
Spritverbrauch: Neuer Messzyklus droht | 13.06.2014
Super-NoVA
Mit realen Werten haben die NEFZ-Verbrauchsangaben wenig zu tun. Ein neuer Zyklus soll 2017 kommen - und würde die NoVA erhöhen.
mid/rhu
Mit real erreichbaren Werten haben die Verbrauchsangaben der Autohersteller nach dem derzeit geltenden "Neuen Europäischen Fahrzyklus" (NEFZ) oft nur wenig zu tun. Der Grund ist klar: Statt die Werte im echten Fahrbetrieb auf der Straße zu ermitteln, ist für den NEFZ eine genormte Messung auf dem Prüfstand vorgeschrieben.
Das mag für viele seltsam anmuten, ist in Österreich jedoch ein Vorteil: Schließlich wird die gefürchtete Normverbrauchsabgabe (NoVA) nach dem NEFZ-Durchschnittsverbrauch und der damit zusammenhängenden CO2-Emission ermittelt. Eine realitätsnähere (= höhere Werte ergebende) Messung ergäbe automatisch eine Mehrbelastung der ohnehin leidgeprüften österreichischen Autokäufer.
Dennoch ist eine praxisgerechtere Messmethode schon auf dem Weg: Bereits 2017 soll auf den weltweiten Fahrzyklus "Worldwide harmonized light duty driving Test Cycle" (WLTC) umgestellt werden. Nicht nur für Österreichs Autokäufer, auch für die Autohersteller ist das angesichts der parallel dazu geforderten Flottenverbrauchs-Senkungen eine prekäre Situation.
Ein weiterer Knackpunkt: Der Schadstoffausstoß während der Fahrt, die sogenannten "Real Driving Emissions" (RDE), darf in allen Lastzuständen die vorgeschriebenen Limits nicht übersteigen. Mit derzeitiger Serientechnik ist das nicht zu schaffen.
Denn die heute üblichen Downsizing-Turbobenziner fahren nicht in jedem Drehzahl- und Lastbereich mit der für eine saubere Verbrennung nötigen optimalen Mischung aus Luft und Sprit. Optimal heißt in diesem Fall: Auf ein Milligramm Benzin müssen 14,7 Milligramm Luft treffen - dann ist die Verbrennung so sauber wie möglich, sind Verbrauch und Emissionen auf dem niedrigstmöglichen Niveau.
Dass die Motoren heutzutage bei niedrigen oder hohen Drehzahlen mal mit mehr Luft und mal mit mehr Sprit operieren, ist in Zeiten des NEFZ-Messzyklus kein größeres Problem: Der Testlauf kommt den optimalen Betriebsbedingungen sehr nahe, ein Drei-Wege-Katalysator schafft den Rest - und die Emissionswerte passen.
Nach der Einführung der verschärften "Real Driving Emissions" reicht ein Kat aber definitiv nicht mehr aus. So sind die Grenzwerte nicht einzuhalten. Ein dickes Problem für die Hersteller. Sie forschen mit Hochdruck an Lösungsmöglichkeiten. Die Zeit ist knapp.
Ein Ansatz ist der Einsatz der Abgasrückführung (AGR). Erste Versuche des System-Zulieferers Mahle mit einem 125 PS starken 1,2-Liter-Dreizylinder-Turbo in einem Mittelklasse-Auto haben laut Mahle Powertrain-Geschäftsführer Bernd Mahr bereits vielversprechende Ergebnisse geliefert: Der Verbrauch im derzeit gültigen NEFZ sank leicht, um 1,5 Prozent. Drastisch höher war der Effekt durch die Abgasrückführung im Volllastbetrieb: minus 16 Prozent - ein Quantensprung auf dem Weg zum "Worldwide harmonized light duty driving Test Cycle".
Können also durch den Einsatz von Abgasrückführungs-Anlagen die strengen Vorgaben der "Real Driving Emissions" eingehalten werden? Mahr ist zuversichtlich. Bei einem Workshop präsentierte er einen Ford Focus mit direkt einspritzendem 1,0-Liter-Dreizylinder-Turbo und Handschaltgetriebe, der von Mahle zum Versuchsträger aufgerüstet worden war. Die Besonderheit: eine motornahe AGR-Ausstattung samt Abgaskühlung.
Damit sank auf der Benzinverbrauch, Leistung und Agilität blieben jedoch gleich. Wichtiger noch: Der Versuchsträger fuhr in jedem Lastzustand im optimalen Luft-Sprit-Mix. Ein wichtiger Schritt auf dem Weg zum neuen Prüfzyklus. Und ein Hoffnungsschimmer für Österreichs Autokäufer.