Hintergründe zu den DTM-Rennen 3 & 4 am Lausitzring | 29.05.2025
DTM: Ausgeglichenheit pur
Das Feld der 24 Piloten machte auf dem Lausitzring deutlich, warum die Serie ihren Ruf als besonders Wettbewerbs-intensiv aufs Neue gerecht wird. Im Qualifying für das erste Rennen war Tom Kalender auf Platz 22 exakt 0,963 Sekunden hinter Polesetter Lucas Auer. Jack Aitken im Ferrari 296 GT3 holt am Sonntag Pole und Sieg.
Bernhard Schoke
Bei besten äußeren Bedingungen konnte die Fans auf den Tribünen insbesondere im Samstags-Quali live erleben, wie hart und verbissen um die besten Startpositionen gefightet wird. Die Platzierungen in den ersten Startreihen wechselten nicht im Minuten-Takt, sondern häufig innerhalb weniger Sekunden. Deutlich wurde dabei vor allem, dass alle Faktoren perfekt zusammenkommen müssen um wirklich eine Chance auf eine der wirklich aussichtsreichen Startpositionen zu haben. Und hier wurde deutlich, welchen Einfluss der jeweilige „Kutscher“ in diesem diffizilen Mosaik hat. Auer liebt diese Strecke zwischen Berlin und Dresden unweit der polnischen Grenze. In den zurückliegenden Jahren hat er auf dem vom Braunkohlen-Tagebau geprägten Kurs bereits mehrfach auf dem „Stockerl“ gestanden. Das aus dieser mentalen Stärke resultierende Fahrgefühl bringt bei dem ausgeglichenen Fahrerfeld offensichtlich die letztendlich entscheidenden Zehntel-Sekunden, die im Zusammenspiel mit den entsprechenden Einstellungen des Fahrwerks, der optimalen Abforderung der Performance der Reifen und natürlich einer freien Runde dann die Pole-Position einbringen. Bereits nach den freien Trainings am Freitag wurden diese geringen Abstände deutlich: Die ersten 15 Fahrer trennten gerade eine halbe Sekunde. Ergo beste Voraussetzungen für spannende Rennen.
Bevor am Samstag-Mittag das Rennen startete, beschäftigte die BoP die Boxencrews.
Die größte Verbesserung auf dem Papier erhielten die drei Manthey-Porsche 911 GT3 R, die jetzt 15 Kilogramm weniger Ballast im Auto haben. Auch die Ferrari’s vom Team Emil Frey Racing konnten zehn Kilogramm ausladen. Die beiden Aston-Martin besser aussehen, da der Ladedruck im höheren Bereich satte 0,07 bar zulegen durfte. Mit Gewicht als im Qualifying dagegen für die beiden Piloten in der ersten Reihe: Der Mercedes-AMG GT3, der in den ersten zwei Reihen gleich dreimal vertreten und durch Lucas Auer auch auf der Pole steht, erhält fünf Kilogramm Ballast. Das gleiche Zusatzgewicht erhielt auch der Audi R8 LMS GT3 Evo II von Ricardo Feller, der auf Platz zwei steht. Keine Änderungen aber bei BMW, Lamborghini, Ford und McLaren. Insbesondere bei Lamborghini wird dies kaum Begeisterung hervorrufen, denn Luca Engstler war nach dem starken Auftakt in Oschersleben mit zwei Podestplätzen durch Grasser-Pilot Jordan Pepper im Qualifying als 13. der beste Pilot der italienischen Marke. Die Änderungen betreffen übrigens nur das Gewicht und den Ladedruck. Die Restriktoren, der Bodenabstand, die Lambda-Wert und die Heckflügel-Winkel blieben unverändert.
