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Ferrari-Zirkus in Miami Ferraris Positions-Hickhack sorgte in Miami für Kopfschütteln
LAT Images

Positionschaos statt Angriff nach vorn: Ferrari-Zirkus in Miami

Ferrari hat in der Formel 1 wieder einmal die Lacher auf seiner Seite - Statt Kimi Antonelli anzugreifen, wird über die teaminterne Reihenfolge debattiert

Ohne Ferrari wäre die zweite Hälfte des Miami-Grand-Prix wohl deutlich ereignisärmer verlaufen. Gleich zweimal stand sich die Scuderia, ohnehin nicht zum ersten Mal Zielscheibe spöttischer Kommentare, im eigenen Rennen selbst im Weg. Beim Handling der Positionen zwischen Charles Leclerc und Lewis Hamilton herrschte wieder einmal das vielzitierte "Grande Casino".

Eigentlich hätten sich die beiden Teamkollegen im Rennverlauf gar nicht begegnen sollen, weil Leclerc deutlich vor Hamilton im Rennen lag. Doch ein ungünstig fallendes Virtuelles Safety-Car zerstörte Leclercs Strategie: Es wurde genau in dem Moment ausgerufen, als der Monegasse auf Start-Ziel fuhr - und war wieder aufgehoben, als er gerade an die Box fuhr. Der daraus resultierende Zeitverlust war erheblich, vor allem im Vergleich zu Hamilton.

Der Brite, der auf der umgekehrten Strategie zu Leclerc unterwegs war, hatte das Rennen auf harten Reifen begonnen und befand sich nun auf der weicheren Medium-Mischung. Was zunächst nach zwar unfreiwilligem, aber immerhin Teamwork aussah - Leclerc überholte zu Beginn von Runde 34 Carlos Sainz, Hamilton nutzte die Lücke und zog mit -, entwickelte sich schnell zum internen Konflikt.

Vier Runden Debatte statt klarer Entscheidung

Die Freude über das gelungene Manöver wich schnell einer hitzigen Debatte: Hamilton hatte die schnelleren Reifen und der Mercedes von Andrea Kimi Antonelli war lediglich sechs Sekunden weg und wie Leclerc auf harten Reifen unterwegs.

Hamilton, klar schneller unterwegs, hing nun hinter Leclerc fest und machte seinem Unmut über Funk Luft: "Ich verbrenne hier nur meine Reifen", klagte er schon eine Runde nach dem Doppel-Überholmanöver gegen Sainz.

Wenig später folgte ein weiterer Frustfunkspruch: "Soll ich jetzt das ganze Rennen hier festsitzen?" Die Reaktion seines Ingenieurs Riccardo Adami: "Halt einfach das DRS zu Charles." Hamiltons genervte Antwort: "Ihr Jungs... Man!"

Offenbar fürchtete Ferrari, dass bei einem Platztausch nicht nur Hamilton, sondern auch der noch in erweiterter Schlagdistanz befindliche Sainz an Leclerc vorbeigehen könnte. Daher wohl die Entscheidung, Hamilton durch Leclerc per DRS von Sainz weg zu ziehen - ein Plan, der Hamilton aber wertvolle Zeit kostete.

Erst in Runde 38 kam schließlich die Anweisung an Leclerc: "Tausch in Kurve 17." Leclerc hatte bis dahin mit seinem Ingenieur Bryan Bozzi nicht ein einziges Mal über Hamilton gesprochen.

Noch kurz vor dem Platztausch explodierte Hamilton: "Das ist kein gutes Teamwork. In China habe ich auch Platz gemacht, als ihr mich gebeten habt. Wofür sind Teamkollegen da? Kommt schon!" Noch während er sich seinem Frust Luft machte, fiel ihm Adami mit der Anweisung zum Platztausch ins Wort.

Vier Runden hatte Ferrari mit der Entscheidung verplempert und Hamiltons Reifen waren bereits spürbar gealtert. Offenbar führt das dazu, dass Hamilton nicht so von Leclerc wegkam wie erhofft. "Lewis muss schneller fahren. Ich fahre jetzt in seiner 'Dirty Air'", funkte nun Leclerc genervt, der zu dem Zeitpunkt 1,3 Sekunden hinter seinem Teamkollegen lag und einen ähnlichen Vorsprung auf Sainz hatte.

Rücktausch im dritten Anlauf

Zwar gelang es beiden Ferrari-Piloten, Sainz außerhalb des DRS-Fensters zu halten und den Rückstand auf Antonelli zu verkürzen. Doch der große Angriff auf den Mercedes-Fahrer blieb aus. Über Runden stagnierte der Abstand bei vier Sekunden, dann holte Hamilton wieder leicht auf.

Im Hintergrund hatten bereits neue Diskussionen begonnen: Leclerc war wieder näher dran, war nun der schnellere Fahrer mit den haltbareren harten Reifen - und die bessere Option, Antonelli noch abzufangen. In Runde 51 erhielt er die Anweisung: Tausch in Kurve 11.

Doch Hamilton bekam den Funkspruch nicht. Bei ihm lag der Fokus noch immer auf Antonelli. "2,4", wurde ihm durchgegeben, als er Leclerc vorbeilassen sollte. Als er dann auf der langen Geraden die Anweisung erhielt, Leclerc durchzulassen, ignorierte er die Anweisung: "Ihr wollt also nicht, dass ich weiter aufhole?"

