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Genug Brennstoff

Komfortabel und leise schafft das fast fünf Meter lange Honda-Brennstoffzellenauto Clarity bis zu 650 Kilometer elektische Reichweite.

Georg Koman

Warum ein Brennstoffzellen-Auto, wo die batterieelektrischen Fahrzeuge derzeit doch von allen Herstellern forciert werden? Laut Thomas Brachmann, Gruppenleiter in der Forschung und Entwicklung bei Honda in Europa, gilt diesbezüglich: "Es gibt kein Entweder/oder. Wir entwickeln alle Antriebsformen weiter."

Ein Vorteil der Brennstoffzelle sei naturgemäß die Langstrecke, wenn Ladezeiten für Batteriefahrzeuge inakzeptabel werden und die Zahl der freien Ladesäulen ebenfalls nicht ausreicht. Und Roland Berger, Präsident von Honda Central Europe, fügt an: "Allein an Lithium benötigt man 600.000 Tonnen, will man nur 30 Prozent der Autos weltweit als Elektrofahrzeuge betreiben. Falls man diese Menge überhaupt zusammenkriegt, würden die Preise schon viel früher explodieren."

Wohl verfügt auch der Honda Clarity über eine Batterie, mit 1,5 kWh ist sie aber nur so groß wie bei einem Hybrid-Modell ohne Plug-in, Batterien von reinen Elektrofahrzeugen haben hingegen bis zu 100 kWh Kapazität. Die Batterie liefert im Gegensatz zur Brennstoffzelle schlagartig Strom und sorgt für zusätzlichen Power-Boost.

Seit den 1990er-Jahren forscht Honda am Thema Brennstoffzelle. 1998 zeigte man mit dem Honda Shuttle ein erstes Experimentalfahrzeug, 2008 kam das Vorgängermodell des Clarity Fuel Cell, der FCX Clarity erstmals als Kleinserienfahrzeug auf den japanischen und US-amerikanischen Markt.

Im Vergleich zum Vorgänger konnte der Brennstoffzellenstapel beim neuen Clarity trotz gestiegener Leistung derart verkleinert werden, dass er nun auf dem Elektromotor im Vorderwagen platziert werden kann (statt in der Wagenmitte), das bringt deutlich mehr Passagierraum.

Lediglich der Haupt-Wasserstofftank mit 117 Liter (Bild links) ist ein schwierig zu integrierendes Element. Weil das H2 darin mit 700 bar Druck gespeichert wird - und weil er laut Roland Berger "es auch ohne Leck übersteht, wenn man ihn bei Reiseflughöhe aus einem Flugzeug werfen würde". Daher ist der Tank möglichst kugelförmig und hinter der Fondbank platziert, darunter ruht der kleinere Vortank.

Gemeinsam fassen die beiden Tanks 141 Liter Wasserstoff, was fünf Kilogramm entspricht - genug für bis zu 650 Kilometer elektrische Reichweite. Der Tankvorgang ist übrigens ziemlich einfach und in drei Minuten erledigt.

Den Clarity Fuel Cell bietet Honda in Japan und den Vereinigten Staaten als Leasingmodell an. In den USA für knapp 3000 Dollar Anzahlung, danach 337 Euro Leasingrate über 36 Monate. Ein feines Angebot für einen Technologie-Meilenstein, Kauf-Option nach dem Leasing gibt es allerdings keine.

Und bei uns? Fehlanzeige. Die aus 358 einzelnen Zellen bestehenden Brennstoffzellen werden händisch erzeugt, mehr als drei Stück pro Tag kann man derzeit nicht bauen. Somit haben der Heimmarkt Japan und Kalifornien als Land der Elektroauto-Freaks Vorrang. Dementsprechend bildet das Clarity-Design eine extravagante Mischung aus japanischem und amerikanischem Geschmack, hie und da mit ein paar Civic-Einsprengseln.

Der Clarity Fuel Cell ist aber kein Elektro-Civic, sondern hat das Format eines BMW 5ers. Auf 4,92 Meter Länge finden fünf Passagiere komfortabel Platz, lediglich hinten leidet die Kopffreiheit ein wenig, der kleinere H2-Tank ist ja unter der Fondbank platziert.

Im Vergleich zum Vorgängermodell hat der aktuelle Brennstoffzellen-Honda um sechs Zentimeter zugelegt, in der Breite ist er um drei Zentimeter auf 1,88 Meter gewachsen. 334 Liter Gepäck passen in den nicht erweiterbaren Kofferraum, das ist absolut gesehen wenig, für ein Brennstoffzellenauto aber ein brauchbarer Wert.

Die E-Maschine leistet 130 kW/174 PS und bietet 300 Newtonmeter maximales Drehmoment vom Stand weg. Sie beschleunigt den rund 1.900 Kilogramm schweren Clarity in neun Sekunden von 0 auf 100 km/h und erlaubt abgeregelte 165 km/h Höchstgeschwindigkeit.

Insgesamt surrt man elektrotypisch souverän und völlig ausreichend antrittstark durch die Gegend. Die Geräuschdämmung passt, die weiche Federung ist hingegen US-Standard und würde im Fall eines Europa-Imports wohl als erstes gestrafft werden. Der Clarity wird bei uns aber sowieso nicht verkauft werden, eventuell wird die Wasserstoff-Technik in einem anderen Modell der Zukunft Einzug halten, am ehesten ist an ein SUV gedacht.

Dazu wäre aber wohl auch ein Durchbruch in Sachen Wasserstoff-Tankstellennetz vonnöten. In Österreich gibt es aktuell fünf solche Tankstellen, in Deutschland 34, davon sind aber nicht alle öffentlich zugänglich. Um dieser klassischen Henne-Ei-Problematik zu entgehen, wird Honda im Vorfeld eines Europa-Launches - eventuell im Verbund mit Toyota und anderen Autoherstellern - Vereinbarungen mit der Mineralöl-Industrie zur entsprechenden Netz-Ausweitung treffen.

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