DTM-BoP vor dem Samstags-Rennen:
Aston Martin: 1.280 kg 1,37 - 1,93 bar (Ladedruck)
Audi: 1.315 kg 2 x 36,5 mm (Restriktor)
BMW: 1.300 kg 2,10 - 2,69 bar (Ladedruck)
Ferrari: 1.300 kg 1,0 - 2,48 bar (Ladedruck)
Ford: 1.300 kg 2 x 38 mm (Restriktor)
Lamborghini: 1.355 kg 1 x 50 mm (Restriktor)
McLaren: 1.280 kg 1,10 - 1,78 bar (Ladedruck)
Mercedes: 1.345 kg 2 x 34,5 mm (Restriktor)
Porsche: 1.310 kg 2 x 39,5 mm (Restriktor)
Mann des Rennens war erneut Lucas Auer. Mit seinem zweiten, souverän herausgefahrenen Sieg in der noch jungen Saison Mercedes-AMG-Pilot stand er am Samstag ganz oben auf dem Treppchen. „Ich konnte mich beim Start direkt etwas absetzen, das war gerade mit Blick auf die enge erste Kurve enorm wichtig. Nach dem Reifenwechsel war ich mir ehrlich gesagt etwas unsicher, ob ich noch an Maro Engel vorbeikomme. Aber ich habe gekämpft und es hat geklappt. Mit dem Lausitzring und mir passt es einfach. Hier habe ich 2016 meinen ersten DTM-Sieg geholt, ich fahre unglaublich gern auf dieser Strecke“, berichtete der Kufsteiner auf Nachfrage. Es war sein elfter DTM-Sieg. Markenkollege und Wahl-Monegasse Maro Engel sah mit einem Rückstand von 1,3 Sekunden als Zweiter die Zielflagge. Er meinte nach dem Rennen: „Ein großartiges Ergebnis für Mercedes-AMG! Ich habe alles probiert, um die Führung nach dem Boxenstopp auf den kalten Reifen gegen Lucas Auer zu verteidigen. Genau diese Duelle machen die DTM so spannend. Leider hat es nicht für den Sieg gereicht, Lucas hat es auf wärmeren Reifen clever gemacht.“
Dritter wurde nach 42 Runden der am Bodensee lebende Rene Rast. Er rapportierte: „Direkt in der ersten Runde konnte ich zwei Plätze gut machen. Danach musste ich mich mit viel Einsatz gegen Ricardo Feller verteidigen. Mit dem dritten Platz bin ich super zufrieden. Ich komme immer gern an den Lausitzring, hier bin ich vor acht Jahren zum ersten Mal in meiner Karriere aufs DTM-Podium gefahren.“
Maro Engel meinte: „Ein großartiges Ergebnis für Mercedes-AMG! Ich habe natürlich alles probiert, um die Führung nach dem Boxenstopp auf den kalten Reifen gegen Lucas Auer effektiv zu verteidigen. Genau diese Duelle machen die DTM auch in diesem Jahr so spannend. Leider hat es nicht fu?r den Sieg gereicht, Lucas hat es auf wärmeren Reifen clever gemacht.“
Jules Gounon im Mercedes-AMG GT3 und Marco Wittmann (Fürth) im BMW M4 GT3 Evo lieferten sich in der zweiten Rennhälfte ein hartes Duell um den vierten Rang – mit dem besseren Ende für den gebürtigen Franzosen. Thomas Preining im KÜS-Porsche 911 GT3 R kam auf Rang sechs, Ferrari-Pilot Jack Aitken auf Position sieben, Ayhancan Güven im zweiten Neunelfer von Manthey EMA kam auf Position acht ins Ziel. Die beiden verbleibenden Top-Ten-Plätze gingen an Ben Dörr im McLaren 720S GT3 Evo als Neunter und DTM-Neuling Ben Green wurde im Ferrari 296 GT3 Zehnter.
Ergebnis, 3. Meisterschaftslauf, Dekra Lausitzring
1. Lucas Auer (A/Mercedes-AMG Team Landgraf)
2. Maro Engel (D/Mercedes-AMG Team Winward Racing) +1,344 Sek.
3. René Rast (D/Schubert Motorsport), +5,083 Sek.
4. Jules Gounon (F/Mercedes-AMG Team Mann-Filter) +6,778 Sek.
5. Marco Wittmann (D/Schubert Motorsport) +7,347 Sek.
6. Thomas Preining (KÜS-Manthey-Porsche) +7,829 Sek.
7. Jack Aitken (Emil Frey Ferrari) +8,901 Sek.
8. Ayhancan Güven (KÜS-Manthey-Porsche) +12,044 Sek.
9. Ben Dörr (Dörr-McLaren 720S) +12,711 Sek.
10. Ben Green (Emil Frey Ferrari) +21,229 Sek.
Sonntag war Spiegelbild
Der Verlauf des Sonntags-Rennen war quasi das Spiegelbild des vorausgegangenen Qualifyings. Allerdings war dieses Mal Jack Aitken im Ferrari 296 GT3 der Schnellste im Quali und dem Rennen. Aufgrund einer optimalen Boxenstrategie beim ersten von zwei Pflichtstopps holte sich Rast die Führung und war nach dem zweiten Stopp mit einem Vorsprung von vier Sekunden eigentlich auf Siegkurs. Doch Aitken gab nicht auf. In der vorletzten der 42 Runden schaffte er es mit einem außerordentlichen Manöver an Rast vorbeizukommen, die Spitze zu übernehmen und seinen insgesamt fünften DTM-Sieg zu feiern. Hinter den Beiden sowie dem gegen Ende immer schneller werdenden Gounon sicherte sich Jordan Pepper im Lamborghini Huracan GT3 Evo2 Rang vier, Engel wurde Fünfter. Der amtierende Meister Mirko Bortolotti lieferte im Lamborghini von Abt Sportsline ein starkes Rennen und verbesserte sich nach einer fantastischen Aufholjagd vom 20. auf den sechsten Platz.
