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Formel 1 Monza: Bericht Max Verstapppen und Carlos Sainz lieferten sich einen harten Fight
Motorsport Images

Fragen & Antworten: Wie hart musste Verstappen für den Monza-Sieg kämpfen?

Das war nichts für schwache Nerven: Nach einem beinharten Duell der Ferrari-Piloten hat Max Verstappen den Grand Prix von Italien 2023 gewonnen

15 Runden lang durften die Tifosi von einem Ferrari-Sieg in Monza träumen, doch letztendlich triumphierte beim Grand Prix von Italien 2023 doch wieder Max Verstappen. Der Red-Bull-Pilot eroberte im Autodromo Nazionale seinen zehnten Sieg hintereinander und übertraf damit den alten Rekord von Sebastian Vettel aus dem Jahr 2013.

Ein Rekord, der Verstappen nicht gleichgültig ist: "Max war wegen des zehnten Siegs relativ nervös", sagt Red-Bull-Motorsportkonsulent Helmut Marko im Interview mit Sky. "Ich hoffe, das hat sich jetzt gelöst, für Singapur." Gemerkt habe Marko das "schon am Freitag, in der Abstimmung. Ich kenne ihn gut genug. Ich weiß, wie er tickt."

Den beiden Ferrari-Stars Carlos Sainz und Charles Leclerc blieben nach verlorenem Duell gegen Sergio Perez (Red Bull) nur die Positionen 3 und 4. Sainz und Leclerc lieferten sich bis zum Schluss ein elektrisierendes Duell um das Podium, bei dem Ferrari-Teamchef Frederic Vasseur ein paar Mal das Herz stehen geblieben sein muss.

Am Ende also zwei Red Bulls vor zwei Ferraris, und dahinter dann zwei Mercedes: George Russell auf P5 und Lewis Hamilton auf P6.

Alexander Albon (Williams) wurde Siebter, gefolgt von Lando Norris (McLaren), Fernando Alonso (Aston Martin) und Valtteri Bottas (Alfa Romeo).

Oscar Piastri (McLaren) kam nach einer Kollision mit Hamilton als Elfter ins Ziel, 5,8 Sekunden hinter einem WM-Punkt. Wegen einer Strafe fiel er allerdings noch auf P12 hinter Liam Lawson (AlphaTauri) zurück.

Nico Hülkenberg (Haas) wurde 17. und Vorletzter, schlug aber immerhin seinen Teamkollegen Kevin Magnussen um 9,6 Sekunden.

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Wie lief der Start?

Hülkenberg war der stille Sieger des Starts. Er gewann in der ersten Runde drei Positionen und lag zu dem Zeitpunkt an zehnter Position. Auf den vorderen Plätzen gab es keine Verschiebungen: Die Top 5 kamen unverändert zu ihrer Startposition aus Runde 1 zurück. Nur im Kampf um P6 lag Norris kurzzeitig vor Albon, das konnte der Williams-Pilot aber zu Beginn der zweiten Runde korrigieren.

Hülkenbergs anfängliche Performance sollte übrigens, wie so oft, ein Strohfeuer bleiben. Auf die Distanz hatte der Haas einfach nicht die nötige Pace, um mit den Mittelfeldautos mitzuhalten, sodass der Deutsche nach und nach zurückfiel.

"Es war eins der härtesten und schlechtesten Rennen der Saison", sagt Hülkenberg. "Auf Low-Downforce-Strecken ist es für uns noch schlimmer. Wenn der Reifen nicht mehr frisch ist, gibt's nur noch eine Richtung, und die ist rückwärts. Wir fressen die Reifen auf, die Balance ist armselig, wir rutschen mehr als andere. Dann fehlt die Pace, und das frisst noch mehr Reifen."

Wie lang lag Sainz in Führung?

Verstappen befolgte in den ersten paar Runden den Rat seines Renningenieurs, "vernünftig" zu sein. Nachdem er schon am Start nicht unnötig riskiert hatte, spielte er auf Geduld. Bereits in Runde 4 fiel ihm auf, wie Sainz' Reifen abzubauen anfingen: "Er rutscht schon, also ..."

In Runde 6 saugte sich Verstappen mit DRS-Vorteil bei Start und Ziel erstmals neben Sainz. Der Ferrari fuhr Kampflinie, Verstappen stach innen rein und musste in der Schikane zurückziehen, um eine Kollision zu verhindern. "Das war frech", funkte der Niederländer, und Sainz meinte halb ironisch: "Gutes Manöver!"

Helmut Marko meint dazu nur: "Ein Ferrari-Fahrer muss sich in Monza mit allem verteidigen, was geht. Und er hat dieses Alles sehr weit ausgereizt."

Wann kam Perez an Russell vorbei?

In Runde 14 platzte Perez im Kampf um Platz 4 gegen Russell der Kragen. Er saugte sich vor der ersten Schikane an den Mercedes heran, nahm den Notausgang und beschwerte sich am Funk: "Er hat mich abgedrängt." Sky-Experte Timo Glock widerspricht: "Das war nicht der Fall."

