Reifen und Felgen bei Geländewagen – das ist zu beachten | 17.09.2020
Sind für Geländewagen spezielle Felgen notwendig?
Höchste Belastungen jenseits von allem, was Straßen unseren Rädern antun könnten, extrem niedriger Reifendruck um auch auf losem Untergrund noch maximalen Grip zu erzielen und mehr: Im Offroadeinsatz gelten ganz andere Regeln, als im asphaltierten Alltag. Heißt das automatisch auch, dass es zwingend eigene Felgen und Reifen braucht? Wir haben mit einem Experten gesprochen und liefern die passenden Antworten.
(Advertorial)
Bevor wir hier loslegen, sollten wir etwas ganz Grundsätzliches aus dem Weg schaffen: Die Frage, wovon wir eigentlich sprechen, wenn hier von „Geländewagen“ die Rede ist. Immerhin ist der Markt mittlerweile voll mit Fahrzeugen, die zwar mehr oder minder so aussehen, als wären sie auch fürs Gelände tauglich, es aber bei Weitem nicht sind. Und ja, selbst manche SUVs, die dank cleveren Allradsystem und reichlich Bodenfreiheit abseits befestigter Straßen tatsächlich recht weit kommen, fallen für diesen Artikel durch den Rost. Was wir hier meinen, sind Autos wie ein Jeep Wrangler, ein Land Rover Defender, ein Toyota Land Cruiser oder aber auch der kleine und viel zu leicht unterschätzte Suzuki Jimny. Oder aber Pickups wie ein Ford Ranger, Nissan Navara oder Mitsubishi L200. Denn wenn wir hier von den Anforderungen eines Ausflugs ins Gelände sprechen, meinen wir auch keineswegs die Schotterstraße zum Heurigen am Weinberg oder den nicht geräumten Parkplatz beim Skilift. Wir reden von Flussdurchquerungen, Fahrten über hüfthohe Felsbrocken, Steigungen, die zu Fuß kaum schaffbar sind und Sprünge über Wüstendünen. Also: von ECHTEM Offroading.
Die Felgen
So ganz an und für sich unterscheiden sich Felgen für Offroad-Fahrzeuge nicht wirklich von denen für jedes andere Auto – es kommt also kein anderes Material oder Herstellungsverfahren zum Einsatz. Natürlich sind aber die Ansprüche an eine Offroad-Felge reichlich andere als beispielsweise die für ein auf Hochglanz poliertes Tuning-Fahrzeug. Während bei letzterem ein möglichst großer Durchmesser und eine spektakuläre Optik der Felge wichtig ist, geht es bei Offroad-Felgen deutlich zweckorientierter zu. Hier ist Design beispielsweise relativ zweitrangig; der Praxisnutzen umso wichtiger. Aus diesem Grund sind Offroad-Felgen auch zu geschätzt 90 Prozent Stahlfelgen, deren Herstellungsprozess sich einzig durch eine spezielle, elastische Decklackierung von der regulärer Stahlfelgen unterscheidet. Nur ganz wenige Fans echten Geländefahrens greifen zu den aber natürlich auch verfügbaren Alus. Der Grund ist einfach: Stahl verbiegt sich, Alu bricht. Will heißen: Wenn man in schwerem Gelände unterwegs ist – so wie beispielsweise „Friedl“ Swoboda in seinem Wüstenfuchs (aka Pinzgauer 918T) – und eine Felge wird beschädigt, kann man ein Stahlrad mit etwas Geschick und Glück sogar mit einem Hammer wieder so weit in Form bringen, dass der Reifen draufpasst und man weiterfahren kann. Bei einer gebrochenen Alu-Felge hingegen hat man schlicht und ergreifend Pech gehabt.
Mehr zu den technischen Unterschieden zwischen Stahl- und Alu-Felgen erfahrt ihr übrigens hier, in unserem Artikel „Alles über Felgen: Bestandteile, Aufbau, Begriffe und Technologie“.
Klassisch & mit Militär-Background
Jedenfalls unterscheidet sich durch die unterschiedlichen Anforderungsprofile schon der Entwicklungsprozess einer Offroad-Felge deutlich von dem eines Straßenrades, wie uns Akos Ferencz, Mitarbeiter im Engineering Department von ALCAR und verantwortlich für deren DOTZ Survival Lineup, in einem Interview erklärte. Beispielsweise gelten bereits unterschiedliche, gesetzliche Rahmenbedingungen für die Zulassung einer Felge, wenn diese beispielsweise für ein Auto mit Leiterrahmen entwickelt und zugelassen werden soll. Eine Bauform, die bei ernstzunehmenden Offroad-Fahrzeugen nach wie vor das Maß der Dinge ist.
Zudem muss die Felge eine deutlich höhere Radlast als ein Straßenrad aushalten. Die einzuplanende Last wird nämlich höher, desto größer der montierte Reifen auf der Felge ist. Und wie Kenner wissen, gibt es für den Offroad-Betrieb nichts besseres als eine möglichst große Auflagefläche, einen maximal großen Abrollumfang und möglichst hohe Seitenwände … also „richtig große Reifen“.
