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Bernie’s Hitler-Theorie: Ist es nur Dummheit?

Zwei Damen wollte er imponieren - als kleiner, aber knallharter Hardliner. Dabei war er sich nicht zu blöd, Hitler zu loben. Wie wird man in der F1 reagieren?

Michael Noir Trawniczek, noir@motorline.cc

„Mädels, ihr bleibt hier“, hat Bernie Ecclestone letzte Woche zu den beiden Times-Journalistinnen gesagt, die mit dem „F1-Zampagno“ in einem Raum seines Knightsbridge-Büros ein Interview führen wollten, und er den Fotographen in sein Büro verwies. „I’m having a full frontal“, stimmte sich der Brite auf das Gespräch mit den beiden Damen ein…

Geworden ist daraus so etwas wie ein frontaler verbaler Unfall – denn im Rahmen des Gesprächs sagte Ecclestone: „Es ist wahrscheinlich schrecklich, das zu sagen, aber abgesehen davon, dass Hitler überzeugt werden musste, Dinge zu tun, von denen ich keine Ahnung habe, ob er sie eigentlich wollte oder nicht, konnte er viele Menschen kommandieren und etwas auf die Beine stellen.“ Doch weil er sich nicht halten konnte, sei Hitler „kein guter Diktator“ gewesen – „egal ob er wusste, was da geschieht und darauf bestand, oder er es nur hingenommen hat“.

Zuvor hatte Ecclestone den beiden Damen bereits erklärt, dass „die Demokratie in vielen Ländern keinen guten Dienst erwiesen“ habe, dass Saddam Hussein und die Taliban die einzigen gewesen seien, die ihr Land hätten unter Kontrolle halten können, so wie Margaret Thatcher in England für den Aufbau sorgen hätte können, indem sie harte Entscheidungen getroffen habe und es nicht "wie Gordon oder Tony jedem Recht machen" wollte. „Ich mag einfach starke Führerpersönlichkeiten“, sagte Ecclestone. Außerdem sollte England seiner Meinung nach „eher wie ein Geschäft“ und nicht als ein „sozialer Fall“ geführt werden. Seinem Freund Max Mosley wollte er noch einen guten Dienst erweisen, indem er erklärte, Mosley wäre für England ein „guter Leader“…

Die soziale Gesellschaft sei „komplett verrückt“, befand Ecclestone zudem. Je mehr man arbeite, desto mehr Steuern müsse man zahlen. Und es würde für Arbeitslose genügend Jobs geben, wenn sie diese Jobs denn auch machen wollten. Doch: „Diese Leute sind Schmarotzer.“

Kleiner Macho

Er selbst würde jedenfalls „Entscheidungen treffen – manchmal gute, manchmal schlechte – so lange die guten überwiegen, ist es okay“. Und: “Du kannst nicht immer deine Großmutter fragen, bevor du eine Entscheidung triffst.“

Ecclestone verriet den beiden Damen auch: „Ich war schon immer sehr konkurrenzfähig. Wenn man klein ist, muss man das auch sein.“ Dass er einmal gesagt hat, eine Frau gehöre in die Küche, sie solle aber weiß gekleidet sein, um „wie die anderen Haushaltseinrichtungen“ auszusehen, sei natürlich nur ein Scherz gewesen, sagte der 69-jährige. Dennoch sei er überzeugt, dass Frauen wegen der hohen Fliehkräfte „nicht einmal eine Runde“ in einem F1-Auto aushalten würden…

Man kennt viele seiner Aussprüche bereits – bezeichnend war die Reaktion von Bernie Ecclestone auf den „Spaziergänger“, der auf die F1-Strecke lief. „Er gehört erschossen“, sagte Ecclestone damals.

Strohdumm

Doch die jüngsten Statements des Herrn Zirkusdirektor sind vor allem eines: strohdumm! Zu sagen, er sei nicht sicher, ob Hitler die Massenvernichtung überhaupt gewollt habe, ist einfach nur ein erbärmliches Zeugnis von Dummheit oder Desinteresse. Dabei sollte man meinen, dass der große Diktatorenfan das Buch „Mein Kampf“ richtiggehend verschlungen hat – als Anleitung für seinen Weg vom Gebrauchtwagenverkäufer zum „Mister Formel 1“.

Rücktrittsforderungen

Dass es bereits heftige Reaktionen von Jüdischen Vertretern gibt, ist kein Wunder – es wird unter anderem auch der Rücktritt von Bernie Ecclestone verlangt.

Hatten wir das nicht erst? Richtig. Vor etwas mehr als einem Jahr gab es ähnliche Reaktionen auf jenes versteckt gefilmte und veröffentlichte Video, welches Max Mosley beim Praktizieren von S/M-Sex zeigt.

Die angebliche „Nazi-Orgie“ entpuppte sich als eine in S/M-Kreisen gängige Praxis. Mosley konnte vor Gericht beweisen, dass dabei keine Wiederbetätigung oder Gutheißung des Nationalsozialismus begangen wurde.

Wie reagieren die Teams?

Damals jedoch haben sich vier Formel 1-Teams in eigens angefertigten Presseaussendungen von Max Mosley distanziert. Jetzt stellt sich die Frage, wie man nun reagieren wird?

Schließlich hat Ecclestone im Gegensatz zu Mosley tatsächlich mit dem Feuer gespielt. Teile seiner Aussagen könnten in Österreich durchaus wegen Verharmlosung oder Gutheißung des Nationalsozialismus vor Gericht landen.

Wie reagieren jetzt jene vier Teams, die im Vorjahr bereits im Fall Mosley eine gewisse Moral aufgezeigt haben? Wird man sich von den Aussagen des Herrn Ecclestone distanzieren?

Muss Ecclestone gehen?

Dass Bernie Ecclestone die ganze Welt als Business führen würde und dass ihm soziale Angelegenheiten herzlich egal sind, ist weder überraschend noch etwas Neues. Dass dieser Mann aber öffentlich menschenverachtende Politiker wie Adolf Hitler oder Saddam Hussein lobt, kann dem ohnehin angeschlagenen Image der Formel 1 nur noch mehr schaden. Offenbar ist es im Alter zunehmend schwieriger, jenen Punkt ausfindig zu machen, an dem man besser schweigen sollte…

Ron Dennis schwebte einst auch auf Wolke Nr. 7, als er den vor ihm versammelten Reportern diktierte: „Wir machen Geschichte, ihr schreibt nur darüber.“ Am Ende musste Dennis die Formel 1 durch die Hintertüre verlassen, er musste sogar versprechen, zu keinem GP mehr zu erscheinen.

Droht auch Ecclestone dieses Schicksal? Er scheint es zumindest darauf anzulegen. Er glaubt sicher fest daran, dass sich am Ende das Geld und die Macht durchsetzen werden und er sich alles erlauben kann. Und es ist zu befürchten, dass er Recht behalten wird…

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