Sah auch die Rennleitung so: Perez musste die im Notausgang gewonnene Position zurückgeben. Zwei Runden später überholte er Russell dann aber ohne illegales Manöver und war damit Vierter.

Hat Ferrari einen taktischen Fehler gemacht?

Zu dem Zeitpunkt lag Verstappen schon in Führung. In Runde 15 hatte sich Sainz bei Kurve 1 verbremst, sodass er beim Herausbeschleunigen einen Nachteil hatte. Den nutzte Verstappen vor Kurve 5 aus und ging in Führung.

Ein paar Runden davor hatte Russell gefunkt: "Der Undercut ist heute mächtig." Doch anstatt Sainz sofort nach dem Manöver reinzuholen und somit Verstappen unter Druck zu setzen, Leclerc draußen zu lassen und Verstappen strategisch in die Zange zu nehmen, reagierte Ferrari nicht. Mutmaßlich, weil Sainz ein Reifenwechsel in Verkehr bringen hätte können.

Von da an war Verstappen nicht mehr zu halten. Ende Runde 19, als Sainz an die Box kam (3,3 Sekunden Standzeit), betrug sein Vorsprung schon 5,2 Sekunden. Verstappen selbst reagierte eine Runde später. Nach absolvierten Boxenstopps wuchs der Vorsprung sogar auf 5,5 Sekunden an.

Indes kam Leclerc nur ganz knapp hinter Sainz auf die Strecke zurück, als er gleichzeitig mit Verstappen an der Box war. Die beiden Ferraris lieferten sich jetzt ein Rad-an-Rad-Duell, was Verstappen die Gelegenheit gab, Tempo rauszunehmen und den harten Reifen für den langen Stint zu schonen.

Übrigens: Durch die Boxenstopps kam Piastri vorübergehend zu seinen ersten Führungsrunden in der Formel 1. Als er dann zum Reifenwechsel kam und wieder auf die Strecke fuhr, kam es in der Schikane ausgerechnet mit seinem Teamkollegen Norris zu einer Berührung, die von der FIA notiert, aber nicht weiter untersucht wurde.

Wie verlief der Kampf um die Podestplätze?

Während Verstappen vorn einsam seine Kreise zog, entwickelte sich fünf Sekunden hinter ihm ein Dreikampf um den zweiten Platz: Sainz, Leclerc und Perez hatten den fünftplatzierten Mercedes von Russell inzwischen um sechs Sekunden abgehängt.

In Runde 31 hatte Perez durch die Curva Grande einen deutlichen Geschwindigkeitsüberschuss, sodass er vor Kurve 5 sogar lupfen musste, um nicht auf Leclerc aufzufahren. Bei Kurve 5 wurde es dann brenzlig: "Er lässt mir keinen Platz", ärgerte sich Perez - nur um eine Runde später locker am Ferrari vorbeizufahren.

Perez hatte jetzt knapp zwei Sekunden Rückstand auf Sainz, aber der wendete sich in jener Phase besorgt an die Ferrari-Box: "Es wird eng, es bis ins Ziel zu schaffen." Sein Renningenieur bot keine Lösungen an, funkte aber: "Versuch dein Bestes."

Es dauerte bis Runde 46, ehe Perez Zweiter war. Nach mehreren gescheiterten Überholversuchen (Perez: "So kann man nicht Rennfahren!"), bei denen sich Sainz wie ein Löwe verteidigte, fuhr Perez letztendlich am Ende der Start- und Zielgerade am Ferrari vorbei.

"Es war so schwierig, ihn zu überholen. Viel schwieriger als gedacht", sagt Perez. "Ich denke, uns hat ein bisschen Topspeed gefehlt. Ich kam ein paar mal wirklich top aus der Parabolica raus, aber es hat nie gereicht. Mit 0,2 Sekunden hatte ich eine Chance, mit 0,3 nicht mehr. Charles und dann auch noch Carlos zu überholen, war ziemlich irre. Und es hat meine Reifen ans Limit gebracht."

Verstappen konnte er danach aber nicht mehr herausfordern, denn der Niederländer hatte zu dem Zeitpunkt schon mehr als zehn Sekunden Vorsprung, von denen er letztendlich 6,1 Sekunden über die Ziellinie rettete.

Wie ging das Ferrari-Duell aus?

Sainz hatte bei der Verteidigung gegen Perez offenbar seinen Reifen viel zugemutet, sodass Leclerc in der Schlussphase wieder Oberwasser bekam. In Runde 47 hatte Leclerc die bessere Traktion aus der ersten Schikane raus, und vor Kurve 5 kam es sogar zu einer leichten Berührung der beiden. Sainz konnte sich aber auf dem Podestplatz behaupten.

In Runde 49 forderte Sainz vom Kommandostand erstmals eine Stallorder ein, bekam sie aber nicht. In Runde 50 eskalierte das Duell zunehmend, Sainz konnte sich noch einmal behaupten, und in Runde 51 bremste Leclerc so spät, dass es in Kurve 1 eine riesige Rauchwolke gab. "Ich sag's, die beiden schießen sich noch ab", zitterte Timo Glock am Sky-Mikrofon.