Jetzt war es Leclerc, der sich ärgerte. "Neuer Versuch in Kurve 11", funkte Bozzi. Leclercs Reaktion: "Ist okay. Wir sehen Antonelli. Lasst es uns versuchen. Wenn nicht, verplempern wir hier mehr Zeit als sonst was. Ja, sprechen wir nach dem Rennen."

Schließlich ließ Hamilton Leclerc doch noch passieren - eine Runde später als geplant und mehr als eine halbe Runde nach der ersten Anweisung. Doch der Rückstand auf Antonelli war inzwischen zu groß geworden. Leclerc konnte die Lücke nicht mehr schließen. Und Hamilton drohte, auf seinen alten Reifen auch noch Sainz zum Opfer zu fallen. Die Stimmung war ohnehin am Boden.

"Sainz 1,4", funkte Adami Hamilton ins Ohr, worauf dieser patzig wurde: "Willst du, dass ich ihn auch vorbeilasse?". Der Funkspruch wurde im deutschen TV-Kommentar süffisant als "salzig" bezeichnet.

Tatsächlich kam es in der letzten Kurven. Das passend zum amerikanischen Publikum im NASCAR-Stil ausgetragene Duell entschied der Ferrari-Pilot für sich, auf dem Zielstrich hatte er 0,391 Sekunden Vorsprung auf den Spanier, den er für 2025 aus dem Ferrari-Cockpit gedrängt hatte. Auf der Auslaufrunde verlor der siebenmalige Weltmeister und Formel-1-Rekordsieger kein Wort.

Ralf Schumacher: Hamilton "ein bisschen peinlich"

TV-Experte Ralf Schumacher zufolge hat der Brite keine gute Figur abgegeben; "Es war schon unglücklich für ihn. Er war eine Zeit lang schneller, weil er vermeintlich auf dem besseren Reifen war. Er hat es sich erkämpft, dass er nach vorne kommt."

"Das ist ja okay, aber dann ist es natürlich doppelt peinlich, wenn man dann zu langsam ist und die Position nicht zurückgeben will. Normalerweise macht man das so und danach gibt man es auch wieder freiwillig zurück. Ich glaube, da herrscht Klärungsbedarf."

Hamilton versucht nach dem Rennen, seine Aussagen am Funk zu relativieren: "Einige Leute mögen es vielleicht nicht, aber manches war einfach sarkastisch. Man muss verstehen: In diesen Autos stehen wir unter enormem Druck. Da kommen in der Hitze des Gefechts keine diplomatischen Botschaften durch."

Dennoch macht Hamilton deutlich, dass er sich vom Team besseres Timing gewünscht hätte: "Ich war in dem Moment deutlich schneller und glaube, ich hätte Antonelli noch kriegen können, wenn die Entscheidung früher gefallen wäre. Ich habe kein Problem mit dem Team oder mit Charles, aber wir müssen da besser werden."

"Ich will einfach, dass Entscheidungen schneller getroffen werden. Ich sitze im Auto, versuche die Kontrolle zu behalten, während ich gleichzeitig hoffe, dass das Team da draußen den Überblick hat. Und dann sagen sie dir: 'Es kommt schon zu dir' - das hilft in dem Moment halt nicht weiter."

Auch bei Ferrari-Teamchef Frederic Vasseur versuchte Hamilton nach dem Rennen sofort die Wogen zu glätten: "Fred kam nach dem Rennen zu mir. Ich habe ihm einfach auf die Schulter geklopft - so nach dem Motto: 'Reg dich nicht auf, nimm's nicht zu ernst' Ich hätte am Funk viel Schlimmeres sagen können - andere haben das ja in der Vergangenheit auch getan."

Hamilton steht bei Ferrari ohnehin unter Druck. Abgesehen vom Sieg im Sprintrennen in China steht der Superstar gegenüber Leclerc momentan auf verlorenem Posten. Und es ist Hamilton, der nach den Ereignissen in Miami wohl mehr erklären muss.

Und Leclerc? Der gibt ganz den Diplomaten: "Ich wusste, dass Lewis auf einem Medium unterwegs war, und er hinten heraus mehr zu kämpfen haben würde. Aber ich verstehe auch, dass er es anders machen wollte. Ich hätte wahrscheinlich auch versucht, auf den Mediums etwas aggressiver zu sein."

"Wir müssen es besser machen, das ist sicher. Es ist offensichtlich, dass wir so unsere Rennen nicht managen wollen. Wir werden es intern diskutieren, um bessere Entscheidungen zu treffen."

Mit Hamilton sieht er keinen Konflikt: "Es gibt keine bösen Gefühle gegenüber Lewis, absolut nicht."

Er bringt sogar Verständnis für den Frust seines Teamkollegen auf: "Man kämpft um Platz acht und macht keine Fortschritte. Ich hatte wirklich mit dem Auto zu kämpfen, das ist der Frust, und dann kommt noch der ganze Rest dazu, das alles summiert sich. Der Funk gibt nicht immer das wahre Bild wider."

Motorsport-Total.com

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