Acht Modellreihen: Allrad-Offensive bei Ford | 10.12.2015
Auf allen vieren
Für seine Modelle Mondeo, Galaxy, S-Max, Kuga, Edge, Ranger, Transit und natürlich den Focus RS bietet Ford nunmehr Allrad-Technik an.
Georg Koman; mid/brie
Wer denkt beim Thema Allradantrieb an Ford? Vermutlich wenige. Die Älteren werden sich eventuell noch daran erinnern, dass es da mal einen Sierra 4x4 gab, der 1985 zusätzlich zum Hecktriebler ins Programm genommen wurde. Auch der Scorpio tauchte seinerzeit mit dieser ergänzenden Antriebsvariante in den Preislisten auf.
Dann wurde es - lässt man die SUV-Abteilung aus dem Spiel - in Sachen Allrad ziemlich ruhig. Diese Ruhe wird seit heuer wieder gestört, weil der Vierradantrieb als Option in den technisch eng verwandten Modellreihen Mondeo, Galaxy und S-Max zu bestellen ist.
Aber das Lüftchen soll ein richtiger Wind werden, denn Ford hat sich auf dem AWD-Sektor ziemlich viel vorgenommen. Bis 2016 sollen nämlich in acht Modellreihen des Hauses Fahrzeuge mit Allradantrieb verschiedenerlei Technik erhältlich sein. Und der Verkaufsanteil dieser Antriebsgattung soll nächstes Jahr gegenüber 2014 gleich um 120 Prozent steigen.
Und warum hat Ford auf einmal den Drive zu allen Vieren bekommen? Der Blick auf die Zulassungsstatistik verrät: Allradantrieb ist in Europa bei den Kunden beliebt. In den skandinavischen Ländern hat sich der Anteil bis zu 35 Prozent hoch geschaukelt.
In den Alpenländern hat die Schweiz mit satten 37 Prozent Verkaufsanteil die Fahrzeugnase vorn, Österreich bringt es auf 20 Prozent, selbst das nur im Süden alpine Deutschland erreicht inzwischen 14 Prozent. Tendenz steigend. Und: Dieser Mix bezieht sich auf sämtliche Modellreihen, er inkludiert also auch Kleinwagen, bei denen aus Kostengründen traditionell kein Allradantrieb angeboten wird.
Um in diesem Konzert nicht länger die leise Geige zu spielen, hat Ford jetzt eine Allrad-Offensive ausgerufen, die zunächst dreistrahlig für Erfolg sorgen soll. Für den "intelligenten" Allradantrieb, der im Prinzip mit einer automatischen Kupplung für die Anbindung der zweiten Antriebsachse und die Drehmomentverteilung auf einzelne Räder alles selber regelt, stehen Kuga, Edge (kommt 2016), Mondeo, Galaxy, S-Max und Transit.
Der klassisch zuschaltbare Allradantrieb via zweistufigem Verteilergetriebe für das anspruchsvolle Gelände tut im aktuell facegelifteten Pick-Up Ranger seinen Dienst. Und wenn es um den puren Fahrspaß geht, wird der Focus RS (kommt im Frühjahr 2016) die Allradfahne mit 350 PS und "Performance"-Allradantrieb ganz gewaltig flattern lassen.
Bis zu 70 Prozent des Drehmoments können an die Hinterachse geleitet werden und dort über zwei hydraulisch betätigte Kupplungseinheiten zu 100 Prozent einem einzelnen Hinterrad zufließen. Vorne passiert dasselbe via elektronisch gesteuertem Bremseingriff. Kurz: Torque Vectoring vom Feinsten.
Ist es rutschig und das kurveninnere Hinterrad dreht durch, geht die Power blitzschnell ans äußere Hinterrad. Diese höchst angenehme Eigenschaft, die Untersteuern fast völlig eliminiert, dem Übersteuern aber sehr freundlich gesonnen ist, kann man natürlich auch zum ungenierten Quertreiben nützen.
Was in diesem Dampfhammer steckt, zelebrierte Ford als kleine Vorschau auf seinem Testgelände in Lommel (Belgien). Schon jetzt war es möglich, auf dem Beifahrersitz Platz zu nehmen und sich über den trickreichen Handlingkurs chauffieren zu lassen.
Erster Eindruck: Der Power-Kompakte überzeugt mit grandioser Straßenlage - je nach gewähltem Fahrmodus und -weise liegt er wie ein Brett und erlaubt höchste Kurvengeschwindigkeiten oder driftet nach Belieben. Die Grenze setzt dabei nicht der RS, sondern das Talent des Fahrers.
Erst im Jänner werden wir selbst am Lenkrad drehen dürfen und den speziellen Allradantrieb, gepaart mit mächtig Leistung, 470 Nm Drehmoment und auf Wunsch Cup-Reifen (Semi-Slicks) auf der Rennstrecke ausprobieren.
Die Versuchung, schnelle Rundenzeiten in den Asphalt zu stempeln wird dabei definitiv kleiner sein als jene, bei allen möglichen und unmöglichen Gelegenheiten quer zu fahren. Nicht umsonst meinte einer der Ford-Profitester, nachdem ihm ein besonders schönen Drift gelungen war: "Who is Ken Block?"