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Das blau-weiße Jahr

Die 2. Liga des österreichischen Rallyesports verlief spiegelverkehrt zur Saison 2001.

Werner Schneider

Waren damals die Allradler der dominierende Faktor, so machten sich diesmal Zwei-Liter-Autos die Sache untereinander aus.

Intensive Werbung und zwei von 10 geplanten Läufen in Ostbayern führten zu einer Blutauffrischung durch zwei Piloten aus unserem Lieblings-Nachbarland, wobei jedoch relativ bald klar wurde, dass hier mit unterschiedlichen Mitteln gerannt wurde. Das Problem war das deutsche Gruppe H-Reglement, das wesentlich freier gefasst war als das österreichische und in der Praxis richtige Kit-Cars zuließ, mit hochdrehenden Extrem-Motoren, was im Falle des Zweier-Golf von Markus Stadler aus Oberbayern gleich einmal die unglaubliche Zahl von 270 Pferdestärken ergab, unmöglich unter Gruppe A-Voraussetzungen.

Da Stadler sich auch ungemein schnell auf die im Vergleich zu Bayern ganz anders gearteten Sonderprüfungen einzustellen vermochte, war bald klar, dass der Titel nur gegen ihn zu holen war. Dass er den Rallye-Sprint ausließ, wäre ihm aber beinahe noch zum Verhängnis geworden, denn bei der Niederbayern-Rallye zerstörte er seinen Golf in einem Unfall, den man getrost als „Abflug des Jahres“ bezeichnen kann (Bilderserie auf www.gruenergolf.de) und musste die folgenden beiden Läufe mit einem gewöhnlichen Gruppe N-Seat Ibiza Cupra Vorlieb nehmen, mit dem er ganz und gar nicht zurechtkam.

Der im Frühjahr angesammelte Punkte-Vorsprung war jedoch groß genug, sodass bei der Waldviertel-Rallye, wo die Challenge-Teilnehmer einmal eine richtige Zweitage-Veranstaltung absolvieren durften, eine durchschnittliche Fahrt genügte, um sich den Titel zu sichern. Zu diesem Zweck hatte er sich von einem anderen bayerischen Piloten ein anderes Zweier-Golf „Kit-Car“ gemietet und wechselte sich mit dessen Besitzer am Steuer ab.

Stadlers schärfster Konkurrent war sein Landsmann Franz Auer jun. in einem Gruppe N-Opel Astra, dem es im Herbst zwar gelang, zeitweise die Führung zu übernehmen, die beiden Streichresultate in der zweiten Saison-Hälfte entschieden schließlich jedoch gegen ihn. Sein Co-Pilot Markus Peter vermochte sich immerhin mit dem Titel für die Beifahrer zu trösten.

Die besten Österreicher fanden zu spät zu ihrer Form oder hatten schlicht und ergreifend Pech. Titelverteidiger Wolfgang Franek lieferte seine weitaus besten Leistungen ausgerechnet bei den beiden letzten Läufen in Admont und Waidhofen a. d. Thaya ab, wobei er vor allem im Waldviertel so flott unterwegs war, dass es in der EM-Wertung für Platz 2 in der Klasse gereicht hätte.

Markus Benes aus Biedermannsdorf bei Mödling war der letzte überlebende „Allrad-Saurier“, der sich noch um den Gesamtsieg bewarb, nachdem Christian Riegler schon nach dem Saison-Auftakt bei der Ostbayern-Rallye den vermeintlich aussichtslosen Kampf aufgegeben hatte.

Benes' Pech war, dass die Nationale Bosch Super 4-Rallye gleich nach dem Start aufgrund des tödlichen Unfalls von Jutta Gebert abgebrochen wurde und keine Punkte vergeben wurden, wodurch im Frühjahr keine Streichresultate herangezogen werden konnten und sein Ausfall mit Getriebeschaden nur 150 m vor dem Ziel der letzten SP bei der Castrol-Rallye seine Chancen vernichtete.

Im der zweiten Saisonhälfte wuchs der Mazda-Pilot vom MSK Mödling jedoch plötzlich und auch für Kenner völlig unerwartet über sich hinaus, war bester Challenge-Pilot bei der Herbst-Rallye Leiben, gewann dann auch noch die Nationale ARBÖ-Steiermark-Rallye in bestechender Manier, aber mehr als Platz 4 war nicht mehr drin.

Platz 5 ging an seinen Mazda-Kollegen Wolfgang Schmollngruber aus Kematen a. d. Ybbs, der recht unterschiedliche Form zeigte, seinen Höhepunkt aber vor allem beim Rallye-Sprint hatte. Der Traisener Herbert Pichler hatte ein etwas unglückliches Frühjahr, konnte in seinem C-Kadett aber dafür gerade beim so schwierigen Saison-Finale im Waldviertel glänzen, was ein paar Zehntel-Punkte hinter Schmollngruber aber nur für Platz 6 reichte.

Pepi Gatterer war mit seinem Ford Escort RS 2000 der beste Waldviertler, begann aber erst im Juni mit dem Punktesammeln, sein Markenkollege Leo Schweitzer aus Eferding zeigte bei seinem Comeback nach gut 15 Jahren Pause beeindruckenden Speed, verlor aber ebenso ziemlich viele Punkte durch Off-Road-Einlagen. Das reichte letztendlich nur für Platz 10 hinter dem Salzburger Erich Althuber, der zwar immer für Spitzenzeiten gut war, aber den Ausfalls-Teufel aus seinem Citroen Saxo nicht los wurde, und Fahrer-Vertreter Roland Dorfner, der es aus Zeitgründen jedoch nur zu drei Veranstaltungen schaffte.

Insgesamt hat die Saison gezeigt, daß es für einen weiteren Aufbau dieser Serie sehr hilfreich wäre, würden sich mehr Veranstalter finden, die kleine Rallyes außerhalb der Staatsmeisterschaft durchführen würden. Herbst-Rallye und Rallye-Sprint waren sehr populär und für die Meisterschaft von entscheidender Bedeutung, da das Punktesystem der Challenge ja eine höhere Anzahl an Startern in einer Klasse honoriert. Insgesamt fällt es in Österreich aber leider immer noch sehr schwer, das Interesse einer größeren Anzahl „kleiner“ Teams für eine Saison außerhalb der Staatsmeisterschaft zu wecken, weiß der Teufel warum.

Im Ausblick auf die kommende Saison ist es nur schade, daß vermeldet werden muß, daß Yokohama keinen Preisgeldtopf mehr ausschütten wird. Denn der war bisher jedenfalls ein zusätzlicher Anreiz für so manche Nachwuchs-Piloten, es doch einmal mit der deutlich preisgünstigeren Alternative zur Staatsmeisterschaft zu versuchen. Sportlich scheinen die Aussichten jedenfalls interessanter denn je, da deutsche Gruppe H-„Kit Cars“ nicht mehr punkteberechtigt sind. Auch deutsche Aktive in Gruppe H-Autos müssen sich künftig dem Anhang J und dem Homologationsblatt ihres Fahrzeuges unterwerfen, was in Verbindung mit den Yokohama-Einheitsreifen zu spannenden Kämpfen führen sollte.

Saison-Start ist die Nationale Burgenland-Rallye im Rahmen der 2. Etappe des 2. Laufs zur Meisterschaft.

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