Rallye: Exklusiv | 03.10.2007
Harrach: "Ich habe jeden Huster dieses Autos mitgemacht"
Noch überlegt die OMV, ob man das Erdgasprojekt von Stohl Racing weiter finanzieren soll. motorline.cc sprach mit Mag. Wolk und Beppo Harrach.
Michael Noir Trawniczek
Fotos: pressefotos.at/Thomas Preiss
Man wollte ein Zeichen setzen - die Firma Megadenzel lud gemeinsam mit OMV und Wien Energie zu einem Pressetermin zum Thema Erdgasantrieb. Das CNG (Compressed Natural Gas) soll als eine umweltfreundliche Alternative salonfähig gemacht werden. Bis zum Jahresende werden in Österreich 100 Tankstellen das billigere und vor allem umweltfreundliche, emissionsarme CNG anbieten.
Dass mit dem Erdgasantrieb auch eine sportliche Fahrweise möglich ist, beweisen die beiden Erdgasprojekte in der Österreichischen Rallye-Staatsmeisterschaft. Doch jenes von Stohl Racing wackelt - letzte Woche gab die OMV, welche das ehrgeizige Projekt bislang finanzierte, den Ausstieg aus sämtlichen Rallyeprojekten bekannt. Die OMV beschloss, künftig im Sponsoring auf die Bereiche "Soziales" und "Erneuerbare Energien" zu setzen. Beim Erdgasprojekt möchte der Mineralölkonzern in den nächsten Wochen entscheiden, ob dieses als einzige Motorsportaktivität fortgesetzt werden soll.
Mag. Roland Wolk, bei der OMV der Leiter der Kommunikation im Bereich CNG und ein glühender Rallye-Fan, erklärte gegenüber motorline.cc, dass noch Hoffnung besteht: "Aus dem Gesichtspunkt heraus betrachtet, dass auch das Erdgasprojekt unter 'erneuerbare Energien' fällt, gibt es hier schon noch Hoffnung. Die Entscheidung müsste in den nächsten Wochen gefällt werden. Da wir seit ein paar Monaten auch mit Biogas, also mit hundert Prozent erneuerbarer Energie fahren, würde es durchaus Sinn machen, das Projekt fortzusetzen."
Sogar Hannes Danzinger, der den von der Wien Energie finanzierten zweiten Erdgasboliden pilotiert, würde ein Ende des Stohl-Erdgasprojekts schade finden.
Manfred Stohl, der Chef von Stohl Racing, hat der OMV-Ausstieg gleich in mehrfacher Weise getroffen - in Sachen Erdgasprojekt ist er davon überzeugt, dass es im schlimmsten Falle, falls die OMV sich nicht für eine Fortsetzung der Kooperation entscheiden sollte, noch weitere Firmen in Österreich geben würde, die Interesse an dem Projekt haben. Stohl möchte das mit Cheftechniker Günther Aschacher begonnene Projekt, die Umrüstung zweier Mitsubishi-Rallyeboliden, unbedingt fortsetzen. Aschacher ist der Meinung, dass man mit dem Erdgasantrieb aufgrund der höheren Klopfzahl sogar Benzin-Autos schlagen könne.
Beppo Harrach ist der Pilot des Erdgas-Mitsubishi - bei der BP Ultimate-Rallye konnte Harrach für die erste SP-Bestzeit eines Erdgasboliden sorgen und damit Geschichte schreiben. Und auch er möchte das Projekt nicht missen. Zu dem Pressetermin erschien er mit dem Vorgängermodell Evo VI - denn der Evo IX wurde im Rahmen der Admont-Rallye bei einem mehrfachen Überschlag zerstört. motorline.cc bat Beppo Harrach vor das Mikrophon.
Beppo, du hattest am letzten Wochenende einen schweren Unfall, einen mehrfachen Überschlag - wie geht es dir?
Am Sonntag konnte ich meinen Hals nicht wirklich bewegen und ich hatte ziemliche Kopfschmerzen - aber die Nachwirkungen sind jetzt nur noch gering, als Fahrer erlebt man solche Situationen ja öfter und da geht man damit relativ cool um. Es ist viel dramatischer, dass das Auto im Moment ein Schritthaufen ist und wir den Evo IX in Bad Hall sicher nicht einsetzen können.
Was tut mehr weh - der Kopf oder die Tatsache, dass die Zukunft des Erdgasprojekts noch nicht geklärt ist?
Naja, das Projekt wird evaluiert, klar ist das ein Thema. Aber ich bin guter Dinge, wir haben gute Leistungen erbracht und ich hoffe, dass das auch einen Beitrag dazu leisten wird, dass es für das Erdgasprojekt eine Zukunft gibt.
So hängt auch deine persönliche Karriere in Schwebe...
Ein Fahrer ist immer an finanzielle Geschäftsgebarungen gebunden - ich kann nur fahren wenn ich das Budget dafür habe, natürlich. Wir werden es sehen, wie das nächste Jahr aussehen wird.
Sollte das Projekt von der OMV nicht mehr unterstützt werden, welche Chancen hättest du dann, im kommenden Jahr weiter fahren zu können?
Die Chancen wären dann natürlich geringer - dann müsste ich versuchen, alternativ jemanden zu finden, der Interesse hat, mit diesem Projekt zu arbeiten, weil das Projekt an sich sehr interessant ist. Es gibt in der Industrie mehrere Firmen, die sich am Gasmarkt, im Tankstellensektor positionieren wollen. Es gibt sicher Möglichkeiten, aber es wäre natürlich am schönsten, wenn wir das mit jenem Partner, mit dem wir begonnen haben, fortsetzen könnten.
Du siehst dich also schon verwachsen mit dem Erdgasprojekt - Manfred Stohl hat auch gesagt, dass er auf jeden Fall jemanden finden möchte, um dieses Projekt weiter betreiben zu können.
Ja, so ist es. Und ich habe beide Erdgasautos von Beginn an bewegt - ich habe einfach jeden Huster von dem Gerät mitgemacht, ich kann diese Autos sehr gut einschätzen. Ich sehe das als ein Produkt von Stohl Racing aber auch als ein Produkt von mir als Fahrer. Wir haben alle Erfolge gemeinsam gefeiert und es wäre natürlich schön, wenn wir an diesem Projekt weiterarbeiten könnten.
Hängt der Neuaufbau des Evo 9 von der Fortführung des Projektes ab?
Das glaube ich nicht - das Projekt ist budgetiert bis zur Waldviertel Rallye 2007. Daher werden dort auch der Manfred und ich fahren, so ferne es sich zeitlich ausgeht, den Evo 9 rechtzeitig fertig zu bekommen.