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Formel 1: Analyse

Wie einfach Überholen ab 2011 werden soll

Der verstellbare Heckflügel und andere Details im Reglement: Warum die Rennen der neuen Formel-1-Saison ab der dritten Runde spektakulär werden könnten.

Die abgelaufene Formel-1-Saison hat den Fans reichlich Spannung geboten. Nach einem eher langweiligen Auftakt in Bahrain wurden die folgenden 18 Läufe zu teils spektakulären Shows. Über mangelnde Überholmanöver hörte man weniger Klagen als in den Vorjahren. Es gab schöne Manöver, wenn auch nicht im Überfluss. Vor allem Kamui Kobayashi wusste mit seinen Attacken immer wieder zu begeistern.

"Es gibt immer eine Chance" – so die Ansicht des Japaners, wenn es um eine Positionsverbesserung im Rennen geht. Im kommenden Jahr ist allerdings weniger eine beherzte Attacke gefragt, sondern vielmehr der kluge Umgang mit dem neuen verstellbaren Heckflügel. Die FIA hat ein entsprechendes System im Technischen Reglement für 2011 verankert. Mehr Action auf der Strecke war das Ziel.

Im Artikel 3.18. des Regelwerks sind die Details des neuen Hilfsmittels beschrieben. Kernpunkt: Der Heckflügels darf während der Fahrt unter gewissen Bedingungen flachgestellt werden, um mit geringerem Luftwiderstand und somit höherem Topspeed eine Attacke auf den Vordermann fahren zu können. Bei einer Fehlfunktion muss gewährleistet sein, dass der Flügel automatisch in die steile Position zurückgeführt wird.

Wehe, wenn der Hintermann kommt

Im Unterpunkt 3.18.2 heißt es: "Die verstellbaren Elemente dürfen vom Fahrer vor dem Start des Rennens jederzeit genutzt werden. Während des Rennens hat das System einzig die Verbesserung der Überholchancen zum Zweck, aber erst dann, wenn mindestens zwei Runden nach dem Start oder nach dem Beenden einer Safety-Car-Phase absolviert wurden."

Klartext: In der Startphase eines Grand Prix ist der Einsatz des verstellbaren Heckflügels tabu, ebenso nach einem Restart. Offenbar darf er allerdings in den Trainings und Qualifyings jederzeit aktiviert werden. Und weiter heißt es: "Der Fahrer darf das System im Rennen nur dann aktivieren, wenn ihm die Kontrollelektronik ein entsprechendes Signal gibt."

Auf jeder Strecke werden vor dem Start ins Rennwochenende einige Messpunkte festgelegt, die für die Aktivierung des verstellbaren Heckflügels relevant sind. Der Einsatz wird erst dann freigegeben, wenn der Abstand eines Fahrers auf seinen Vordermann an einem solchen Messpunkt weniger als eine Sekunde beträgt.

Das System wird automatisch deaktiviert, wenn der Pilot nach der Nutzung erstmals wieder auf die Bremse steigt. "Die FIA kann in Absprache mit den Teams jederzeit Anpassungen an dem relevanten Zeitfenster vornehmen, damit das System dem bestimmten Zweck entspricht", heißt es weiter. Sollte sich der Abstand von einer Sekunde auf den Vordermann also als nicht praktikabel erweisen, können Änderungen folgen.

Weitere interessante Regeldetails

Nicht nur der Heckflügel birgt neuen Zündstoff, sondern auch andere Elemente des neuen technischen Reglements. Beispielsweise hat die FIA die Definition der Fahrzeugbreite neu formuliert. 2010 durfte die Gesamtbreite inklusive kompletter Räder bei geradeausstehender Lenkung den Wert von 1.800 Millimeter nicht überschreiten.

Im kommenden Jahr wird das Fahrzeugmaß ohne Reifen bestimmt. Das bedeutet, dass man sich mit klugem Felgendesign aufgrund der seitlichen Wölbung der neuen Pirelli-Pneus durchaus ein paar Extramillimeter in der Breite verschaffen könnte – nicht viel, aber immerhin. Die Felgen müssen ab sofort ausschließlich aus den Magnesium-Legierungen AZ70 oder AZ80 bestehen.

Neben dem neuen Gesamtgewicht von 640 Kilogramm hat die FIA nun auch die genauen Werte genannt, die für eine einheitliche Gewichtsverteilung sorgen sollen. Die Last auf den Vorderrädern muss zu jeder Zeit mindestens 291 Kilogramm betragen, hinten sollen es mindestens 342 Kilogramm sein. Dies führt zu einer Gewichtsverteilung von etwa 46 Prozent auf der Vorderachse und 54 Prozent auf der Hinterachse.

Wenn ein Seil nicht nur ein Seil ist

Die Crashtests wurden zum kommenden Jahr noch einmal verschärft. Gut ein Jahr nach dem Suzuka-Unfall von Timo Glock, als sich ein Kohlefaserteil von unten durch das Cockpit ins Bein des Deutschen gearbeitet hatte, zieht man Konsequenzen. Ab sofort muss das Monocoque auf der Unterseite einen Belastungstest mit 15 Kilonewton bestehen.

Auch die Prüfmethoden bezüglich des angeblich flexiblen Frontflügels, wie man ihn 2010 bei RB Racing und Ferrari vermutete, wurden genauer definiert. Der Einsatz von Drehlagern und Gelenken sowie Dämpfern oder anderen hydraulischen Systemen wurde explizit verboten. Mehr noch: Vorgespannte Elemente oder ein Design, das eine nicht-lineare Charakteristik nahelegt, sind ebenfalls tabu, ebenso Teile, die eine bleibende Verformung bieten.

Weitere Randnotiz aus dem 72 Seiten umfassenden technischen Reglement für 2011: Erneut wurden die Vorgaben für die Radhalteseile neu definiert. Die entsprechenden Seile müssen nicht nur noch mehr aushalten, sondern dürfen keinesfalls zweckentfremdet werden. "Die Halteseile dürfen nur einzig diesem Zweck dienen", heißt es explizit – was den Schluss nahelegt, dass es 2010 durchaus Versuche gegeben haben könnte, die Halteseile beispielsweise für kleine Anpassungen an Spur oder Sturz zu nutzen.

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