Rallye: News | 13.12.2010
Wirbel um das Alternativkraftstoffreglement
Gerwald Grössing kritisiert in einem motorline.cc-Interview, dass Erdgas 2011 um 1mm mehr Luftdurchlass erhält. Plus: Statement von Manfred Stohl.
ÖAMTC-Fahrtechnikzentrum Teesdorf, Gerwald Grössing wird von der Landwirtschaftskammer als Sieger des Innovationspokals der OSK für umweltschonende Kraftstoffe präsentiert. Grössing fährt mit Bioethanol und wird mittlerweile auch von der Firma Agrana unterstützt…
Im ausführlichen motorline.cc-Interview, welches morgen Dienstag erscheint, schießt Grössing scharf gegen seinen Konkurrenten Manfred Stohl, der bekanntlich mit Erdgas fährt und für Grössing daher der einzige Konkurrent im Kampf um den Innovationspokal ist.
Stohl Racing setzte Anfang 2010 bekanntlich das weltweit erste Erdgas-S2000 ein, sein Team stieß jedoch mit dem Saugmotor an Grenzen und rüstete später zurück auf einen Turbomotor. Obschon Grössing den WM-Vierten 2006 besiegen konnte, schießt er scharf gegen Stohl Racing: „Man muss ganz klar sagen, Leute, ihr müsst einfach besser entwickeln! Ihr müsst vielleicht auch mal mehr Geld in die Hand nehmen und ihr müsst mehr tun, eben innovativer sein.“
Und: „Man darf technisch nie auf der Stelle treten. Wo ist hier eine Entwicklung geschehen? Was haben die über die letzten fünf Jahre gemacht? Ich weiß es nicht. Sie hatten am Anfang Probleme und sie haben heute dieselben Probleme – da hat sich nichts geändert!“
Woher kommt dieser Groll? Eine Antwort liefert das Reglement für 2011: In diesem wird Bioethanol E85 wie schon 2010 nicht mehr als Alternativ- sondern als handelsüblicher Kraftstoff geführt.
Die Alternativklasse, in der dann also höchstwahrscheinlich nur noch Stohl fahren würde, erhält im kommenden Jahr um einen Millimeter mehr Luftdurchlass.
Zwar darf Grössing weiter um den Innovationspokal fahren, aber da Bioethanol nicht mehr als Alternativkraftstoff gezählt wird, hat er um einen Millimeter weniger Luftzufuhr.
Grössing kritisiert, warum Bioethanol als handelsüblich und zum anderen CNG weiter als alternativ eingestuft wird, schließlich gibt es beides bereits an der Tankstelle zu erwerben.
Alternativ-Restriktor ist ‚variabel’
Im OSK-Reglement für Alternativkraftstofffahrzeuge steht unter 2.1 in blauer Kursivschrift: „Unabhängig vom verwendeten Kraftstoff ist in der Alternativklasse ein Luftmengenbegrenzer (Air-Restriktor) wie bei Benzinmotoren in der Gruppe N (Anhang J, Art. 254.6.1) plus einem Zusatzmaß von 1 mm zu verwenden. Die OSK behält sich ausdrücklich vor, das Zusatzmaß zur Regelung der Chancengleichheit jederzeit zu verändern.“
Auf Anfrage von motorline.cc bestätigte OSK-Sekretär Kurt Wagner: „Die Techniker haben sich vorbehalten, den Restriktordurchfluss jederzeit ändern zu können.“ Im Falle von Stohl’schen Serienbestzeiten könne man diesem sofort wieder den einen Millimeter wegnehmen, andererseits, sollte der eine Millimeter zu wenig sein, könne man der Alternativklasse (de facto sprich Stohl Racing) auch 2 Millimeter mehr Luftdurchlass geben, sollte dies für die Chancengleichheit nötig sein.
Grössing kann das gar nicht nachvollziehen: „Das Gasauto braucht offensichtlich einen Millimeter mehr Luft, denn sonst ist es überhaupt nicht konkurrenzfähig. Bitte: Welche Entwicklung soll das sein? Ich gebe dem Gasauto mehr Luftdurchlass, um die Chancengleichheit zu erhöhen – nur weil der Rennstall nicht in der Lage ist, die Probleme mit dem Gas auszusortieren. Wo ist da die Logik des Motorsports?“
Zwar könne er nachvollziehen, dass die OSK mit diesem Schritt quasi das Erdgas-Projekt am Leben erhalten wollte, räumte jedoch ein: „Letztendlich aber ist das nicht der richtige Weg. Auch in der freien Wirtschaft ist es doch so: Wer schwach ist, wer nicht funktioniert, wird aussortiert!“
Stohl noch ohne Vertrag
Was sagt Manfred Stohl dazu? Der Wiener meinte zunächst, es sei noch gar nicht sicher, dass es 2011 ein Erdgas-Auto geben werde, da er noch keine Verträge abgeschlossen habe und verriet, dass er zwar für die Jänner-Rallye Anfang Jänner 2011 genannt habe, aber dort nicht fahren werde.
Mit einem für ihn typischen, schelmischen Augenzwinkern fügte er hinzu: „Ich fahre deshalb nicht bei der Jänner-Rallye, weil ich so viel Angst habe, dass ich mich mit einem Millimeter mehr Luftdurchlass gegen Gerwald Grössing blamieren könnte.“
Das ausführliche Interview mit Gerwald Grössing finden Sie am Dienstag auf motorline.cc