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Alle meinen es nur gut – und das Chaos ist perfekt…

Eine dramatische Verschärfung der Sicherheitsvorschriften sorgt für Unmut bei den Protagonisten der Hist.-ÖM bzw. des Hist. Rallyepokals (Div II).

von Michael Noir Trawniczek & Werner Schneider
Fotos: Daniel Fessl/www.motorline.cc

Eine im Jänner veröffentlichte Reglementänderung sorgt bei den Protagonisten der Historischen Rallye-Staatsmeisterschaft für Aufregung.

Die Oberste Sportbehörde FIA hat für die Fahrzeuge der Periode J1 (1982-1985) die Sicherheitsvorschriften erheblich verschärft. Verlangt werden unter anderem: Abnehmbares Lenkrad, HANS-System, Rennsitze nach S2000-Reglement, metallummantelte Öl- und Kraftstoffleitungen und noch einiges mehr…

Die nationale Oberste Sportbehörde OSK lässt in der Historischen Staatsmeisterschaft Division II (firmiert unter dem Namen "Historischer Rallyepokal") auch Fahrzeuge der Periode J2 (1986-1990) zu. Das OSK-Präsidium beschloss, die verschärften Sicherheitsvorschriften auch für diese Periode vorzuschreiben.

Einige der Aktiven kritisieren die OSK dafür, dass man diese verschärften Vorschriften sofort übernommen hat – kritisiert wird auch der ungünstige Zeitpunkt der Bekanntgabe dieser neuen Regeln. Im Jänner seien die über den Winter zerlegten Autos bereits wieder zusammengeschraubt – vor der Winterpause wäre die Anpassung an die neuen Regeln organisatorisch leichter umzusetzen gewesen.

Die Folge ist ein Minusrekord bei den Voraus-Nennungen: Die OSK bietet ein Paket an, für sämtliche Rallyes der Hist.-ÖM im Voraus zu nennen – diese Möglichkeit hat heuer nur ein einziger Fahrer genützt. Was auch daran liegen könnte, dass das Nenngeld für die Historischen erhöht wurde. Mehr dazu weiter unten.

OSK: „Bei Sicherheitsfragen müssen wir mitziehen“

Der Fahrervertreter der Historischen, Sepp Pointinger, erklärte gegenüber motorline.cc, er habe in einem Emailverkehr mit der OSK ein Übergangsjahr vorgeschlagen, um den Betroffenen mehr Zeit für den Umbau zu geben. Er fügte hinzu: „Ich war dafür, das in aller Ruhe anzugehen – dass wir uns die Regeländerungen Punkt für Punkt ansehen und über deren Sinn und Machbarkeit sprechen.“

OSK-Sekretär Kurt Wagner erklärte dazu gegenüber motorline.cc: „Wir waren bei der Tagung der Historischen in Italien und haben gefragt, welche Möglichkeiten wir haben, in dieser Frage einen eigenen Weg zu gehen. Denn auch wir erkennen, dass die Vorgaben der FIA sehr kostenintensiv sind. Nur: So etwas ist in allen Bereichen möglich – nur in Sicherheitsfragen müssen wir mit der FIA mitziehen.“

„Dazu kommt ein rechtliches Problem: Angenommen, wir würden diese Regeln 2011 nicht anwenden und es würde zu einem schweren Unfall kommen und man würde uns klagen. Dann könnte man argumentieren: International wurden in dieser Periode die Sicherheitsvorschriften verschärft – warum wurde das in Österreich nicht getan?“

Besonders heftig kritisiert werden Punkte wie ein Kraftstoffsystem mit Trockentrennkupplung zur Entnahme von Kraftstoffproben. Und die Vorschreibung eines abnehmbaren Lenkrades in Verbindung mit Sitzen nach S2000-Reglement. Erst die Einführung von S2000-Sitzen mache ein abnehmbares Lenkrad nötig, so die Kritiker – und: Die Fahrzeuge der Gruppen A und N bräuchten nach heutigem Stand keine S2000-Sitze…

Gleiche Sicherheit für alle? Mitnichten…

Was viele nicht verstehen: Die FIA hat die Regeln nur für jene Fahrzeuge verschärft, welche in der Historischen Staatsmeisterschaft in der Division II starten. Jene der Division I, also vor 1982, werden von den verschärften Regeln nicht betroffen.

Für viele ein Widerspruch: Geht man davon aus, dass in der Geschichte der Fahrzeugentwicklung die Sicherheitseinrichtungen von Jahr zu Jahr besser wurden, ist es auf den ersten Blick unverständlich, warum bei älteren Autos weniger strenge Sicherheitsvorschriften angewendet werden.

Bei näherer Betrachtung muss allerdings auch festgehalten werden, dass einige Dinge bei 35 oder 40 Jahre alten Autos einfach nicht umgesetzt werden können. Es sollte aber zumindest von den für die Sicherheitsverschärfung Verantwortlichen kommuniziert werden, warum ein 1300er- oder 1600er aus der Periode J1 (beispielsweise ein Citroen Visa Mille Pistes, ein Alfasud ti, ein Daihatsu Charade G10, Opel Kadett D, Peugeot 104, Talbot Samba), der historisch fahren möchte und vielleicht 120 PS auf die Räder überträgt, als so viel unsicherer betrachtet wird wie ein 300 PS starker Lancia Stratos oder ein 81er-Audi Quattro mit jenseits von 330 PS, die zweifellos wesentlich schneller sind, aber vor 1982 homologiert wurden.

