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Testlimits: Keine Sparformel in Sicht

Während neun F1-Teams ein Testlimit begrüßen würden, stemmt sich Ferrari gegen jegliche Einigung dieser Art. „Zu Recht“, meint Niki Lauda.

Die Scuderia Ferrari ist der anerkannte Branchekrösus in der „Königsklasse des Motorsports“. Es gibt kaum eine Tabelle, Liste oder Bestwertung, welche die Italiener aus Maranello nicht anführen. Sie sind seit Jahren der amtierende Fahrer- und Konstrukteursweltmeister, sie hamstern Jahr für Jahr die meisten Siege, Pole Positions und schnellsten Runden, sie geben das meiste Geld aus und sie drehen die meisten Testkilometer.

Während der Konkurrenz vor allem die unglaubliche Erfolgsserie der Roten ein Dorn im Auge ist, sorgen die letzten beiden Punkte in der heiß diskutierten Kostensenkungs- und Testlimitierungsdebatte für zusätzlichen Zunder.

Denn für viele wird auf den Teststrecken Tag für Tag nur sinnlos Geld verbrannt. Ein Blick auf die Teststatistik der Saison 2004 (beginnend mit den Wintertests 2003/2004 ab 25. November bis zum Saisonfinale in Brasilien 2004) bestätigt dabei zunächst einmal die Vorreiterrolle der Scuderia.

So darf der Testpilot der Roten, der Italiener Luca Badoer, getrost als der Testchampion des vergangenen Jahres bezeichnet werden. Denn Badoer drehte zwischen dem Winter 2003 und dem Saisonende 2004 bei 41 Testsessions an 83 Testtagen insgesamt 5.004 Testrunden, was einer Gesamtanzahl von 22.454,563 Testkilometern entspricht.

Ebenso führt der Italiener bei den Tagesbestzeiten, was allerdings – im Gegensatz zu den Grand-Prix-Wochenenden – bei den Testfahrten nicht auf die Schwäche der Rivalen zurückzuführen ist, sondern einzig und allein darauf, dass Badoer meistens einsam und allein im heimischen Fiorano aktiv ist.

Der zweitfleißigste Tester des zurückliegenden Testjahres ist Renault-Mann Franck Montagny, der an 52 Tagen 4.701 Runden oder 20.726,175 Kilometer zurücklegte. Die beliebtesten Testlocations, hinter der außer Konkurrenz gezählten Ferrari-Teststrecke in Fiorano (wo die Roten an 54 Testtagen im Einsatz waren), waren Jerez de la Frontera und Silverstone mit je neun Tests, wobei in Südspanien 40 und auf der Insel 25 Testtage absolviert wurden.

Beim Betrachten der Team-Teststatistik offenbart sich dann eine jener seltenen Statistiken, in welcher Ferrari nicht die Topposition einnimmt. Denn diese gehört mit 56.143,649 Testkilometern dem Toyota*Team, welches sich mit seinen beiden Testfahrern Olivier Panis und Ricardo Zonta sowie seinen beiden Einsatzpiloten Ralf Schumacher und Jarno Trulli auch in diesem Winter einiges vorgenommen hat.

Die Scuderia Ferrari liegt in dieser Kategorie hinter Toyota und Williams mit 51.269,079 Kilometern „nur“ auf Rang drei. Dafür führen die Roten mit 188 Testtagen und 102 Tagesbestzeiten bei 63 Tests aber alle anderen Wertungskategorien an.

Während viele Experten und Szenebeobachter nun all diese Statistiken als Beweis für die sinnlose Geldverbrennung anführen und darin den besten Weg sehen, die Frage „Wie schmeiße ich mein Geld an 188 Tagen am sinnlosesten auf die Teststrecke?“ zu beantworten, entgegnet Ex-F1-Weltmeister Niki Lauda überraschend: „Sinnlos wird kein Geld rausgeworfen. Nur: je mehr Budget ich habe, umso mehr kann ich herumspielen.“

Entsprechend wird in der Formel 1 nach dem Motto „Was wir an Etat haben, das geben wir auch aus.“ verfahren. Für Lauda eine verständliche Einstellung: „Anders geht es in einem fairen Sport mit freier Marktwirtschaft auch nicht. Wer mehr Geld hat, mehr Sponsoren, der kann auch mehr probieren.“

Hier spricht also der Ex-Jaguar-Teamboss aus dem Österreicher, welcher selbst die Einsparungen der Ford-Chefetage – im Gegensatz zu seinem Nachfolger Tony Purnell – nicht akzeptieren wollte und deswegen seine rote Kappe nehmen musste. Nur wenig später zog Ford ganz den Stecker und verkaufte den Rennstall an Red Bull.