Beim Design hingegen, so Ferencz, sind Offroad-Fans genügsam. Am beliebtesten ist das klassische Offroad-Rad-Design mit den dreieckigen Aussparungen, das sich auch im DOTZ-Lineup gleich in mehreren Produkten wiederfindet. „Trends“, so wie sie die Kollegen aus dem Straßen-Bereich gerne mal aufnehmen, gibt es hier eigentlich nicht. Einzige Ausnahme, so der Experte, sei der Beadlock-Look, der eigentlich aus dem Militär-Bereich kommt. Hier werden zweiteilige Felgen verwendet, um im Falle eines Reifenschadens auch ohne passende Maschinen einen neuen Reifen auf die bestehende Felge montieren zu können. Da die Konstruktion und Produktion einer solchen Felge aber ebenso aufwändig ist, wie es klingt, sind „echte“ Beadlock-Felgen reichlich teuer. Deutlich günstiger fährt man da, wenn man einfach gleich noch zwei reguläre Stahlfelgen im Beadlock-Design samt Reifen mitnimmt, wie sie DOTZ seit heuer auch im Angebot hat.
Einen letzten Unterschied von Offroad- zu Straßenfelgen gibt es dann doch noch: Während Straßenfelgen ein offenes Mittenloch aufweisen, in das für gewöhnlich einfach mit einem Radnabeldeckel gesteckt wird, kommen Offroad-Felgen mit für das jeweilige Fahrzeug passenden Kappen daher, die über die Radbolzen gemeinsam mit der Felge fixiert werden und so verhindern, dass Schmutz zur Radnabe gelangen kann.
Die Reifen
Dass für Fahrten in „echtem“ Gelände spezielle Gummis quasi unabdingbar sind, ist logisch. Mit einem klassischen Straßen-Pneu – egal ob Sommer-, Winter- oder den für die Straße zugegeben immer besser werdenden Ganzjahres-Reifen – kommt man hier nicht weit. Es braucht eigene Geländebatschen. Die sind wiederum nach ihrer ganz eigenen Logik in Unterkategorien auseinanderdividiert, die sich vor allem am Einsatz-Profil orientieren:
- S/T (Street-Terrain) oder H/T (Highway-Terrain): Diese Reifen sind konventionellen Straßen-Reifen noch am ähnlichsten. Dadurch haben sie im Vergleich zu den anderen Kategorien auch das mit Abstand leiseste Abrollgeräusch und den besten Grip auf asphaltierten Straßen. Weil sie zudem die leichteste der angeführten Konstruktionen sind, weisen sie zudem die höchsten Geschwindigkeitsklassen, aber verhältnismäßig eher niedrige Tragfähigkeiten auf. Sie sind also perfekt für 4x4-Fahrzeuge, die dennoch großteils auf Straßen bewegt werden und nur ab und an ins Gelände müssen.
- A/T (All-Terrain): All Terrain (A/T)-Reifen sind der nächste Schritt nach den H/T-Reifen für den Geländeeinsatz. A/T-Reifen sind in der Regel stärker gebaut und haben ein besseres Laufflächenprofil für den Einsatz im Gelände. Sie sind weithin der beste Kompromiss, wenn sich Stadt- und Offroad-Fahrten die Waage halten. Dementsprechend haben sie typischerweise eine niedrigere Geschwindigkeitsklasse als ein H/T-Reifen - oft um eine T- bis H-Bewertung - aber eine höhere Tragfähigkeit. Allerdings sind die Unterschiede in der Ausprägung Richtung Straße oder Offroad bei A/T-Reifen recht groß, da die Hersteller sie in der Regel nach ihren ganz eigenen Prioritäten gestalten. So haben manche eine stärkere Karkasse und bereits Laufflächen, die an M/T-Räder erinnern, während andere noch recht „zivil“ daherkommen.
- M/T (Mud-Terrain): M/T-Reifen (die schwerste und stärkste Konstruktion mit einem blockigen, tiefen Laufflächenprofil) haben im Vergleich die niedrigsten Geschwindigkeitsklassen, aber die höchste Tragfähigkeit. Ihr Profildesign ist für schlammige Off-Road-Bedingungen ausgelegt, und obwohl sie in anderen Off-Road-Situationen, wie z.B. auf Felsbrocken, guten Grip bieten, sind sie nicht die besten für Sandfahrten. Auf der Straße können M/T-Reifen laut und unruhig sein und bieten gleichzeitig deutlich schlechteres Handling und viel weniger Grip als A/T- oder H/T-Reifen. Wer also M/T-Reifen aufgezogen hat und damit auf der Straße herumfährt, sollte sein Fahrverhalten zwingend anpassen und langsamer fahren. Zudem weisen diese Reifen einen deutlich höheren Rollwiderstand auf, was sich freilich in einem erhöhten Kraftstoffverbrauch niederschlägt. Dennoch sind sie für regelmäßige Fahrten im abgeschiedenen Gelände natürlich die erste Wahl, auch weil sie die höchste Sicherheit gegen Reifenpannen bieten.
- Extreme Sonderformen: Für richtig extreme Bedingungen, etwa das Fahren in Sümpfen, Wüsten oder bei Wettbewerben, gibt es darüber hinaus Sonderreifen wie etwa Super Swamper Bogger oder Schaufelradreifen. Diese haben auf öffentlichen Straßen aber endgültig nichts mehr verloren und idR auch keine Straßenzulassung. Sie werden ausschließlich bei extremen Expeditionen oder Wettkämpfen verwendet.
FAZIT
Während sich Offroad-Räder, Felgen und Reifen gleichermaßen, in der Produktion kaum von ihren zivilen Brüdern unterscheiden, lauern im Detail doch zahlreiche Unterschiede, die die Endprodukte perfekt auf ihren Einsatzzweck vorbereiten. Welche Felgen und Reifen man sich dann genau anlacht, sollte mit Bedacht überlegt und dem eigenen Anforderungsprofil unterworfen sein.