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Folkrad Payrich 1953-2017

Folkrad Payrich: Trauer um den „Rallye-Urvater“

Bestürzung und große Trauer um Folkrad Payrich - der Mitgründer und Mastermind der Austrian Rallye Challenge ist am Freitagabend von uns gegangen.

Michael Noir Trawniczek
Fotos: MSC Gamma Racing, Facebook, Mike M. Skala

Österreichs Rallye- und Motorsport-Familie muss seit Freitagabend mit einem schweren Verlust klarkommen - mit Folkrad Payrich verliert die Szene so etwas wie ihren „Urvater“, einen Wegbereiter auf vielerlei Ebenen, einen leidenschaftlichen Motorsportler, dem es stets um das Verbindende dieses Sports ging. Die Austrian Rallye Challenge ist das Lebenswerk des 1953 geborenen Folkrad Payrich - sie stand bis zuletzt für leistbaren Rallyesport, die Aktiven dankten es ihm bis zuletzt mit guten Starterfeldern auch in Zeiten, in welchen die ORM mit massiven Rückgängen zu kämpfen hatte.

Stolz war „Folki“, wenn bei einer seiner Rallyes wieder zahlreiche neue Jung- oder QuereinsteigerpilotInnen am Start waren. Wichtig war ihm, dass der Sport „leistbar“ blieb. Es gibt in Österreich kaum einen Aktiven, der nicht schon einmal von „Folki“ Tipps einholte - er hatte stets ein offenes Ohr und vermittelte, wenn es etwa darum ging, einen Beifahrer zu finden oder wenn eine Reglementfrage unklar war.

Folkrad Payrich hat für den Motorsport gelebt, er hat den Motorsport gelebt - in all seinen Facetten. Dabei blieb er stets im Hintergrund - das Rampenlicht hat er gescheut - glücklich war er, wenn seine Rallye unfallfrei blieb und wenn wieder neue Gesichter in den Cockpits auftauchten. Der Sport und die SportlerInnen waren ihm wichtig - einen Nachruf zu schreiben, der ihm gerecht wird, ist eigentlich nicht möglich. Außer man besinnt sich seines Leitmottos, das da lautete: „Das geht schon! Das machen wir schon!“ Okay Folki, dann probieren wir es...

Im Käfer auf Aaltonens Spuren

In den Chroniken des von Folki und Freunden gegründeten und von ihm bis zuletzt als Präsident geführten MSC Gamma Racing findet man einen Eintrag aus dem Jahr 1972. Der Chronist heißt Anton Hofer und hatte sich einen VW Käfer 1302 zugelegt, sein Schulfreund hieß Folkrad Payrich, der Eintrag liest sich folgendermaßen: „Was lag also einem damals noch jungen und sehr übermütigen Chronisten, der sich in Besitz eines VW 1302 sonnte, und dessen Schulfreund, dem jetzigen Obmann des MSC Gamma Racing, näher, als sich mit einer Ausgabe der damals noch sehr motorsportorientierten Ausgabe der Fachzeitung Autorevue, dem besagten neuwertigen Käfer und viel Enthusiasmus auf den leeren Stadionparkplatz zu begeben und nach in besagter Zeitschrift abgedruckter Anleitung des Altmeisters des Rallyesports, Rauno Aaltonen, den Powerslide in all seinen Feinheiten und Spielarten zu lernen.“

Und: „Diesen ersten Schritten folgten wilde Ritte im Bereich des damals noch durch keine ‚Rinne‘ und ‚Donauinsel‘ verschönerten Innudationsgebietes zwischen Lobau und Floridsdorfer Brücke, von aufgescheuchten Nacktbadern zum Volksfeind erklärt und von dann nicht mehr friedlichen Spaziergängern als Rowdies verteufelt - ja, ja, jugendlichen Sportlern wird der Weg nach oben nicht leicht gemacht. In weitere Folge wurden auch Schottergruben unsicher gemacht und Winterfahrerlehrgänge auf dem leeren, aber tiefverschneiten Parkplatz auf dem Kahlenberg abgehalten, was in letzter Konsequenz zu den ersten kleineren Schäden an den Fahrzeugen (Landung auf der Türe, verbogene Felgen, etc) führte. Der nächste logische Schritt war das Bestreiten einiger Automobilslaloms, vor allem im Gelände, die sich damals großer Beliebtheit erfreuten - die gute, alte Zeit.“

