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No nonsense

Optisch machen der neue, 431 PS starke, BMW M3 und sein nunmehr M4 genannter Coupé-Bruder nicht auf martialisch. Aber der Schein trügt...

Georg Koman

Am neuen BMW M3 ist kein Spoiler zuviel dran, man ist ja nicht mehr in der Pubertät. Alles an diesem Gerät dient der Aerodynamik sowie der Schwerpunkt-Senkung. So ist etwa das Carbondach, das früher der Leichtgewichts-Version CSL vorbehalten war, nunmehr serienmäßig.

Der Zweck ist klar: Das Dach ist der erdfernste Punkt am Auto, es muss also so leicht sein, wie es nur irgendwie geht. Das M3 Coupé gibt es nun nicht mehr, es wurde auf M4 umbenannt und zeitgleich vorgestellt. Technisch sind M3 und M4 völlig identisch, außen ist allerdings kein Blech-, Alu- oder Carbonteil gleich.

Ein M4 Cabrio befindet sich bereits in der Pipeline, ein M3 Touring ist nicht vorgesehen. Flotte Familienväter werden das bedauern, die weltweit zu geringe Nachfrage - für Kombis interessiert man sich praktisch nur in Europa - spricht allerdings dagegen.

Ein idealer Ort zur Präsentation von M3 und M4 ist die teuflische Rennstrecke von Portimao im Süden Portugals. Mehrere Kuppen, blinde Kurven und abwechselnd enge Ecken und Hochgeschwindikeitspassagen bringen den Fahrer mehr ins Schwitzen als den M3. Schwer zu merken, dieser Kurs, wenn man nicht gerade Marc Marquez heißt.

Im M3 werkt nunmehr ein drei Liter großer Biturbo-Sechszylinder anstelle des Vierliter-V8. Damit hat man das "Hochdrehzahl-Konzept" aus Abgas- und Verbrauchsgründen über Bord geworfen. Drehmoment statt Drehzahl lautet die Parole. 550 Nm stehen nun ab 1.850 Touren an, womit der Vorgänger mit seinen 400 Nm bei 3.900 Touren fast schon der Lächerlichkeit preisgegeben wird. Und mehr Leistung gibt es auch noch, nämlich 431 statt 420 PS.

Richtig beeindruckend ist außerdem der Sound des Reihensechsers, der macht nämlich - besonders dann, wenn man die Motorabstimmung auf "Sport plus" stellt - glaubwürdig auf V8. Es wird mächtig gebollert und gar nicht gekreischt.

Die Unmenge an Drehmoment, das mittels Carbon-Kardanwelle an der Hinterachse übertragen wird, verlangt natürlich Feingefühl vom Gasfuß, wenn die Vorderräder nicht geradeaus stehen. Wer sich von den alerten Elektronik-Helferlein einlullen lässt, wird davon nicht viel merken. Ganz anders, wenn man die "MDM"-Taste drückt. Dann ist die Stabilitätskontrolle DSC zwar nicht entmachtet, aber in den Hintergrund verbannt.

Selbst auf der staubtrockenen Strecke von Portimao sind dann gefühlte 45-Grad-Drifts drin. Wer den Holzfuß mithat und auf nasser Fahrbahn unterwegs ist, wird den Wert seines M3 oder M4 unter Umständen empfindlich mindern. Mit zuviel Geld, zuviel Mut, oder reichlich Können bestückt, kann man MDM auch ganz wegschalten und den Kampf gegen die Physik allein aufnehmen.

Dennoch sind M3 und M4, abgesehen vom Drehmoment- und Leistungsüberschuss, kreuzbrave Genossen. Die hervorragend ausbalancierte Gewichtsverteilung, das wunderbar abgestimmte und nicht einmal knüppelharte Fahrwerk sowie die Lenkung, die zum Besten gehört, was je in ein Auto eingebaut wurde, sorgen schon dafür, dass man sicher auf der Straße bleibt, wenn man nicht alles falsch macht.

Gibt man kräftig Gas, ist der Weg zwischen Dr. Jekyll und Mr. Hyde ein kurzer. In 4,3 Sekunden ist man handgeschaltet aus dem Stand auf 100 km/h, mit dem Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe sogar in 4,1 Sekunden.

Umgekehrt geht es noch schneller. Schon die Serienbremsen sind kraftvoll, aber die Carbon-Keramik-Variante um rund acht Tausender Aufpreis schlägt alles. Entscheidet man sich für sie, gibt es als Erkennungszeichen goldene statt blauer Bremssättel und verpflichtend 19-Zoll-Räder, sonst passen die mächtigen vorderen Scheiben nämlich nicht hinein.

Was für ein Zufall, dass gerade die 19-Zöller am allerperfektesten zu M3 und M4 passen. Hat man sie einmal gesehen, will man keine kleineren mehr.

Die Schaltgeschwindigkeit der Doppelkupplungs-Automatik lässt sich übrigens in drei Stufen variieren. Wer den Hammer im Kreuz fühlen möchte, stellt auf Stufe drei und wechselt die Gänge manuell - bamm, bamm, bamm - via fein positionierter Schaltwippen. Beim Runterschalten gibt die Elektronik dann geilstens Zwischengas.

Wer einfach mal cruisen will, wird von M3 und M4 ebenfalls nicht enttäuscht. Fahrwerk, Lenkung und Gasannahme auf "Comfort", Schaltgeschwindigkeit auf zahm, und die Erbtante lässt sich ohne jede Enterbungsgefahr anstandslos chauffieren.

Ein kleiner Vorschuss vom Tantchen wäre für den Erwerb eines der beiden Geschoße auch kein Fehler. Der M3 kostet in Österreich 85.900 Euro, der M4 88.050 Euro. Glückliches Deutschland, muss man an dieser Stelle einwerfen. Mangels Bolidensteuer NoVA zahlt man dort - zur Freude der Erbtanten - um glatte 14.000 Euro weniger.

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