AUTOWELT

  • Motorline auf Facebook
  • Motorline auf Twitter
Neuer Toyota Camry - erster Test Toyota Camry 2019

Taxipotenzial

Toyota wagt an der Nahtstelle zur oberen Mittelklasse mit einem alten Namen einen neuen Versuch: Der Camry ist nach 15 Jahren Pause wieder da.

mid/brie

Immerhin rollten seit dem Start des Toyota Camry 1982 in sieben Generationen 19 Millionen Exemplare zu den Kunden. Beim nunmehr neuesten Modell sind die Gemeinsamkeiten zum teureren Schwestermodell Lexus ES augenfällig: der bis auf die PS-Zahl identische Hybridantrieb, annähernd deckungsgleiche Maße und das Karosseriekonzept als viertürige Stufenhecklimousine.

Toyota weiß genau, dass die Kriterien, die auf vielen Märkten gut funktionieren, in West- und Mitteleuropa keine Garantie für Erfolg sind. Und warum wagt der japanische Automobilgigant den Versuch trotzdem? Mario Köhler, der Manager für den Flottenkundenbereich, erwähnt in seinen Erklärungen auffällig oft das Taxigewerbe. Kein Wunder, denn nicht erst seit dem Aufbranden der Dieseldiskussion stellen immer mehr Taxibetriebe in den Ballungsräumen ihren Fuhrpark auf vergleichsweise wartungsarme Hybridfahrzeuge um. Eine Erfolgsnummer für Toyota, derzeit vor allem in Gestalt des Prius.

Damit nicht genug. Köhler rechnet damit, dass vom Camry ab Anfang August rund 80 Prozent an Business-Kunden ausgehändigt werden. Nicht unbedingt für größere Firmenflotten, sondern mehr für selbstständige Geschäftsleute, die eher selten auf langer Strecke unterwegs sind. Diese Klientel hat nicht den großen Leistungshunger, der vom Camry ohnehin nicht befriedigt werden kann. Seine Stärke kann er nur in einem Fahrprofil ausspielen, bei dem der Anteil an Stadtfahrten dominiert: dort punktet der Hybrid mit niedrigem Verbrauch.

 Toyota Camry 2019

Das Design des Camry reißt nicht vom Hocker. Würde man das Toyota-Emblem abkleben und nach der Marke fragen, würden nur wenige Kandidaten auf die richtige Antwort kommen. Ist der Japaner damit als austauschbares Allerweltsauto abgestempelt? Nicht unbedingt, denn die spezielle Auslegung des Hybridantriebs trägt eindeutig Toyotas Handschrift: Ein 2,5-l-Benziner ohne Turbo arbeitet mit einem Elektromotor zusammen, das Ergebnis ihrer Kooperation wird via CVT-Getriebe an die Vorderachse ausgehändigt.

Da der E-Motor keine Boostfunktion beim Beschleunigen aus niedrigen Drehzahlen übernimmt, steuert das stufenlose Automatikgetriebe beim nachdrücklicheren Gasgeben spontan eine recht hohe Drehzahl an, um dort zu verharren. Dabei klingt der Verbrennungsmotor eher gequält als freudig. Ein Grund, warum das CVT-Getriebe oft scherzhaft als "Heulomatik" bezeichnet wird.

Dank des niedrigeren Gewichts gegenüber dem Lexus ES wirkt der Camry allerdings nicht so betulich wie sein Luxusbruder, wenngleich er deswegen nicht zum fahrenden Temperamentsbolzen mutiert.

Wer sich nicht zu den engagierten Autofahrern zählt und es erst gar nicht versucht, mit dem Camry dynamisch unterwegs zu sein, wird jedoch mit einem achtbaren Niedrigverbrauch belohnt: Wir erreichten beim gemächlichen Gleiten über die Landstraßen an der kroatischen Adriaküste rund um Split einen Verbrauch von 4,8 l pro 100 km. Das muss jeden kostenbewussten Taxiunternehmer neugierig machen.

