist in Autos groß geworden, die man mit dem Gaspedal gelenkt hat, ohne jede Elektronik. Ein verkehrtes Schaltmanöver und es hat den Motor in tausend Einzelteile zerlegt und drei Gegner sind dir vorgefahren. Die Formel 1 war damals überhaupt nicht computerisiert. Ich erinnere mich noch an Trainings, da ist der Jochen Rindt aus seinem Auto gestiegen und hat zu seinen Mechanikern gesagt: 'Macht mir hinten den Stabi härter und gebt vorne mehr Luft rein - ich gehe jetzt baden.'

*Am Freitag erscheint der "Motor-Kurier" mit einem von Helmut Zwickl verfassten Artikel über das Aspern-Revival und Jochen Rindt.

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