Zusammengefasst kann gesagt werden: Es handelt sich einmal mehr um eine wenig nachvollziehbare, bisweilen absurd wirkende Maßnahme der FIA.

Die OSK jedoch gibt an, in Sicherheitsfragen mit der FIA mitziehen zu müssen. Immerhin hat man den Protagonisten eingeräumt, dass die neuen Vorschriften erst bei der zweiten Rallye, der Bosch Rallye in Kraft treten, um den Betroffenen mehr Zeit zur Verfügung zu stellen.

Ausweichmöglichkeit Gruppe H – Desaster für die Hist.-ÖM?

Eine Ausweichmöglichkeit haben die Betroffenen zudem: Sie können auf eine Teilnahme in der Historischen Staatsmeisterschaft verzichten und in der Gruppe H antreten – dann nämlich gelten die verschärften Bestimmungen nicht, sondern nur jene beispielsweise für einen Evo X, die wie erwähnt deutlich weniger streng snd. Was auch nur schwer nachvollziehbar ist. Die Sicherheit ist dann, in der Gruppe H, offenbar nicht mehr die tragende Sorge der Regelgeber…

Für die Historische Staatsmeisterschaft bedeuten diese Regelverschärfungen wohl, dass man mit einer äußerst schwierigen Saison zu rechnen hat….

Die Leidtragenden sind wie so oft die Fans, die wohl oder übel auf den einen oder anderen interessanten Boliden verzichten werden müssen – einfach weil sich die Aktiven die Umstellungen nicht leisten können.

Ein User des motorline.cc-Forums schreibt dazu: „HANS sowie ein gescheiter Sitz sollten meiner Meinung nach schon aus Eigeninteresse für jeden Fahrer bzw. Beifahrer eine Selbstverständlichkeit sein.“ Und: „Wenn man in finanzieller Hinsicht über die Anschaffung eines HANS-Systems und eines vernünftigen, modernen Sitzes ‚stolpert’, sollte man das Rallyefahren bleiben lassen und wandern gehen.“

Womit der User in eine offene Wunde der Aktiven sticht. Motorsport war schon immer teuer, allerdings steigen die Kosten mit jedem Jahr, während ganz allgemein die Wirtschaft stagniert. Die Folge, auch international: Die echten Motorsportler werden weniger, wenige Wohlbetuchte, die Paydriver und „Herrenfahrer“ setzen sich durch.

Unsensibler Zeitpunkt

Im konkreten Fall kommt zu den Kosten auch der unsensible Zeitpunkt einer solchen Regelverschärfung zum Tragen. Wieder einmal haben die „Schreibtischtäter“ der FIA wenig Verständnis für die aktiven Motorsportler an den Tag gelegt – natürlich ist der Hintergedanke eine Verbesserung der Sicherheit. Wie immer meinen es wahrscheinlich alle Beteiligten nur gut – wie immer steigen sie dabei einander erheblich auf die Zehen…

Hinzu kommt eine Diskussion rund um die Informationspolitik der OSK – denn einige Aktive sollen nicht über die Regelneueinführung informiert worden sein.

Die OSK erklärte sich jedenfalls gegenüber motorline.cc bereit, Österreichs Motorsportportal künftig über Regeländerungen zu informieren, sodass diese im Forum oder auch im redaktionellen Teil veröffentlicht werden können.

Nenngelderhöhung war absehbar

Was das oben erwähnte erhöhte erhebliche Nenngeld anbelangt, wofür die OSK nicht verantwortlich ist, hat dazu Helmut Schöpf, der Veranstalter der Waldviertel Rallye in einer Email erklärt: „Die Historische Staatsmeisterschaft hatte bei ihrem Entstehen den Bonus, dass eine Firma (Namensgeber) das Nenngeld bezahlt hat, zusätzlich wurde auch noch jede Veranstaltung finanziell unterstützt.“

„Diese Unterstützungen wurden dann jedoch eingestellt, trotzdem wurde von Seiten der Veranstalter 2009 und 2010 das erheblich reduzierte Nenngeld akzeptiert. Bereits im Frühjahr 2010 wurde von den Veranstaltern deponiert, dass dies 2011 nicht mehr möglich sein wird. Schon im Herbst 2010 wurde das neu angepasste und sicherlich faire Nenngeld beschlossen.“

Im „Meeting Point“, dem Forum von motorline.cc, in dem auch viele Aktive posten, wird das Thema heftig diskutiert. Nach einer unkomplizierten, kostenlosen Anmeldung können auch Sie mit diskutieren.

Zur Homepage der Historischen Rallye Staatsmeisterschaft.

Zur Website der Obersten Nationalen Sportkommission OSK.

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