Auch potenzielle Taxipassagiere im Fond des Toyota Camry können zufrieden sein. Denn die Beinfreiheit der Hinterbänkler entspricht eher der Business- denn der Economy-Klasse. Auch die Verarbeitungsqualität hinterlässt einen guten Eindruck, obwohl Toyota darauf achtet, dass das höhere Niveau des Lexus ES nicht erreicht wird. Das komfortable Fahrwerk unterstreicht ebenfalls, dass der Camry mit sportlicher Fortbewegung wenig zu tun haben will.

Die Ausstattung wirkt schon in der Business-Edition ziemlich komplett und lässt in der Executive-Variante kaum noch Wünsche offen. Der Preis (Business: 39.900 Euro; Executive: 42.390 Euro) klingt angesichts dessen recht fair. Flottenmanager Köhler beeilt sich mitzuteilen, dass das Taxipaket mit einem scharf kalkulierten Aufpreis auf den Cent genau 1773,10 Euro kosten wird.

Nun bleibt abzuwarten, ob sich mit dem Prius zufriedene Taxi-Unternehmer für den größeren und teureren Camry entscheiden werden. EIn Stück weit repräsentativer wirkt er jedenfalls.

Technische Daten Toyota Camry

Viertürige Limousine der oberen Mittelklasse, Länge/Breite/Höhe/Radstand: 4.885/1.840/1.445/2.825 mm, Leergewicht: 1.595 kg, Zuladung: 505 kg, Tankinhalt: 50 l, Kofferraumvolumen: 524 l
Motor: 4-Zyl-Saugerbenziner, Hubraum 2.487 cm3, Leistung: 131 kW/178 PS bei 5.700 U/min, max. Drehmoment: 221 Nm bei 3.600-5.200 U/min, E-Motor mit 88kW/120 PS und 202 Nm Drehmoment, Systemleistung: 160 kW/218 PS, 0-100 km/h: 8,3 s, Höchstgeschwindigkeit: 180 km/h, stufenloses Getriebe, Frontantrieb, Durchschnittsverbrauch: 4,3 l/100km, CO2-Ausstoß: 98 g/km (NEFZ-Werte).
Preis (Deutschland): ab 39.990 Euro

News aus anderen Motorline-Channels:

Weitere Artikel:

Ein Schritt zurück ist zwei voraus

Das ist der neue VW Golf

Pünktlich zum fünfzigjährigen Jubiläum überarbeitet Volkswagen die achte Generation des Golf. Nicht zu viel wurde verändert, dafür aber zahlreiche wichtige Details.

Wie THG-Quoten zur grünen Revolution beitragen

Treibhausgasreduzierung im Verkehr

Im Kampf gegen den Klimawandel ist das Thema Verkehr von großer Bedeutung. Zur Reduktion der verkehrsbedingten CO2-Emissionen sind die THG-Quoten ein wichtiges Messinstrument. Um die von europäischen Staaten gesetzte Ziele zu erreichen ist es wichtig, dass genau diese Quoten im Fokus bleiben.

Afra Porsche von der Letzten Generation und Gerhard Lustig vom Volksbegehren "Kosten Runter!" diskutieren bei Wolfgang Schiefer darüber, ob Autofahren günstiger werden muss, wie man alle Menschen mobil machen kann und wer das Ganze zahlen soll.

Die Abmeldung eines Fahrzeugs kann eine mühsame Aufgabe sein, aber in Deutschland ist sie gesetzlich vorgeschrieben. Doch in Zeiten der Digitalisierung gibt es eine zeitgemäße Lösung, die den Prozess erheblich erleichtert.

Pro und Contra – Diskussion auf Puls 4

Auf der Straße festkleben: Protest oder Zerstörungswut?

Vertreter aus der Politik, der Autofahrer-Lobby und von der Letzten Generation versuchen – vergeblich – auf einen grünen Zweig zu kommen: Wie kann man gemäßigt aber zielführend auf ein Thema aufmerksam machen, ohne zu (zu) drastischen Mitteln zu greifen?