MSC Gamma Racing als Homebase

1975 wagten Anton und Folki ihre erste Rallye in besagtem VW Käfer. Die RCV Safari Park Rallye endete „mit Motorschaden und dem Entschluss, einem Motorsportklub beizutreten“. Beim MSC Langenlois fand man eine erste Heimat, doch am 13.Juli 1978 gründete man den MSC Gamma Racing, dem Folkrad Payrich bis zuletzt als Präsident vorstand. Unzählige bekannte Namen findet man in der Chronik dieses Klubs - nur wenige wissen, dass auch sein Bruder Reinhold Payrich vom „Rallyevirus“ befallen war. Der Klub war quasi die Homebase von Folki und seinen Freunden. Er selbst startete seine aktive Karriere als Beifahrer, wechselte jedoch in den Achtzigerjahren ans Steuer, pilotierte beispielsweise einen Audi 80.

Wolfgang Heger war seit 1982 Mitglied bei Gamma Racing und erinnert sich: „Folki war immer bestrebt, jedem zu helfen. Für ihn war nichts unmöglich, sein Leitspruch war: ‚Das geht schon!‘ Er war zielstrebig und konnte bisweilen sehr starrköpfig sein, wollte oft auch mit dem Kopf durch die Wand - doch der Erfolg hat ihm Recht gegeben. Als er mit dem Audi 80 zu fahren begann, hat er im Waldviertel auch begonnen, Rallyekurse abzuhalten und Beifahrer auszubilden. Er war ein Förderer, aber nicht mit Geld, sondern mit Worten. Er hat den Menschen Mut zugesprochen.“

Wie wichtig Folkrad Payrich das Zwischenmenschliche war, kann man in der Chronik des MSC Gamma Racing nachlesen, denn da gab es bis zuletzt Klubabende, an welchen man sich an der Kegelbahn oder beim Minigolf näher kennenlernen konnte. Oder auch beim „Paracross“ - ein Eintrag aus dem Juni 1994: „Unser erstes ‚Paracross‘, bestehend aus sechs Bewerben (Geländelauf, Radcross, Radslalom, einem kombinierten Auto-Rad-Bewerb (Partnerbewerb), einem Autogeschicklichkeitsbewerb sowie einem Autocrossslalom. Die Veranstaltung wurde ein riesen Spaß, trotzdem wurden ausgezeichnete Leistungen geboten. Als Gesamtsieger wurde Wolfgang Friedrich vor Reinhold Payrich und Richard Wächter geehrt. Sieger in den einzelnen Bewerben wurden Michael Dvoulety (Geländelauf), GünterLanda (Radcross), Folkrad Payrich (Autogymkhana und Autocrossslalom), Reinhold Payrich (Radslalom)....“

Meister des Roadbooks

In den Neunzigerjahren fuhr Folkrad Payrich einige Rallyes, auf Mazda 323 4WD, Seat Ibiza, Opel Astra oder Renault Clio. Der MSC Gamma Racing war bereits breit aufgestellt, man organisierte nicht nur Rallyes, sondern auch Slalombewerbe, Gleichmäßigkeitsbewerbe und auch Rundstreckenrennen. Bei den Gleichmäßigkeitsbewerben kam ein weiteres, wichtiges Talent von Folki zum Tragen: das Erstellen von Roadbooks.

