Formel 1: News | 02.09.2004
Ein Weltmeister in der Sackgasse
Während die gesamte Formel-1-Szene auf ein Comeback von Jacques Villeneuve im Jahr 2005 hofft, bremst der Kanadier die Erwartungen.
Schon seltsam – in der Statistikfabelwelt der Formel 1 tummeln sich lauter kleine und wütende Zwerge rund um einen unantastbaren und erhabenen Riesen. Sie beschießen ihn mit winzigen Pfeilchen, sie kitzeln ihn, verhindern ab und an einen Rennsieg des Riesen, müssen ansonsten aber tatenlos zusehen, wie er eine Weltmeisterschaft nach der anderen an sich reißt.
Und dann wäre da aber ein weiterer Riese - zugegeben im Vergleich wohl eher ein Zwergriese - der seine Dienste anbietet, der den großen Riesen immerhin schon einmal in der Jahresendwertung bezwingen konnte - doch keiner von den Zwergenverantwortlichen möchte ihn wirklich haben...
Alle sagen: Jacques Villeneuve soll zurückkehren! Auch der Zirkusdirektor Bernie Ecclestone sprach diesen Wunsch schon mehrfach aus. Und auch die Teambosse stimmen ein in den Chor – doch konkrete Taten folgten bislang nicht. Das hat auch JV selbst erst unlängst in einem Interview beklagt. Jetzt hat sich der Formel 1-Weltmeister von 1997 in der kanadischen Tageszeitung La Presse zu Wort gemeldet. Demnach tut sich auch jetzt nicht viel...
Jacques Villeneuve hat bekanntlich bei seinem ehemaligen B·A·R-Boss David Richards angerufen, um einerseits das alte Kriegsbeil zu vergraben und andererseits nach dem umstrittenen Transfer von Jenson Button zu signalisieren: Burschen, ich bin bereit!
Jetzt sagte Villeneuve dazu: „Ja, ich spreche mit den Leuten von B·A·R und Honda. Aber da geht es lediglich darum, dass ich sie daran erinnere, dass es mich noch gibt.“ Und einmal mehr nützte JV die Gelegenheit, sich anzupreisen: „Alle würden von meiner Verpflichtung profitieren!“
Er kenne das Team und das Auto, hätte seit März hart trainiert und sein Manager Craig Pollock, der für David Richards anscheinend eine Art rotes Tuch darstellt, würde natürlich eine Rolle am Rücksitz der Medienkutsche einnehmen, wiederholte Villeneuve...
Jacques Villeneuve erklärte der kanadischen Tageszeitung auch, er sei von seinem ehemaligen Team Williams enttäuscht, da man ihn nicht kontaktiert hätte. Mit Villeneuve hat Williams bekanntlich seinen letzten Titel eingefahren. Doch als Jenson Button laut dessen Management plötzlich „frei“ war, schlug Williams zu...
Bleibt noch die Option Sauber – Villeneuve landete vor einigen Wochen mit einem Hubschrauber vor dem Hightechwindkanal der Schweizer in Hinwil, besichtigte im Anschluss die Fabrik und sprach mit Teamchef Peter Sauber.
Villeneuve sagt: „Ich glaube nicht, dass Peter Sauber mich hätte kommen lassen, wenn er mir gegenüber eine komplett negative Einstellung pflegen würde.“ Doch Villeneuve relativiert: „Aber wir hatten seither keine Diskussionen und Gespräche mehr, es lief seither gar nichts.“
Und so droht also das Märchen von dem Riesen und den Zwergen und dem Zwergriesen im Land der Formel 1-Statistik ein trauriges Ende zu nehmen. Der Charakterkopf Jacques Villeneuve könnte der einzige Mann im Felde sein, der neben Michael Schumacher schon einmal eine Weltmeisterschaft gewinnen konnte oder besser gesagt gegen Michael Schumacher eine Weltmeisterschaft gewinnen konnte.
Dass man so einen Mann einfach nicht haben will, ist ein Armutszeugnis für die Zwergenverantwortlichen, um beim Märchen zu bleiben...