Rene Rast meinte nach dem Rennen auf Nachfrage: „Zwei Runden vor Schluss den Sieg zu verlieren, ist natürlich ausgesprochen ärgerlich. Am Ende hatte ich leider kaum noch Traktion und konnte nicht mehr so schnell aus den Kurven heraus beschleunigen. Wenn man von Position acht startet, ist der zweite Platz aber trotzdem ein starkes Ergebnis. Zusammen mit Rang drei am Samstag war es für mich und das Team ein ausgesprochen erfolgreiches Wochenende.“
Jules Gounon rapportierte: „Das war ein wirklich verrücktes Rennen mit unglaublich vielen Zweikämpfen, toll für die Zuschauer. Zu Beginn hat mir leider der Speed gefehlt, zu dem Zeitpunkt hätte ich ein Podiumsplatz für unmöglich gehalten. Nach dem ersten Reifenwechsel lief es viel besser und am Ende haben nur wenige Zentimeter zum zweiten Platz gefehlt.“
Richtig sauer war Lucas Auer: "Das war nichts - ein Scheißrennen. "Ich bin abgedrängt worden, das Auto war schwer beschädigt - und that's it! Der Wittmann hat mich abgedrängt, aber im Motorsport sieht man sich immer wieder." Hintergrund für diese Reaktion war der Zwischenfall in der zweiten Runde an, als er nach seinem ausgesprochen guten Start von Platz vier bereits am zweitplatzierten Wittmann vorbei gezogen war, bevor es in der schnellen Kurve 7 zum „Touchee“ kam und Auer dadurch ins Kiesbett beförderte. Auf Platz sieben kam er ins Rennen zurück und kämpfte dann mit stumpfen Waffen, weil "die Aufhängung angeschlagen und der Unterboden in Mitleidenschaft gezogen" war.
Jules Gounon hatte eine andere Sicht: „Ich habe gesehen, dass Rene mit der Traktion haderte. In der letzten Kurve habe ich ein wenig aufgemacht, um die Power auf den Asphalt zu bekommen. Das war spaßig, aber auch frustrierend zugleich. Wir haben uns gegenseitig angeschaut – mal war er vorn, mal ich. Am Ende war er mit seiner Motorhaube vielleicht 20, 30 Zentimeter vor mir. Für die Fans war das ein richtig spannendes Rennen.“
Und Aitken ergänzte final: „Drei Autos nebeneinander, das war ziemlich intensiv, da hätte so ziemlich alles passieren können.“
Das Sonntags-Rennergebnis:
1. Jack Aitken (GB/Emil Frey Ferrari 296 GT3) 1:00.00,727 Std.
2. René Rast (D/Schubert Motorsport) +1,680 Sek.
3. Jules Gounon (F/Mercedes-AMG Team Mann-Filter) +1,725 Sek.
4. Jordan Pepper (RSA/Grasser Lamborghini) +3,638 Sek.
5. Marco Wittmann (D/Schubert Motorsport), +7,308 Sek.
6. Mirko Bortolotti (I/AUT Abt Lamborghini Huracan GT3 Evo) +9,834 Sek.
7. Thierry Vermeulen (NL/Emil Frey Racing Ferrari 296 GT3) +11,487Sek.
8. Marco Wittmann (D/Schubert Motorsport BMW M4 GT3 EVO) +12,904 Sek.
9. Lucas Auer (A/Mercedes-AMG Team Landgraf) +13,591 Sek.
10. Timo Glock (D/Dörr McLaren 720S GT3 Evo) +16,152 Sek.
Fahrerwertung nach dem vierten Rennen:
1. Lucas Auer 69 Pkte
2. Jules Gounon 63 Pkte
3. Jordan Pepper 55 Pkte
4. Maro Engel 52 Pkte
5. Jack Aitken 49 Pkte
6. Rene Rast 47 Pkte
7. Ayhancan Güven 44 Pkte
8. Thomas Preining 41 Pkte
9. Marco Wittmann 39 Pkte
10. Mirko Bortolotti 27 Pkte
Die nächsten beiden DTM-Rennen finden am Pfingstwochenende – 7. & 8. Juni .2025 – auf dem Dünenkurs im niederländischen Zandvoort statt.