Günther Kremel, ebenfalls Mitglied des MSC Gamma Racing, erklärt: „Folki war bei den Gleichmäßigkeitsbewerben so etwas wie das ‚Superhirn‘. Er hat auch in mir bekannten Gebieten Wege gefunden, die ich noch gar nicht kannte - er hat Strecken regelrecht aus dem Hut gezaubert. Ich kann mich an eine Wintertourenfahrt erinnern, wo der Schnee die geplante Streckenführung zunichte gemacht hat. Doch Folki ließ sich davon nicht beirren - binnen einer halben Stunde gab es eine neue Strecke!“

Die Roadbook-Erstellung war nur eine von vielen herausragenden Fähigkeiten des Folkrad Payrich. Bei unzähligen Rallyes war der fachkundige Wiener auch als SP-Leiter tätig, auch bei ORM-Rallyes setzte man auf sein profundes Wissen.

Im Jahr 2000 arbeitete man am Wiederauferleben der Jännerrallye, auch die Herbstrallye wurde zunächst als lizenzfreie Veranstaltung aus der Taufe gehoben - schlussendlich hat Folkrad Payrich gemeinsam mit seinen Freunden Wolfgang „Asterix“ Viakowsky, Andreas Thierer, Peter Müller und Roland Dorfner die Austrian Rallye Challenge ins Leben gerufen.

Austrian Rallye Challenge als Lebenswerk

Die ARC kann man getrost als das große Lebenswerk des Folkrad Payrich bezeichnen - sie wurde schnell zu Österreichs zweiter Liga im Rallyesport. Im Gegensatz zur ORM stand die ARC stets für den Breitensport - die Leistbarkeit war für Folkrad Payrich das wichtige Kriterium.

In einer Aussendung der Austrian Rallye Challenge erklärte Payrich die Grundpfeiler der ARC: „ARC-Rallyes sind Eintagesveranstaltungen – das heißt: Am Freitag gibt es die Abnahme und die Besichtigung, am Samstag wird die Rallye mit ungefähr 100 Wertungskilometern gefahren. Das Nenngeld ist geringer, die Teams haben weniger Übernachtungskosten, man muss weniger Urlaub nehmen. Außerdem liegt der Hauptvorteil in dem für den Breitensport geschaffenen Punktesystem, um auch jenen mit schwächeren Autos, welche aber in stark besetzten Klassen starten, die Chance auf einen Gesamtsieg zu geben.“

Peter Klein, über Jahrzehnte hinweg der Rallye-Reporter des ORF, reagiert wie so viele bestürzt auf das Ableben von Folkrad Payrich: „Ich kenne keinen, der Folki auch nur irgendetwas Schlechtes nachsagen kann - er hatte eine unglaubliche Handschlagqualität. Ihm lagen stets die Motorsportteilnehmer am Herzen.“

„Unendlich viel Herz für den Motorsport“

Im Frühjahr dieses Jahres musste Folkrad Payrich einen schweren gesundheitlichen Tiefschlag hinnehmen - danach schien es so, als würde sich der Kämpfer wieder erholen. Umso größer nun die Bestürzung darüber, dass Folki nach einem neuerlichen Rückfall von uns gegangen ist.

Die Austrian Rallye Challenge verlautbarte auf ihrer Facebookseite: „Für viele unerwartet ist ‚Folki‘ am 6. Oktober 2017 aus dem Leben geschieden. Die gesamte österreichische Rallyefamilie und im besonderen die ARC trauert um einen unermüdlichen Organisator, Freund und Helfer mit unendlich viel Herz für den nationalen Motorsport.“

Roman Mühlberger, der mit vielen Freunden als Organisator der Herbstrallye Dobersberg eingesprungen ist, erklärte: „Wir werden Folki keine Schande machen und er wird uns von da wo er jetzt ist sicher unterstützen!“

Die Redaktion von motorline.cc möchte den Hinterbliebenen ihr Beileid aussprechen und hat im Forum „Meeting Point“ einen Thread für Kondolenzen eröffnet. Begräbnistermin: www.gammaracing.org/?p=1003

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