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Zahlen lügen (nicht)...

Der ÖAMTC warnt vor Tachomanipulationen bei Gebrauchtwagen: Mangels gesetzlicher Grundlage gibt es oft kein „Geld zurück“.

Nicht schlecht staunte der Käufer eines gebrauchten Pkw, als die Werkstatt nach einer Reparatur den wahren Kilometerstand seines Fahrzeugs herausfand: Der Tachostand wurde von über 130.000 Kilometern auf 82.000 Kilometer beschönigt und das Auto auch so verkauft. Böses Erwachen für den Autokäufer, denn das bloße Zurückdrehen des Tachos ohne direkte Absicht das Fahrzeug zu verkaufen, ist in Österreich nach wie vor erlaubt: "Ein untragbarer Zustand für Konsumenten, denn oft können nicht einmal Fachwerkstätten Tachomanipulationen nachweisen", erklärt ÖAMTC-Juristin Verena Hirtler.

Erhöhung des Verkaufspreises

Die Club-Juristen bemühen sich derzeit, den zu viel bezahlten Verkaufspreis für den geneppten Autokäufer retour zu bekommen. Mangels klarer gesetzlicher Grundlage wird dies aber schwierig. Es endet die Begutachtungsfrist zur Novelle des Strafgesetzbuches, die zahlreiche Neuerungen vorsieht - auf die Schließung dieser Gesetzeslücke wird aber einmal mehr "vergessen". Dutzende Firmen bieten derzeit straflos - über Inserate und im Internet - als "Service" die Justierung von Kilometerständen an. "Dabei ist allgemein bekannt, dass die 'Beschönigung' des Kilometerstandes ausschließlich der Erhöhung des Verkaufserlöses dient", so die Club-Juristin.

Nur wenn dem Verkäufer ein Täuschungs- und Bereicherungsvorsatz nachgewiesen werden kann, ist ein strafrechtlich relevanter Betrug anzunehmen. Durch die fehlende Strafbarkeit mangelt es am Unrechtsbewusstsein, und die Hemmschwelle bei Tachomanipulationen ist gering. In Deutschland wurde die Strafbarkeit von Tachomanipulationen bereits 2005 gesetzlich verankert, mit dem Ergebnis, dass die "Justierungsfirmen" ins Ausland abgewandert sind und die Zahl der manipulierten Fahrzeuge dramatisch gesunken ist. "Im Interesse der Konsumenten muss auch in Österreich diese Gesetzeslücke geschlossen werden", fordert die Juristin.

Manipulation schwer nachweisbar

Wie schwierig es selbst für Experten ist, eine Tachomanipulation nachzuweisen, beweist ein Praxistest des ÖAMTC und seines Schwesterclubs ADAC in Deutschland: Bei fünf Pkw-Modellen wurde der Tacho verstellt. Werkstätten sollten dann den angezeigten Kilometerstand überprüfen. "Das Ergebnis war erschütternd. Keine der aufgesuchten Markenbetriebe konnte den Betrug nachweisen", berichtet ÖAMTC-Techniker Steffan Kerbl.

Im Test wurden Auto-Modelle von Herstellern ausgewählt, die behaupten, der tatsächliche Kilometerstand lasse sich auslesen. Die Werkstätten sind nach Rücksprache bei den Auto-Herstellern ausgewählt worden. Ein Techniker als "getarnter" Gebrauchtwagenkäufer erteilte den Auftrag, den wahren Kilometerstand auszulesen und nach Spuren einer eventuellen Manipulation zu suchen.

Keine einzige Werkstätte hat die Manipulation via Diagnosegerät festgestellt, bei weiteren Versuchen nicht einmal mit Werksunterstützung. Häufig wurden Hinweise, wie Ölwechsel-Zettel im Motorraum, nicht gesucht oder beachtet. Die Kilometerstände wurden anschließend wieder auf den korrekten Wert zurückgesetzt.

"Die Manipulation des Kilometerzählers muss durch geeignete Elektroniksysteme ausgeschlossen oder aber so teuer werden, dass es sich nicht mehr rentiert", sagt Techniker Kerbl. Nach Ansicht des ÖAMTC-Experten sollten die Hersteller außerdem für jedes Modell Checklisten erstellen, aus denen zu entnehmen ist, welche Indizien auf eine Tachomanipulation hinweisen.

Beim Gebrauchtwagen-Kauf nicht allein auf den Kilometerstand vertrauen

Einige Maßnahmen können beim Autokauf den Betrügern das Handwerk erschweren oder zumindest vor den unliebsamen finanziellen Folgen schützen:

  • Vom Verkäufer den Kilometerstand im Kaufvertrag schriftlich bestätigen lassen. Beim Gebrauchtwagenkauf vom Händler auf der Verwendung des vom Konsumentenschutz des Justizministeriums empfohlenen Mustervertrag bestehen.
  • Ist das Serviceheft nicht komplett ausgefüllt und abgestempelt, ist Vorsicht geboten.
  • Man sollte herauszufinden, ob die sichtbaren Abnutzungserscheinungen mit der angegeben Laufleistung des Fahrzeugs übereinstimmen können – z.B. durchgesessene Sitze, abgegriffenes Lenkrad, bis zur Lackgrundierung abgenützte Türschnallen, etc.
  • Mitunter hilft auch ein Blick unter die Haube: Findet sich am Merkzettel vom letzten Ölwechsel der Hinweis "letzter Ölwechsel bei 80.000 Kilometern" und der Tacho zeigt 60.000 Kilometer, liegt der Betrug auf der Hand.
  • Bei einem Vermittlungsverkauf durch einen Händler empfiehlt sich eine Kontaktaufnahme mit dem Vorbesitzer, um die wichtigsten Daten abzugleichen und Erfahrungen auszutauschen.
  • Wer auf Nummer Sicher gehen will, lässt bei einem der Autofahrerclubs eine Kaufüberprüfung durchführen. Dabei wird das Fahrzeug auf Herz und Nieren durchgecheckt, böse Überraschungen können so vermieden werden.
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