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WEC: Interview

Webber rechnet mit Formel-1-Exodus

Das Langstreckenfieber greift im Formel-1-Fahrerlager weiter um sich, glaubt zumindest der australische Porsche-LMP1-Pilot Mark Webber.

Mark Webber rührt wieder die Werbetrommel für die Langstrecken-WM: Der Australier, der in der vergangenen Saison den WEC-Einstieg mit Porsche gewagt hat, glaubt, dass die begrenzte Zahl an Cockpits in der Formel 1 mehr Stars in die höchste Sportwagenklasse holen wird. Mit Nico Hülkenberg wagte bei den 24 Stunden von Le Mans bereits ein aktueller Formel-1-Pilot einen (erfolgreichen) Seitensprung.

Bislang galten Sportwagen eher als "Altersheim" für ausgediente Formel-1-Stars. Fahrer wie Nick Heidfeld, Kazuki Nakajima oder Alexander Wurz erleben in der LMP1-Kategorie einen zweiten Frühling. Dass es weiteres Interesse gibt, daran hat Webber keinen Zweifel. "Es gibt Jenson Buttons und Fernando Alonsos, deren Karriere in der Spätphase ist und die sich nach einem neuen Kapitel umsehen", sagt der 39jährige gegenüber Racer.

Für ihn selbst sei die LMP1 die einzige Option, den Fahrspaß aus der Formel 1 auch nach der Karriere als Einzelkämpfer fortzusetzen. "Es ist die einzige Option, wenn man nach der Formel 1 etwas haben möchte, das so stimulierend und befriedigend ist – egal, ob man in den Mittdreißigern oder -vierzigern ist", so der Australier, der aktuell gemeinsam mit Timo Bernhard und Brendon Hartley die Fahrerwertung anführt.

Zahlreiche Interessenten an der LMP1

Dem schließt sich auch ein weiterer ehemaliger Formel-1-Fahrer an: Juan Pablo Montoya stattete in Austin der Porsche-Box einen ausgedehnten Besuch ab und will nach der Saison auch Testfahrten im 919 absolvieren. "Ehrlich gesagt habe ich gedacht, ich wäre in einer Formel-1-Garage", zeigte sich der siebenfache Grand-Prix-Sieger beeindruckt. "Hier arbeiten so viele Leute, die ich noch aus der Formel 1 kenne, es fühlt sich richtig vertraut an. Und technologisch sind es die coolsten Autos auf dem Planeten."

Doch Sportprotoypen als reine Zweitkarriere haben ausgedient, wie Webber glaubt. "Ich weiß genau, dass einige richtig gute Fahrer ein bisschen frustriert darüber sind, dass sie nicht in die konkurrenzfähigen Cockpits aufrücken können und sich deshalb für Gespräche mit den Teams hier geöffnet haben." Frustrierte Fahrer gibt es reichlich: Neben Nico Hülkenberg hat auch ein Romain Grosjean seit Jahren keine Chance auf einen Sieg. Viele junge Fahrer wie Kevin Magnussen finden erst gar keinen Stammplatz.

Die LMP1-Teams haben daher längst ihre Augen auf die Formel 1 geworfen. "Es werden sich eine Reihe Türen öffnen. Diese Sportsleute wollen kein Geld, sie wollen Jungs mit Talent und Speed", übt Webber unterschwellige Kritik an der Bezahlfahrermentalität, die sich bei den meisten Mittelfeldteams der Formel 1 etabliert hat. "Wir spielen hier mit über 1.000 PS, und die Autos sind unglaublich. Der einzige Unterschied zur Formel 1 ist, dass wir ein Dach über dem Kopf haben."

ACO und Teams lotsen Nachwuchs heran

Auch der Le-Mans-Veranstalter ACO hat die Zeichen der Zeit erkannt und führt nach dem Saisonfinale in Bahrain erstmals einen "Young Driver Test" durch, zu dem Sam Bird, Mitch Evans und Richie Stanaway eingeladen sind. Bird soll dabei den Toyota steuern, Evans im Porsche sitzen und Stanaway für Audi ins Lenkrad greifen. Da aber allen jungen Fahrern nur 30 Runden zugesichert wurden, bleibt den Werken viel Spielraum zum Testen weiterer Fahrer.

Dennoch ist mit einer weiteren Welle von Formel-1-Piloten frühestens 2017 zu rechnen. Aktuell verhindert eine Überschneidung des Großen Preises von Europa in Baku mit den 24 Stunden von Le Mans 2016 Doppelprogramme wie heuer jenes von Hülkenberg. Doch auch in der WEC selbst gibt es Gründe dafür, wie Mark Webber erläutert: "Die Teams stehen für nächstes Jahr bereits fest. Porsche ist extrem loyal, gleiches gilt für Audi und Toyota." Ende 2016 rechnet er hingegen mit einer Öffnung des Fahrermarkts.

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