KTM-Krise | 15.11.2024
KTM-Krise: Jobbabbau, Produktionsstopp geplant - MotoGP soll Flaggschiff bleiben
KTM plant aufgrund der finanziellen Krise bis zu 300 weitere Jobs abzubauen - Vorübergehender Produktionsstopp - MotoGP-Projekt soll nicht angefasst werden
KTM kommt aufgrund der angespannten wirtschaftlichen Situation nicht aus den Schlagzeilen. In dieser Woche musste die Pierer Mobility AG einräumen, dass die KTM-Tochter eine Überbrückungsfinanzierung in Höhe eines dreistelligen Millionenbetrags benötige.
Im ersten Halbjahr 2024 ist der Umsatz um 27 Prozent zurückgegangen. Ende Oktober wurde gemeldet, dass die Marktentwicklung auch im zweiten Halbjahr nicht wie erwartet verläuft. Der Vorstand der Pierer Mobility AG wurde von sechs auf zwei Personen verringert.
Stellenabbau gab es auch an anderer Stelle. Schon im ersten Halbjahr 2024 wurden an den Standorten in Oberösterreich 309 Mitarbeiter abgebaut. Im August folgten weitere 200 Jobs, ebenfalls vorwiegend in Österreich.
Nun kündigt der Zweiradhersteller wenige Tage nach der notwendigen Überbrückungsfinanzierung weitere Maßnahmen an. Es sind bis zu 300 weitere Kündigungen geplant. Zudem soll die Produktion im Januar und Februar gestoppt, beziehungsweise Kurzarbeit eingeführt werden.
Das berichten die Oberösterreichischen Nachrichten. "Im Jänner und Februar wird es eine Produktionsunterbrechung geben", wird Stefan Pierer von OÖN zitiert. "Das wird mit einem Kurzarbeitsmodell verbunden sein, bei dem die Wochenarbeitszeit auf 30 Stunden reduziert wird."
In der Motorradmontage wird von zwei Schichten auf eine reduziert. Deshalb werden diese rund 300 Stellen bis Jahresende abgebaut. Anfang 2025 stehen die Bänder dann komplett still. Rund 1.000 Arbeiter bleiben zwei Monate zu Hause und erhalten das Gehalt für eine 30-Stunden-Woche.
Maßnahmen, um den Lagerbestand zu reduzieren. Der Absatz in Europa und in den USA ist hinter den Erwartungen geblieben. Problematisch waren auch die Absatzzahlen im Fahrradsegment mit E-Antrieb, die Lager waren voll. Ab März soll die Produktion im Einschichtbetrieb wieder anlaufen.
Die Nettoverschuldung des Unternehmens ist von weniger als 300 Millionen Euro Ende 2022 auf bis zu 1,5 Milliarden Euro Mitte 2024 hochgeschnellt. Der Aktienkurs hat seit dem Höchststand im Februar 2022 rund 90 Prozent an Wert eingebüßt.
MotoGP-Projekt soll nicht gefährdet sein
Welche Auswirkung die finanzielle Situation auf die Motorsport-Programme haben wird, bleibt abzuwarten. Aus Markentingsicht wird wieder auf KTM gesetzt. GasGas und Husqvarna rücken in den Hintergrund. Bei der Rallye Dakar 2025 treten zum Beispiel nur noch drei KTM-Fahrer an.
Das MotoGP-Engagement, das größte und teuerste Motorsportprojekt, soll derzeit nicht gefährdet sein. "Es sind natürlich nie gute Nachrichten, wenn man so etwas liest", sagt Tech3-Teamchef Herve Poncharal gegenüber Motorsport-Total.com zu den wirtschaftlichen Nachrichten.
"Aber wenn man sich die komplette Mobilitätsindustrie ansieht, dann leiden alle. Die deutschen Automobilmarken waren immer sehr stark und jetzt sehen wir, was bei Volkswagen passiert. Das gab es noch nie. Jeder leidet finanziell - die Automobilindustrie und die Motorradindustrie."
Seit 2019 ist Tech3 das Satellitenteam von KTM. Zwei Grands Prix hat die französische Mannschaft mit der RC16 gewonnen. "Ich habe großen Respekt vor Stefan Pierer und Hubert Trunkenpolz", betont Poncharal. Er hat sich damals bewusst für den Wechsel zu den Österreichern entschieden.
"Ich habe vor einigen Tagen mit Hubert gesprochen. Er hat mir gesagt, dass das Schlimmste überstanden ist. Mir haben sie gesagt, dass sie zuversichtlich sind, dass sie die richtigen Entscheidungen getroffen haben", berichtet Poncharal seinen Wissensstand.
"Nun müssen sie schmerzhafte Entscheidungen treffen. Das betrifft die Mitarbeiterzahl, die Reduzierung der Produktionskapazitäten und Preissenkungen, um den Lagerbestand abzubauen. Das sind momentan die größten Schwierigkeiten."
"Es gibt Auswirkungen auf den Rennsport, aber sie haben mir gesagt, dass sie die MotoGP nicht angreifen wollen. Denn das wäre ein Fehler, weil die MotoGP das Flaggschiff ist. Das sind die Worte von Stefan und Hubert. Sie sind die Chefs."
"Ich höre lieber ihnen zu, als einen Artikel in der Zeitung zu lesen. Ich frage die Quelle. Sie haben mir versichert, dass ich mir keine Sorge machen muss. Ja, sie leiden und sie müssen schmerzhafte Entscheidungen treffen, aber das gehört zu einer Firma dazu. Im Leben geht es hoch und runter."
Im kommenden Jahr treten das Werksteam und Tech3 mit einheitlichem KTM und Red-Bull-Design auf. Anfang 2021 hat KTM den Vertrag mit MotoGP-Promoter Dorna Sports für die Teilnahme an der Motorrad-WM bis Ende 2026 verlängert.