Dazu kam es nicht mehr: Sainz überstand auch die letzte Runde und kam als Dritter vor Leclerc ins Ziel. Nach einem "sehr, sehr harten" Rennen, wie er sagt: "Härter als heute kann es gar nicht mehr werden!"

"Ich habe das ganze Rennen gepusht, um die Red Bulls hinter mir zu halten. Dabei habe ich meine Hinterreifen hart rangenommen. Am Ende bezahlte ich dafür ein bisschen den Preis. Aber ich habe alles gegeben und den dritten Platz nach Hause gebracht", sagt Sainz.

Böses Blut in Richtung Leclerc gibt's übrigens nicht: "Es ist immer eine Freude, gegen Charles Rennen zu fahren. Er ist ein großartiger Racer, genau wie Max und 'Checo'."

Und auch Leclerc nimmt's gelassen: "War alles unter Kontrolle", winkt er augenzwinkernd ab. "Klar, wir waren am Limit. Carlos hat auch manchmal ein bisschen beim Bremsen die Linie gewechselt. Wir haben die Grenzen der Regeln ausgelotet, aber so soll das in der Formel 1 ja auch sein."

Piastri vs. Hamilton: Wer war schuld?

Piastri lag an achter und Hamilton an neunter Stelle, als Hamilton durch die Curva Grande mehr Schwung hatte und sich innen neben Piastri setzte. Beim Anbremsen von Kurve 5 zog Hamilton jedoch etwas nach rechts, womit er Piastris Linie kreuzte, und es kam zur Berührung. Piastri, dessen Frontflügel dabei Schaden nahm, war sauer: "Er ist beim Anbremsen einfach in mich reingezogen!"

Piastri fiel durch den notwendigen Boxenstopp aus den Punkterängen raus. Doch auch für Hamilton blieb die Aktion nicht ohne Folgen: Er wurde von den Rennkommissaren mit einer Fünfsekundenstrafe belegt.

"War total mein Fehler", sieht Hamilton ein, und Mercedes-Teamchef Toto Wolff sagt: "Die Strafen gegen unsere beiden Fahrer waren gerechtfertigt." Also auch die gegen Russell, wegen seines Duells mit Esteban Ocon (out/Alpine) in der ersten Schikane.

Hamilton überholte wenig später auch noch den zweiten McLaren und Albon und fuhr als Sechster über die Ziellinie. Weil er mehr als fünf Sekunden Vorsprung nach hinten herausgefahren hatte, durfte er den sechsten Platz auch behalten. Im Klassement 2,4 Sekunden vor Albon.

Warum waren nur 19 Autos am Start?

Yuki Tsunoda rollte gegen Ende der Einführungsrunde, zwischen Variante Ascari und Alboreto-Kurve (ehemals Parabolica) aus. "Motorschaden", funkte der Japaner. Bitter für AlphaTauri: Monza ist neben Imola eins von zwei Heimrennen des italienischen Teams.

Das Feld wurde in eine zweite Einführungsrunde geschickt, damit Tsunodas Auto geborgen werden konnte. Für den AlphaTauri-Fahrer war der Arbeitstag damit beendet. Und die offizielle Renndistanz wurde zunächst von 53 auf 52 Runden verkürzt.

Als sich das Feld zum zweiten Mal für den Start bereit machte, traf Rennleiter Niels Wittich die Entscheidung, den Start abzubrechen und um weitere fünf Minuten zu verschieben, weil der AlphaTauri nicht schnell genug geborgen werden konnte.

Die Wiederaufnahme des Startprozederes begann um 15:20 Uhr Ortszeit, also mit insgesamt 20 Minuten Verspätung. Es musste eine weitere Einführungsrunde absolviert werden, womit die Renndistanz bei nur noch 51 Runden lag.

Hintergrund: Auch in den Einführungsrunden verbrauchen die Formel-1-Autos Benzin. Allerdings kann in der Startaufstellung nicht nachgetankt werden, sodass jede zusätzliche Einführungsrunde die Renndistanz um eine Runde verkürzt.

Wie geht die Formel-1-WM 2023 jetzt weiter?

Nach dem "Back to Back" in Zandvoort und Monza (den letzten beiden Stationen des Jahres in Europa) macht die Formel 1 jetzt erstmal ein Wochenende Rennpause. Am 17. September steht dann der Grand Prix von Singapur auf dem Programm, "back to back", mit dem Grand Prix von Japan am 24. September.

Der Grand Prix von Italien ist für Hardcore-Fans der Formel 1 aber noch nicht ganz vorbei. Denn am Sonntagabend (voraussichtlich um 22:00 Uhr) streamen Kevin Scheuren und Christian Nimmervoll live aus Monza die tägliche F1-Show mit einer ausführlichen Nachbesprechung des Rennsonntags.

Auf dem YouTube-Kanal von Formel1.de geht's dann auch am Montag mit Content rund um den Grand Prix von Italien weiter. Unter anderem mit dem Meinungsformat "Kevins Kaffeepause" und einer detaillierten Analyse aller Daten und Strategien durch Kevin Hermann mit den Tools des deutschen Technologieunternehmens PACETEQ.

Motorsport-Total.com

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