Da neben dem an der finanziell kurzen Leine gehaltenen Ford-Werksteam zuletzt aber auch Minardi und Jordan wieder einmal ums Überleben kämpften, machte sich in der Formel 1 nicht nur Angst vor einem Massenteamsterben breit, welches durch die immensen Kosten ausgelöst werden könnte, sondern bekannten sich auch neun der zehn Teamchefs zu Kostensenkungen und Testlimitierungen.

Niki Lauda hat aber auch hier eine eigene Meinung, welche er mit dem einzigen „Abtrünnigen“ der Limitierungspläne, der Scuderia Ferrari, teilt: „Schumi & Co haben ihre eigene Rennstrecke, genug Geld – warum sollen sie nicht probieren dürfen, wann immer sie wollen?“, fragt der Österreicher. „Wir sind ja auch kein Sparverein, sondern die Formel 1.“

Den einzigen Grund warum in der Formel 1 gespart werden müsse, gibt Lauda damit an, dass „Jordan und Minardi weiter mitfahren können – das ist der einzige Grund.“ Dass mit dem Ford-Konzern auch ein großer Automobilhersteller die Segel strich übergeht der Ex-Weltmeister dabei geschickt.

Eine Einigung zwischen „den Neun“ und der einen Scuderia Ferrari erscheint angesichts des späten Fertigstellungstermins des neuen F2005-Boliden Ende Februar aber wohl kaum in Sicht zu sein. Denn während Ferrari die ersten drei bis fünf Saisonrennen mit einem zuvor ausgetesteten modifizierten F2004 bestreiten möchte, wird man danach auch während der laufenden Saison unlimitierte Testfahrten benötigen, um den neuen roten Boliden vor seinem Renndebüt standfest und schnell zu machen.

Zudem räumte auch Michelin-Motorsportdirektor Pierre Dupasquier zuletzt ein, dass er Ferraris Gegenwehr verstehen könne, da sie schließlich alle Reifentestarbeiten für Bridgestone im Alleingang unternehmen müssten. Denn von den finanziell chronisch angeschlagenen anderen Bridgestone-Kunden Minardi und Jordan dürfen sich die Italiener kaum große Testunterstützung erwarten.

Als Beweis hierfür reicht ein Blick auf die Testzeitenlisten der vergangenen Woche beim ersten Barcelona-Test seit dem Ende des Testverbots. Von den teils bis zu 15 aktiven Fahrern waren an den fünf Testtagen maximal zwei Bridgestone-Piloten, nämlich die beiden Ferrari-Tester Marc Gené und Luca Badoer, im Einsatz. Alle anderen Fahrer sammelten Daten für die Franzosen aus Clermont-Ferrand.

Aber nicht nur bei Ferrari scheint der Kostensenkungsgedanke hinter der Notwendigkeit von Testfahrten zurückzustecken. Nicht umsonst erklärte B·A·R-Technikchef Geoff Willis vor der Aufnahme der Wintertestfahrten: „Während das 2004er-Chassis extrem zuverlässig war, möchten wir es dennoch verbessern. Dazu planen wir noch mehr Tests als im Winter zwischen 2003 und 2004.“

Wenn also bei den Tests nicht oder nur bei neun der zehn Teams gespart werden wird, wo kann dann noch der Gürtel enger geschnallt werden? „Ich kann mit vorstellen, dass Mercedes, BMW, Honda oder Toyota eines Tages entscheiden werden, ihre Motoren mehreren Teams zur Verfügung zu stellen“, schlägt Niki Lauda vor. „Wenn dann jeweils drei Teams mit dem gleichen Motor fahren, ersparen sich alle viel Geld.“

Entsprechend wünscht sich der Österreicher, dass die Automobilhersteller sagen: „Wir sind für die Motoren verantwortlich, wir unterstützen drei Teams, und wenn wir zusätzlich die zwei richtigen Teams erwischen, können wir genauso gewinnen.“

Die Anteile, welche BMW, Mercedes oder Honda an ihren jeweiligen Partnerteams besitzen, sprechen allerdings gegen eine solche Lösung, selbst wenn Toyota mittlerweile einen ersten Schritt mit der Belieferung des Jordan-Teams gewagt hat. „Wahrscheinlich bin ich der Zeit ein bisschen voraus“, weiß auch Lauda um die Situation, „aber man muss sich jetzt schon überlegen, dass dies der Weg sein kann, auf den die Formel 1 hinsteuern muss.“

Keinesfalls dürfe man jedoch bei der Technik sparen. „Wenn man die Formel 1 in ihrer Technik und Elektronik zu sehr beschneidet, so dass eine billige Einheitsformel daraus wird, dann steigen die Werke aus, weil sie dann nichts mehr davon haben“, warnt Lauda, dessen Fazit wie folgt lautet: „Abrüstung ja – was jetzt passiert, macht Sinn, weil es in die richtige Richtung läuft. Die Formel 1 wird billiger.“

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